Sie ist eine richtige Diva im Dienst: Die städtische Mitarbeiterin mit der Kennzahl 1002, die Zacke, setzt ihre eigenen Arbeitszeiten durch – und nimmt sich frei, wenn sie das für angebracht hält.

S-Süd/Degerloch - Entschleunigung ist die Devise der derzeit größten Diva im öffentlichen Dienst. Dumm nur, dass sie eigentlich für die Beschleunigung des öffentlichen Lebens im Süden Stuttgarts verantwortlich ist. Alle Bürger, die etwas von der Führungskraft wollen, müssen selbst einen Gang herunterschalten und darauf hoffen, dass es sich die Primadonna in Gelb demnächst anders überlegt. Wird es ihr zu heiß, verweigert die Zacke 1002 nämlich schlicht ihren Dienst und nimmt hitzefrei.

 

Dabei hat sie mit der Weinsteige einen der schönsten Arbeitsplätze in Stuttgart. Nur ist die Steigung vom Marienplatz nach Degerloch mit 205 Höhenmeter auf 2,2 Kilometer eben auch nicht ohne. Wer will der Zacke da verdenken, dass eines ihre Bauteile bei hohen Temperaturen ständig Überhitzung meldet. Zum Glück für die Fahrgäste verrichten die beiden Kolleginnen der 1002 weiter unbeirrt ihren Dienst. Im Gegensatz zur 1002 meldet auch keines deren Bauteile Überhitzung. Das ist gut so, denn noch wissen die Techniker der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) nicht, wo der Fehler bei der 1002 liegt.

Warten, bis sich die gelbe Primadonna abgekühlt hat

Klar ist nur, dass die elektronische Regelung der 1002 nicht funktioniert, sagt Hans-Joachim Knupfer, der Pressereferent der SSB. Die Lüftung sei bereits überprüft worden, als Nächstes werde man die Temperaturfühler der Zacke austauschen. Ob das Problem damit behoben ist, lasse sich allerdings erst wieder im laufenden Betrieb testen, erläutert Knupfer – und zwar, wenn die Temperaturen hoch genug sind. So lange achten die Zahnradbahnführer eben besonders genau auf ihre Problembahn, wie sie die 1002 schon getauft haben. Sobald die Zacke Überhitzung meldet, müssen sie an einer der beiden Endhaltestellen einen Stopp einlegen und warten, bis sie sich abgekühlt hat.

Eine Sicherheitsgefahr für die Fahrgäste bestehe nicht, versichert Knupfer. „Die Bremsen funktionieren“, betont er. Doch leicht zu ersetzen sei die 1002 eben auch nicht. Die drei Zahnradbahnen sind eine Spezialanfertigung der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg MAN für die Strecke auf der Alten Weinsteige – gekauft Anfang der 1980er Jahre. Da ihre Vorgängerinnen etwa 50 Jahre in Betrieb waren, stehe derzeit bei der SSB nicht zur Diskussion, neue Zahnradbahnen in Auftrag zu geben, so Knupfer. Auch die Drachenfelsbahnen in Königswinter bei Bonn seien schon 60 Jahre im Einsatz. Zumal neue Zahnradbahnen eine erhebliche Investition für die SSB bedeuten würden. Knupfer schätzt den Preis für eine Zacke deutlich höher als die Kosten für ein neues Fahrzeug der Stadtbahn, dessen Preis derzeit zwischen 3,5 und vier Millionen Euro liege.

Da sie einfach nur warten können, bis das Problem gelöst ist, richten sich die Zugführer einfach nach der 1002, und warten, bis sich die Diva abgekühlt hat. Ein Prinzip, von dem der ein oder andere vielleicht lernen könnte.