Das Wolfstor hat eine neue Turmhaube. Die Hohlziegel, die den Scherznamen Mönch und Nonne tragen, wurden von Hand gefertigt und denkmalgerecht eingebaut. Ebenfalls erneuert wurden Teile des Dachstuhls.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Das Gerüst ist weg: Seit Montag erstrahlt die Turmhaube des Wolfstors in neuem Glanz. Das Dach wurde mit Mönchen und Nonnen neu gedeckt, wie der scherzhafte und auch etwas derbe Fachbegriff für die Hohlziegel lautet. Alles denkmalgerecht versteht sich. Die Ziegel wurden in Handarbeit im Kohlemeiler gebrannt, der Dachstuhl darunter, der von 1517 original erhalten ist, wurde teilweise ergänzt. Damit dürfte die Turmhaube, wie die Denkmalschützer glauben, weitere 500 Jahre Bestand haben.

 

Damit ist die Sanierung nach letztlich zweieinhalb Jahren beendet. Die reinen Bauarbeiten waren in den Monaten Februar bis August geschehen. Besonders die Tauben hatten in den letzten Jahren die Geschäftsleute rund um das Wolfstor geärgert. Sie hatten das Gerüst als Ruhestangen genutzt und dabei ihre Hinterlassenschaften auf die Markisen und im schlimmsten Fall auf die Kunden der Händler fallen gelassen.

Doch die Stadt konnte nichts machen. Nachdem vor zwei Jahren die ersten Hohlziegel abstürzten, musste sie das Tor aus Sicherheitsgründen einrüsten lassen. Zwei Jahre standen die Stangen und die Plastikplanen, weil die Bezuschussung auf sich warten ließ. Nach gutem Brauch konnte die Stadt erst mit den Arbeiten anfangen, als die Förderbescheide da waren.

50 000 Euro kommen von der baden-württembergischen Denkmalstiftung, 63 000 Euro bezahlt das Land, der Bund bezahlt noch einmal 50 000 Euro, und die restlichen 190 000 Euro musste die Stadt bezahlen. Der neue Dachstuhl sowie die neuen Zifferblätter der Uhren kosteten rund 400 000 Euro. Kalkuliert hatte die Stadt mit 250 000 Euro. „Sie sehen, die denkmalgeschützte Stadt ist uns lieb und teuer“, sagte der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger. Aber auch ehrenamtlich wird an dem Turm geschafft. Die Vertriebenenvereine, insbesondere die Böhmerwäldler, nutzen die Turmstube für ihren Verein und haben zwei Jahre lang den Turm innen ausgebaut, obwohl sie keinen Aufzug zur Verfügung hatten und den Mörtel eimerweise nach unten tragen musste. Jürgen Zieger dankte ihnen für die ehrenamtliche Arbeit, mit der sie den Turm für die Nachwelt in Schuss hielten.

Denn der Turm selbst ist einer der letzten Reste der alten staufischen Stadtbefestigung. Er stammt aus dem 13. Jahrhundert. Zwei große Löwen, die, so will es die Sage, von den Esslinger Bürgern für Wölfe gehalten wurden, verliehen dem ehemaligen Obertor im 16. Jahrhundert den Spottnahmen Wolfstor.

Das Tor sei nicht nur ein herausragendes Denkmal in der Stadt Esslingen, sondern auch ein herausragendes Denkmal für das Land Baden-Württemberg, sagte der Präsident des Landesdenkmalamts Claus Wolf. Er lobte das Verantwortungsbewusstsein, das die Stadt Esslingen in Bezug auf ihr historisches Erbe habe. „Ich hätte viel weniger Probleme, wenn in allen Städten so gedacht würde wie in Esslingen“, gestand Wolf. Für die Esslinger sei die Altstadt keine Last, weil sie die schönen Häuser und malerischen Straßen touristisch zu nutzen verstehe. Wolf nutzte die Gelegenheit auch für eine Dankadresse an das Land: Während in anderen Bundesländern der Denkmalschutz zurückgefahren werde, bliebe die Förderung in Baden-Württemberg konstant.