Wühlmäuse gefährden die Streuobstwiesen in Notzingen. Der Gemeinderat besinnt sich daher auf die alte Tradition der Schwanzprämie und rechnet mit Protesten von Tierschützern.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Notzingen - Sven Haumacher, der Bürgermeister der Kirchheimer Nachbargemeinde Notzingen, hat sich erst einmal im Internet schlau machen müssen. Denn mit der Anfrage eines Bürgers, ob Notzingen zum Schutz der umliegenden Streuobstwiesen nicht wieder – wie früher üblich – eine Belohnung für den Fang von Wühlmäusen, die sogenannte Schwanzprämie, einführen könne, hatte sich der Schultes bisher nicht beschäftigt.

 

Der wahre Feind der Hobbygärtner

Im Internet erfuhr Haumacher, dass die Schwanz- oder Mausschwanzprämie noch vor 50 Jahren landauf-, landab ein übliches Mittel war, um den wahren Feinden der Hobbygärtner und Streuobstwiesenbesitzern zu Leibe zu rücken. Dann allerdings sei dieser Brauch in unserer Gegend aus der Mode gekommen, wurde aber noch in badischen Gemeinden und in der Schweiz gepflegt. Heute werde die Schwanzprämie nur noch im südbadischen Hohentengen an Jäger bezahlt, die als Beweis, dass sie eine Wühlmaus zur Strecke gebracht haben, den abgeschnittenen Schwanz an amtlicher Stelle vorlegten. Für die Entsorgung des Resttieres sind die Wühlmausfänger selbst zuständig.

Doch jetzt ist Hohentengen nicht mehr allein. „Ich bin klar dagegen“, macht der Schultes seine Haltung zwar unverblümt deutlich. Genutzt hat diese Positionierung aber weder Haumacher noch den Wühlmäusen. Denn mit neun Ja- bei drei Nein-Stimmen hat der Notzinger Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung die Wiedereinführung des alten Brauchs beschlossen. Rein rechtlich, hat Haumacher festgestellt, sei die Schwanzprämie übrigens nie abgeschafft worden. De facto habe es sie aber zuletzt nicht mehr gegeben.

Keine Angst vor Tierschützern

Mittlerweile hat sich Haumacher aber mit der gemeinderatlichen Mehrheitsentscheidung arrangiert und verteidigt die Wühlmausjagd mittels Fallen. Zwar könne er nachvollziehen, wenn sensible Stadtmenschen kein Verständnis für die Nöte der Notzinger Streuobstwiesenpfleger hätten: „Aber wir leben nun einmal in und mit der Natur. Und wir müssen unsere Streuobstwiesen so gut wie möglich schützen.“

Auch rechnet er mit Protesten von Tierschützern. „Doch auch davor haben wir keine Angst.“ Allerdings hat er vorsichtshalber das Esslinger Landratsamt über die neuen Entwicklungen in Sachen Schwanzprämie in Notzingen informiert. Von dort ist zu hören, dass man noch mit der tierschutzrechtlichen Abwägung beschäftigt sei. Geprüft werden müsse die Wirkung und die Nachhaltigkeit des Wühlmausfangs mit Hilfe von Fallen.

50 Cent pro Wühlmausschwanz

Der Notzinger Gemeinderat hat übrigens nicht nur die Wiedereinführung der Schwanzprämie beschlossen, sondern auch gleich die Rahmenbedingungen für die Wühlmausjäger abgesteckt: Für jeden Schwanz soll es 50 Cent geben. Abgegeben werden können die Tierteile allerdings nicht an der Gemeindekasse im Rathaus, sondern während der Öffnungszeiten der Grünschnittsammelstelle beim Notzinger Bauhof. Bisher, berichtet Sven Haumacher, hätten die dortigen Mitarbeiter aber noch keine Wühlmausschwänze in Empfang nehmen müssen.