Für junge Familien ist die Suche nach einer passenden Wohnung in der Landeshauptstadt besonders schwer. Martina Schmitt und Carsten Hendricks hatten Glück: Ein Bericht in der Stuttgarter Zeitung führte zum Erfolg.

Stuttgart - Als Martina Schmitt und Carsten Hendricks Schimmelflecken hinter den Schränken ihrer alten Wohnung entdeckt hatten, war für die beiden Eltern endgültig klar: „Hier verbringen wir mit unseren Kindern keinen weiteren Winter mehr.“ Die junge Familie war bereits seit mehr als zwei Jahren auf Wohnungssuche – ohne Erfolg. Das größte Problem bei ihrer Suche nach einer passenden Bleibe waren die stetig steigenden Mieten. Wie die StZ unter anderem im Februar berichtet hat, haben die Miet- und Immobilienpreise in der Landeshauptstadt im vergangenen Jahr erneut Rekordwerte erreicht.

 

„Wir haben am Olgaeck gewohnt. Laut, dreckig und immer mit einem Hupkonzert vor der Tür“, beschreibt Hendricks die alte Wohnung. 65 Quadratmeter sind nicht viel für vier Personen. „Die Wohnung war nicht hübsch“, ergänzt Schmitt. Und: als Spitze des Eisbergs blieb die Familie trotz Schimmels vor den Preissteigerungen auf dem Stuttgarter Immobilienmarkt nicht verschont. „Unsere Miete wurde drastisch erhöht, obwohl die Wohnung in einem desolaten Zustand war“, erzählt Schmitt. Die Dusche befand sich in der Küche, das Gebäude ließ sich kaum beheizen.

Im Lehen- und Heusteigviertel ist die Suche schwer

Wer den Flohmarkt kennt, der kennt vermutlich auch Martina Schmitt und Carsten Hendricks. Das Paar hat die Besucher lange Zeit mit Nahrung versorgt. Die beiden 39-Jährigen standen jeden Samstag mit ihrem „Kantinchen“ auf dem Karlsplatz. Den Stand haben die beiden als Plattform für ihre Suche genutzt – selbst auf ihrer Menükarte haben sie um Hilfe gebeten. „In eigener Sache: unsere Familie wird größer, und wir suchen dringend und händeringend eine nette Wohnung ab 90 Quadratmeter in S-Süd, -Mitte, -Ost oder -West. Wer weiß was? Für sachdienliche Hinweise zeigen wir uns in kulinarischer Form erkenntlich“, hieß es damals auf der Website des Kantinchens.

Inzwischen haben die beiden aus dem mobilen Kantinchen-Wagen ein festes Restaurant an der Alexanderstraße gemacht. „Im Sommer haben wir den Laden aufgemacht“, sagt Hendricks und Schmitt fügt an: „Wir sind mit unserer Arbeit in der Stadt verankert und sind zudem auf Kinderbetreuung in der Nachbarschaft angewiesen. Somit kam für uns nur die Innenstadt in Frage.“ Mit dem Wunsch nach einem angesagten Wohnquartier hat das nichts zu tun. „Klar, viele wollen ins Lehen- oder ins Heusteigviertel ziehen. Das macht die Suche dann schwer“, erzählen sie.

Viele Angebote, die den beiden in die Finger kamen, schieden allein schon aufgrund der geforderten Miete aus. 1200 Euro kalt und mehr sind für 90 Quadratmeter in Stuttgart keine Seltenheit mehr. „Wenn das Budget keine Rolle spielt, kann man in der Stadt leicht eine tolle Wohnung finden“, schildert Hendricks seinen Eindruck. „Aber Familien haben nun mal in aller Regel ein Budget“, fügt er an.

Ablehnung wird nur selten begründet

Zusammen mit ihren beiden Kindern, der dreijährigen Luise und dem dieses Jahr geborenen Johannes hatte das Paar ein heftiges Programm zu stemmen. „Die Eröffnung des Ladens, die Geburt des zweiten Kinds und die dringende Suche nach einer neuen Wohnung – das alles hat uns viel Zeit gekostet“, sagen die beiden im Rückblick.

„Wir haben in der Regel nicht erfahren, warum wir eine bestimmte Wohnung am Ende nicht bekommen haben“, sagen sie. „Es sagt einem ja keiner ins Gesicht; ,Du bist Freiberufler’ oder ,Wir wollen keine Kinder im Haus’“, erzählt der 39-Jährige. „Es gab einen Fall, da hat uns der Vormieter ausdrücklich beim Hauseigentümer empfohlen“, berichtet Martina Schmitt, „doch auch das hat nicht geholfen. Der Vermieter lässt die Wohnung jetzt lieber leer stehen, als sie an uns zu vermieten.“ Die beiden finden es richtig, dass es mit dem Zweckentfremdungsverbot inzwischen ein Gesetz gegen grundlosen Wohnungsleerstand gibt. Die entsprechende Verordnung, damit das Landesgesetz auch in Stuttgart greift, hat die Verwaltung bislang jedoch nicht erlassen. „Wir haben uns eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus angesehen, in dem nur eine von vier Etagen vermietet war“, so Schmitt.

StZ-Berichterstattung ruft Landeskirche auf den Plan

Nach Meinung der beiden ist der Mangel an bezahlbaren Wohnungen ein riesiges Problem, speziell für junge Familien. „Aufgrund der Kessellage gibt es an den Hängen enorm viel hochwertige Wohnquartiere“, sagt Hendricks. „Und weil die Stadt von außen wegen des zunehmenden Verkehrs so schlecht zu erreichen ist, bleiben oft nur die gefragten Innenstadtbezirke übrig“, sagt er.

Der erlösende Tipp zur passenden Bleibe kam am Ende nicht über Suchportale im Internet, ein klassisches Inserat oder das Gesuch auf der Menükarten am Wagen auf dem Karlsplatz.

Im Rahmen der Berichterstattung der Stuttgarter Zeitung über das Thema Wohnungsnot diente die Familie als Beispiel für Menschen auf Wohnungssuche. „Diesen Artikel hat jemand von der Landeskirche gelesen und uns angesprochen“, berichtet Carsten Hendricks, „auf diese Weise sind wir zu unserer neuen Wohnung gekommen.“ Martina Schmitt fügt hinzu: „Wir sind jeden Tag dankbar, dass die mehr als dreijährige Suche nun zu Ende ist.“

Die neue Bleibe gefällt: „Die Wohnung ist hell und trocken und lässt sich problemlos beheizen“, erzählen die beiden. Beruflich konzentriert sich das Paar auf ihr neues Kantinchen an der Alexanderstraße. „Den Wagen auf dem Flohmarkt haben wir vorerst eingestellt“, sagen sie.