Die Bodensee-Wasserversorgung würdigt auf dem Sipplinger Berg bei Überlingen ihre Ex-Verbandschefs. Dazu gehört nun auch der frühere Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster.

Stuttgart/Sipplingen - Nach Arnulf Klett ist in Stuttgart ein Platz benannt, nach Manfred Rommel ein Flughafen, aber was ist mit Wolfgang Schuster? Wird an den dritten der Nachkriegsoberbürgermeister der Landeshauptstadt denn nirgendwo erinnert? Und wenn, wo hat der gebürtige Ulmer seinen Ehrenplatz gefunden? Recherchen der Stuttgarter Zeitung haben ergeben: Es gibt einen Ehrenhain, in den der Jurist aufgenommen worden ist. In engster Nachbarschaft zu seinen beiden Vorgängern hat der Name Wolfgang Schusters einen würdigen Ort bekommen. Noch besser: eine ganze Straße ist nach Schuster benannt worden. Auf dem Sipplinger Berg, dem Betriebsgelände der Bodensee-Wasserversorgung (BWV) unweit von Überlingen (Bodenseekreis) mit einem erhabenen Blick über den Bodensee.

 

Der heute 65-Jährige hat nicht nur von 1997 bis 2013 die Landeshauptstadt verwaltet, sondern in dieser Zeit auch über das Bodenseewasser geherrscht, so wie er davor von 1986 bis 1993 Schwäbisch Gmünd regiert und danach über das Referat Kultur, Bildung und Sport der Stadt Stuttgart befohlen hat. In seiner frühen Zeit hatte er als Referent schon den Herren Filbinger, Späth und Rommel gedient.

Da Klett und Rommel tot sind und auch Filbinger länger schon nicht mehr unter den Lebenden weilt, ist Schuster der einzige lebende Ex-OB und auch hochamtliche Würdenträger Stuttgarts, an den öffentlich gemahnt wird. Wobei hier anzumerken wäre, dass es Späth wie auch Filbinger nie zum Oberbürgermeister von Stuttgart gebracht haben, sondern nur zum baden-württembergischen Ministerpräsidenten.

Kein großes Aufhebens um neues Straßenschild

Fehlt noch Erwin Teufel, den man in dieser Reihe aber unbedingt berücksichtigen muss. Der große Spaichinger hat es als Einziger geschafft, die Phalanx zu durchbrechen: Sowohl eine Straße in seinem Heimatdorf Zimmern ob Rottweil wie auch eine Schule in seinem Wohnort Spaichingen tragen seinen Namen. Von Leuten wie Günther Oettinger oder einem gewissen Stefan Mappus ist derlei nicht bekannt.

Bei Wolfgang Schuster hat die Bodensee-Wasserversorgung von der Sache kein großes Aufhebens gemacht. Das Ereignis ging Mitte Juli, man muss es sagen, sang- und klanglos über die Bühne. Nur die lokale Presse nahm Kenntnis davon, und das nur beiläufig. Der Ehrentag wäre somit wohl nie einem größeren Publikum bekannt geworden, hätte nicht der technische BWV-Geschäftsführer Marcel Meggeneder den Sachverhalt am Rande seiner Rede bei der jüngsten Verbandsversammlung erwähnt.

Dies setzte die StZ-Recherchen in Gang. Diese ergaben: Schuster war persönlich bei der Enthüllung des Schildes anwesend. Es existiert eine BWV-Mitteilung mit Datum vom 16. Juli. Dort heißt es: „Bei strahlendem Sonnenschein enthüllte Schuster in Begleitung seiner Gattin und der Geschäftsleitung der Bodensee-Wasserversorgung das Straßenschild auf dem Sipplinger Berg. Er betonte, dass er seiner Aufgabe beim größten Trinkwasserversorger Deutschlands immer mit dem größten Engagement und Freude nachgekommen sei.

Schuster sticht Rommel aus

Erfreut durfte Schuster auch deshalb gewesen sein, weil seine Straße 300 Meter misst und damit hundert Meter länger ist als die seines Vorgängers Rommel (200 Meter). Zum Abschluss ließ sich Schuster unter seinem Straßenschild ablichten.

Weitere Nachforschungen machen den genuin einmaligen Rang der Würdigung deutlich. Weder in Stuttgart noch an seiner früheren Wirkungsstätte Schwäbisch Gmünd laufen derzeit Planungen oder stehen „Vorschläge im Raum“, irgendetwas nach Schuster zu benennen, wie die Pressestelle der Stadt Schwäbisch Gmünd sich etwas despektierlich erlaubt mitzuteilen. Schlimmer noch: auch im Volk drängt es niemanden, an den großen Gestalter zu gemahnen. Als es vor zwei Jahren darum ging, den Tunnel der B 29 bei einer Online-Befragung zu benennen, wollten 100 000 Menschen einen „Bud-Spencer-Tunnel“ haben, aber niemand eine Wolfgang-Schuster-Unterführung. In Stuttgart sieht’s für Schuster nicht besser aus. Nach der vom Gemeinderat beschlossenen Richtlinien für Straßenbenennungen können „Verkehrsflächen nur nach Personen benannt werden, die bereits verstorben sind“, wie die Pressestelle wenig mitfühlend mitteilen lässt und trocken hinterherschickt: „Professor Schuster erfreut sich bester Gesundheit, soweit bekannt.“ Offenkundig hat das kommunale Verlautbarungsamt nicht bedacht, dass dies auch ein klares Ausschlusskriterium für den amtierenden OB Fritz Kuhn darstellt.

Der Grüne wird sich so zeitlebens kaum Hoffnungen machen dürfen, dass mal irgendwas seinen großen Namen trägt. Außer halt auf dem BWV-Betriebsgelände, da Kuhn Schuster auch als Verbandschef beerbt hat. Es gibt also doch Hoffnung für eine Fritz-Kuhn-Straße. Aber erst, wenn Kuhn nicht mehr Verbandschef ist. Und nur dann, wenn auf dem Sipplinger Berg ein unbenanntes Wegstück frei sein sollte.