Weil er hart gegen Korruption vorgeht, ist der Präsident Xi Jinping vor allem in seiner Partei unbeliebt. Jetzt will er noch mehr Macht.

Peking - Der chinesische Präsident Xi Jinping kämpft darum, seine Macht zu konsolidieren. In Peking findet in dieser Woche ein wichtiges Treffen von Führern der Kommunistischen Partei statt – und Xi will die Gelegenheit nutzen, um seine Kritiker mundtot zu machen. Eine Parteizeitschrift hat Ende letzter Woche bereits verkündet, China brauche in diesen schwierigen Zeiten einen starken Führerwie seinerzeit Mao Zedong. Xi sei der richtige Mann, in die Fußstapfen des Staatsgründers zu treten. Die Veröffentlichung des Textes in den staatlich gelenkten Medien gilt als Versuch, die Akzeptanz für eine weitere Stärkung der Macht des Präsidenten zu schaffen.

 

Früher ein charismatischer Führer

Die Idee, Mao als Vorbild für den aktuellen Staatschef heranzuziehen, wirkt gleichwohl erschreckend. Mao hat China von 1949 bis zu seinem Tod 1976 als Diktator regiert. Auf Widerspruch stand Lagerhaft. Er hat das Volk unterdrückt und durch schlechte Wirtschaftspolitik in Armut gehalten. Während der Kulturrevolution hat er Kinder gegen ihre Eltern aufgehetzt. Während viele einfache Chinesen den charismatischen Führer heute noch als Gott verehren, halten Intellektuelle ihn unter dem Strich für eine politische Katastrophe.

Der Artikel in der Zeitschrift „Volksforum“ (Renmin Luntan) zitierte nun eine Reihe von mächtigen Parteigrößen, die Xi als besonders fähigen „Führer der Kerngruppe“ loben. Gemeint ist, dass Xi der Mittelpunkt der Regierungsmannschaft und Ausgangspunkt der Befehlskette sein soll. Diese Aufwertung der Rolle Xis gilt unter Politologen als wichtiges Indiz für seine Ambitionen. China glaubte, nach Mao über den Personenkult hinweggekommen zu sein – nun könnte Xi die Uhr zurückdrehen.

Vorbereitung auf den großen Parteitag

An diesem Montag beginnt in Peking das sogenannte „sechste Plenum“ des aktuellen Zentralkomitees der Kommunistischen Partei. Das Zentralkomitee ist die Gruppe von 195 Männern und neun Frauen, die die Geschicke des Landes steuern. Die Konferenz gilt als Vorbereitung auf einen großen Parteitag, der im nächsten Jahr stattfindet. Aus Sicht Xis ist das ein wichtiges Ereignis: Die allein regierende Partei trifft sich nur alle fünf Jahre zu einem Parteitag. Dann fallen die Personalentscheidungen für die nächste halbe Dekade.

Xi versucht nun, die Entscheidungen des Plenums in seinem Sinne zu beeinflussen. „Es ist eine Chance für Xi, seine Autorität zu stärken“, sagt der Politologe Willy Lam von der Chinese University in Hongkong. Xi wolle beispielsweise auf dem Treffen eine Regel verabschieden lassen, die „grundlose Kritik“ an der Parteiführung unter Strafe stellt. Die Partei soll insgesamt stärker auf Linie gebracht werden – und die Linie gibt Xi vor.

Streben nach Sicherheit

Doch wie stark ist der starke Mann wirklich? Sein Streben nach Sicherheit weist darauf hin, dass er eine Gegenreaktion von Feinden in der Partei befürchtet. Vor allem der frühere Präsident Jiang Zemin, 90 Jahre alt aber noch politisch aktiv, baut derzeit ein gewisses Maß an Opposition auf. Er ist ein Anhänger des etablierten Systems der gegenseitigen Kontrolle. Er selbst hat seinerzeit die Beschränkung der Macht einzelner Amtsträger weitgehend respektiert.

Während Xi im Volk populär ist, können ihn viele in der Partei nicht leiden. Das hat nichts mit seinem harten Regierungsstil zu tun und alles mit seinem konsequenten Vorgehen gegen die Korruption. Xi versucht, die Legitimität der Partei in den Augen des Volkes zu erhöhen, indem er bestechliche Kader verfolgen und einsperren lässt. Die Parteimitglieder sehen sich nun jedoch ihrer größten Motivation beraubt: der Chance, sich im Amt zu bereichern. „Xi ist eher gefürchtet als geliebt“, sagt Lam. Die innerparteiliche Disziplinarkommission verhaftet pro Jahr etwa 300 000 der 85 Millionen Parteimitglieder, um sie über ihre Vermögensverhältnisse zu befragen.

Der Propagandaapparat feiert Xi

Xi verbreitet damit Angst und Schrecken – und konzentriert immer mehr Macht auf seine Person. Er trägt bereits mehr Titel als jeder andere Staatschef seit Mao und lässt sich vom Propagandaapparat feiern. Schon regt sich die Befürchtung, dass Xi auch nach dem Ende seiner zehnjährigen Amtszeit bis 2023 die Macht behalten will. Statt gegen die Verfassung zu verstoßen, könne er einfach eine Machtbasis unabhängig vom Präsidentenamt aufbauen. „Er könnte den Putin machen“, sagt Lam. Wladimir Putin regiert bereits seit 1999 in Russland – und umgeht die Amtszeitbegrenzungen, indem er durch verschiedene Rollen rotiert.

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