Die Südwest-SPD will die Wohnungspolitik zu einem ihrer Schwerpunkte machen. Tenor: Der Markt allein wird’s nichtrichten. Der Staat soll die soziale Bautätigkeit vielmehr mit Steueranreizen lenken.

Stuttgart - Um dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum abzuhelfen, plädiert die SPD für eine Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit. Dadurch kämen Bauträger, die Wohnungen mit einer dauerhaften Mietpreisbindung erstellen, in den Genuss von Steuervergünstigungen und anderen Vorteilen. „Wir haben die Wohnungsgemeinnützigkeit in den 1990-er Jahren abgeschafft, das fällt uns jetzt auf die Füße“, sagte die Staatssekretärin im Bundesbauministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter, am Montag nach einem Treffen von SPD-Spitzenpolitikern aus dem Land in Stuttgart. Angesichts des Fehlens von 3,5 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland reichten die bisherigen Anstrengungen der Politik nicht aus.

 

Auch der Genossenschaftsgedanke müsse reaktiviert werden, sagte Schwarzelühr-Sutter. In einem SPD-Papier, das als Grundlage für die in dieser Woche stattfindende Klausursitzung der Landtagsfraktion dient, heißt es: „Kommunale, gemeinnützige und privatwirtschaftlich organisierte Genossenschaften wollen wir durch ordnungspolitische und finanzielle Maßnahmen stärken.“ Voraussetzungen sollten hier die Gemeinwohlorientierung, die langfristige Zweckbindung, die Begrenzung der Mietpreise, die Gewinnbeschränkung und Bau- sowie Investitionsverpflichtungen sein.

Angst vor Mitnahmeeffekten

„Der Markt regelt es nicht“, sagte die SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier. Die SPD wolle, dass es künftig 40 Prozent sozialen Wohnungsbau, 30 Prozent geförderten Wohnraum und 30 Prozent frei auf dem Markt verfügbare Wohnungen gebe. Gegenwärtig würden die falschen, nämlich zu teure, Wohnungen gebaut, ergänzte Michael Sachs, Aufsichtsratschef der Berliner Wohnungsbaugesellschaft Gewobag, den die SPD als Referenten geladen hatte. Um bezahlbare Wohnungen zu erhalten, muss seiner Ansicht nach an mehreren Stellschrauben gedreht werden. So müssten die Kommunen auch die rechtlichen Instrumente bekommen, um die Preisdynamik zu bremsen und selbst einen Vorrat an preisgünstigen Grundstücken anlegen. „Wir dürfen die Innenstädte nicht den Besserverdienenden überlassen“, so der frühere Hamburger Staatsrat für Stadtentwicklung.

Die SPD will aber auch die Wirksamkeit der Mietpreisbremse erhöhen. Der Vermieter soll Auskunft über die vorherigen Mieten für eine Wohnung geben müssen. „Außerdem ist es wichtig, dass der Mieter bei überhöhten Mieten einen rückwirkenden Anspruch gegenüber dem Vermieter erhält und dies nicht erst ab Zeitpunkt der Rüge“, heißt es in dem SPD-Papier. Steuerliche Vorteile kann sich Breymaier nicht nur für gemeinnützige Gesellschaften, sondern auch für private Bauherren vorstellen, sofern diese eine gewisse Einkommensgrenze nicht überschreiten. „Steuerliche Anreize können sich sicherlich positiv auf die Bauaktivitäten im Wohnungsbau auswirken, sind jedoch oftmals begleitet von unerwünschten Mitnahmeeffekten und Streuverlusten“, heißt es dazu in dem Papier. Besser sei eine zielgenaue Bezuschussung und eine zweckgebundene Förderung.

FDP vermisst Vermögensbildung

Die FDP vermisst in dem Konzept die Vermögensbildung breiter Bevölkerungsschichten. „Statt Volkseigentum wollen wir ein Volk von Eigentümern“, erklärte der FDP-Landesvorsitzende Michael Theurer. Er schlägt eine steuerliche Entlastung für den Erwerb einer Wohnimmobilie vor. Auch die CDU spricht sich für Steuerersparnisse aus, um den Wohnungsbau anzukurbeln. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Baden-Württemberg sieht beim Wohnungsbau das Land und die Kommunen in der Pflicht: „Wenn Aufgaben der Daseinsvorsorge dem Kräftespiel des Marktes überlassen werden, sind Geringverdienende, Familien sowie Rentnerinnen und Rentner die Verlierer“, sagte Gabriele Frenzer-Wolf, die stellvertretende Landesvorsitzende des DGB Baden-Württemberg. Die Vorschläge der SPD wiesen in die richtige Richtung.