Der Bauwirtschaft boomt, Fach- und Nachwuchskräfte sind aber knapp. Das Stuttgarter Familienunternehmen Wolff & Müller setzt daher verstärkt auf die Qualifizierung von geflüchteten Menschen. Mit seinem Engagement ist der Mittelständler größeren Unternehmen voraus.

Stuttgart - Im Mai 2015 hat Habib Bendriss beim ersten Bewerbertag der Bauunternehmens Wolff & Müller überzeugt. Er wurde zunächst befristet als Bauhelfer im Hochbau eingestellt und begann im September 2016 eine Ausbildung zum Maurer. Sein erstes Lehrjahr absolvierte er so gut, dass die Berufsschule ihn belobigt hat, und auch vom Arbeitgeber erhielt er eine kleine Prämie. Der Weg des 35-jährigen Algeriers ist bei seinem Arbeitgeber kein Einzelfall.

 

Mehr als 20 Geflüchtete hat Wolff & Müller bereits fest angestellt. Mit diesen Zahlen ist der familiengeführte Mittelständler aus Stuttgart, der auf seinen Baustellen insgesamt 2000 Mitarbeiter beschäftigt, vielen größeren Unternehmen voraus. Sechs Geflüchtete hat das Unternehmen direkt angestellt. 14 weitere befinden sich in einer Berufsausbildung, weitere in Praktika oder Ferienjobs – und ab Januar starten 15 weitere Flüchtlinge in den Qualifizierungsprogrammen, die das Unternehmen speziell für die Zugewanderten mit externen Partnern aus Bildung und Verwaltung entwickelt hat: Das viermonatige Qualifizierungsprogramm „Bau und Sprache“ bereitet die Flüchtlinge auf eine Anstellung als Bauhelfer vor. Das Einstiegsqualifizierungspraktikum (EQ) ist ein sogenanntes nulltes Ausbildungsjahr. Es macht Jugendliche innerhalb von zwölf Monaten sprachlich und fachlich fit für eine Ausbildung.

Familienunternehmen nimmt gesellschaftliche Verantwortung wahr

Firmenchef Albert Dürr sieht bei dem Engagement nicht nur die wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund: „Als Familienunternehmen haben wir auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Außerdem hat Wolff & Müller schon seit Jahrzehnten gute Erfahrungen mit der Integration eingewanderter Fachkräfte“, betont der geschäftsführende Gesellschafter des Bauunternehmens.

Der Bauboom in Baden-Württemberg hat sich zuletzt noch beschleunigt. Im ersten Halbjahr 2017 kletterten die Erlöse der Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern laut Angaben der Landesvereinigung Bauwirtschaft um mehr als 13 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro. Der Verband beklagt seit Jahren ein Mangel an Fachkräften.