Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn hält ein Zweckentfremdungsverbot für voreilig. Für eine solche Maßnahme fehle derzeit die rechtliche Grundlage, erklärte der Rathauschef.

Stuttgart - OB Fritz Kuhn (Grüne) hat die Anstrengungen der Stadt zur Linderung der Wohnungsnot verteidigt und zugleich dem von SPD und SÖS-Linke-Plus vehement geforderten Zweckentfremdungsverbot für leer stehenden Wohnraum eine vorläufige Absage erteilt. Für eine solche Maßnahme fehle derzeit die rechtliche Grundlage, erklärte der Rathauschef bei der Vorlage des Halbjahresberichts Wohnungswesen 2014 am Freitag im Wirtschaftsausschuss. Eine entsprechende Rechtsverordnung des Wirtschaftsministeriums sei aber derzeit in Arbeit. Für die Zukunft wolle er nicht ausschließen, dass dieses Instrument auch in der Landeshauptstadt zum Einsatz komme. Zunächst aber wolle man Vermieter auf freiwilliger Basis überzeugen, ihre Wohnungen nicht leer stehen zu lassen.

 

Mieterverein wird nicht kritisiert

Der OB kündigte an, mit den Grundsteuerbescheiden im Januar auch eine Aufforderung an Hausbesitzer und Vermieter zu verschicken, mehr Wohnungen zu vermieten. Eine von ihm angeregte Kampagne gemeinsam mit der Hausbesitzer-Lobby Haus & Grund sowie dem Mieterverein sei aber am Desinteresse beider Verbände gescheitert. Während Haus & Grund mit der Begründung abgelehnt habe, seine Mitglieder ohnehin laufend zu informieren, setze der Mieterverein ganz auf eine gesetzgeberische Lösung, so Kuhn. Das hinderte die Stadträte von SPD und Grünen gleichwohl nicht daran, ausschließlich den Haus- und Grundbesitzerverein zum Buhmann zu stempeln. „Wir sind enttäuscht über diese Haltung“, so Grünen-Stadträtin Silvia Fischer. Ihr Kollege Udo Lutz (SPD) hieb in die gleiche Kerbe. Der Mieterverein blieb dagegen von Kritik verschont.

Kuhn („Haus und Grund ist nicht der böse Bube“) unterstrich nochmals die Priorität des Themas Wohnen: „Das Problem bezahlbarer Wohnraum wird angegangen und muss gelöst werden.“ Die Stadt investierte dafür im Doppelhaushalt 19,5 Millionen Euro für Zuschüsse und Grundstückssubventionen. Auch das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell, nach dem 20 Prozent der für Wohnen neu geschaffenen Geschossfläche für die Wohnbauförderung gesichert werden müssen, habe sich bewährt. Dafür nehme die Stadt auch 20 Millionen Einnahmeverluste aus Grundstücksverläufen in Kauf, so Kuhn: „Politischer Gestaltungsspielraum hat eben seinen Preis.“

Beim sozial geförderten Wohnungsbau wird die Stadt allerdings ihre eigenen Zielvorgaben, 1400 neue Wohnungen bis 2018 zu schaffen, wohl verfehlen. In dem Halbjahresbericht aufgelistet sind stattdessen lediglich etwas mehr als 1000 Wohneinheiten. „Die Zahl ist zweitrangig, wichtig ist, dass der Zug aufs Gleis gesetzt wurde“, sagte Kuhn. FDP-Fraktionschef Bernd Klingler sah das anders: „Wir verfehlen unsere eigenen, nicht sonderlich hoch gesteckten Zielvorgaben“, sagte er. Linken-Stadtrat Tom Adler hält das Förderprogramm der Stadt für zu niedrig. „Die Zahl der Notfälle wächst, die eingesetzten Gelder können diesen Trend allenfalls marginal abdämpfen“, sagte der Sprecher der Fraktionsgemeinschaft.