Was hilft gegen Wohnungsnot? Bauen - oder Leerstand verhindern. Mit einer neuen Satzung will Stuttgart bald Eigentümer zur Vermietung leerer Wohnungen zwingen.

Stuttgart - Im Kampf gegen Wohnungsnot will Stuttgart künftig Hausbesitzer per Satzung zur Vermietung grundlos leerstehender Wohnungen zwingen. An diesem Donnerstag stimmt der Gemeinderat der Landeshauptstadt darüber ab, ob beispielsweise auch ein Bußgeld verhängt werden kann. Das sogenannte Zweckentfremdungsverbot soll Abhilfe bei der Wohnungsnot schaffen und verhindern, dass Wohnungen länger als sechs Monate leerstehen oder etwa illegal als Ferienwohnungen vermietet werden. Notfalls kann auch ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro fällig werden. Eine Zustimmung zur neuen Regelung zeichnet sich im Gemeinderat ab: Vergangene Woche hatte sich im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen bereits eine Mehrheit für den Entwurf ausgesprochen.

 

Stuttgart verspricht sich davon nach Angaben eines Sprechers, aus einem Leerstand von bis zu 3100 Wohnungen „mehrere hundert“ wieder in den freien Wohnungsmarkt zu bringen. „Sie sollen allen Bürgern zugutekommen“, hieß es. Mit dem Zustrom von Flüchtlingen habe der Vorstoß nichts zu tun.

Zwei neue Mitarbeiter kümmern sich um Sachverhalte

Das bekräftigte auch das für Wohnungspolitik zuständige Wirtschaftsministerium sowie eine Sprecherin der Stadt Freiburg. Dort gibt es bereits seit Februar vergangenen Jahres ein Zweckentfremdungsverbot - „lange bevor sich die Situation mit den Flüchtlingen zuspitzte“, sagte die Sprecherin. Die Regelung lohne sich aber generell als wohnungspolitisches Instrument. Bußgelder seien in Freiburg, einer Stadt mit ohnehin extrem geringem Leerstand, aber noch nicht verhängt worden.

Flüchtlinge und Zweckentfremdungsverbot hängen momentan zusammen, sagte hingegen eine Sprecherin des Gemeindetages in Stuttgart: „Die beiden Sachverhalte zu entkoppeln ist in der derzeitigen Situation nicht realistisch.“ Betroffene Wohnungseigentümer könnte es zusätzlich verärgern, wenn sie den Eindruck hätten, ihre Wohnung wegen der hohen Flüchtlingszahlen vermieten zu müssen. Außerdem sei die Regelung als Eingriff in das Eigentumsrecht zu kritisieren.

Verfahren kann Monate dauern

In Stuttgart sollen sich zwei zusätzliche Mitarbeiter im Bauamt künftig um die Umsetzung des Zweckentfremdungsverbotes kümmern: Dafür würden Internetseiten durchsucht, auf denen Ferienwohnungen angeboten würden, sowie werde auf Hinweise aus der Bevölkerung reagiert. „Meist ist das Verfahren sehr langwierig“, sagte die Freiburger Stadtsprecherin. Erst müsse der Eigentümer ausfindig gemacht, dann angeschrieben, dann angehört werden: „Das kann Monate dauern.“

Ein Zweckentfremdungsverbot dürfte nach Einschätzung von Gerhard Mauch vom Städtetag nur dort sinnvoll sein, wo ein ganz besonderer Druck auf den Wohnungsmarkt herrscht. „Das ist allenfalls bei einem Bruchteil der Städte Baden-Württembergs der Fall.“