Mit dem von ihnen gegründeten Onlineshop Zalando und der Beteiligungsfirma Rocket Internet feiern die Samwer-Brüder diese Woche gleich zwei Börsendebüts. Porträt zweier umstrittener Investoren.

Stuttgart - Ende 2008 brachten David Schneider und Robert Gentz, damals beide Mitte zwanzig, die ersten Pakete noch selbst zur Post. Mit Flipflops wollten sie testen, ob deutsche Kunden auf das Anprobieren im Laden verzichten würden. Die Resonanz war positiv, Zalando war geboren. Heute, sechs Jahre später, ist das einstige Start-up zu Europas größtem Modehändler im Netz geworden.

 

Am Hauptstandort in Berlin beschäftigt Zalando – dessen Vorbild Zappos heißt und aus den USA kommt – 1000 Mitarbeiter aus 50 Ländern. Weitere 3100 Menschen arbeiten an Logistikstandorten bei Berlin, in Erfurt und Mönchengladbach. Bei dem Online-Modehaus gingen im vergangenen Jahr 35 Millionen Bestellungen von 14 Millionen aktiven Kunden ein, ein Warenkorb war im Durchschnitt rund 62 Euro wert.

Zalando schrieb jahrelang rote Zahlen

Bei Zalando gilt das Versprechen, dass die Kunden alles zurückschicken können – kostenlos und auch noch nach 100 Tagen. Von den Waren im Wert von vier Milliarden Euro, die Zalando im Jahr verschickt, geht die Hälfte gleich wieder zurück. Und das kostet. Zwar konnte das Unternehmen stetig wachsen (von 2011 auf 2012 hatte sich der Umsatz mehr als verdoppelt), doch jahrelang schrieb Zalando rote Zahlen. Für das erste Halbjahr 2014 konnte der Onlineshop nun erstmals einen Gewinn verbuchen.

Mit diesem Rückenwind ist Zalando am Mittwoch an der Börse gestartet – und beschert damit Oliver, Marc und Alexander Samwer einen doppelten Coup. Die als deutsche Start-up-Könige geltenden Brüder sind neben der schwedischen Beteiligungsgesellschaft Kinnevik die Haupteigentümer Zalandos, aktuell halten sie knapp 15 Prozent. Seit der Gründung hatten die Samwer-Brüder Zalando unterstützt, der Modehändler war unter den Fittichen ihrer Start-up-Schmiede Rocket Internet groß geworden.

Nach Zalando bringen die Samwers an diesem Donnerstag auch Rocket Internet an die Börse. Die 2007 gegründete Beteiligungsfirma gilt als Fabrik für neue Internetunternehmen. Das umstrittene Prinzip von Rocket Internet: erfolgreiche Geschäftsmodelle von Onlinehändlern kopieren. Binnen 100 Tagen würden 80 Prozent der Ideen auch praktisch umgesetzt, wirbt das Management. Unter dem Dach der Berliner Firma sind aktuell mehr als 100 junge Internetunternehmen aktiv. Schwerpunkte sind Onlinehandel, Logistik und Bezahldienste. Zu den Neugründungen von Rocket Internet gehören etwa der Möbelversender Home24, der Kosmetikanbieter Glossybox, aber auch ein Online-Kreditanbieter namens Lendico.

Rocket Internet ist in mehr als 100 Ländern aktiv

Die Samwer-Brüder platzieren ihre Neugründungen dort, wo sich die Vorreiter noch nicht durchgesetzt haben. Sie konzentrieren sich vor allem auf Schwellenländer, in denen die Zahl der Internetzugänge und Nutzer rasant wächst, die Wettbewerber noch nicht so bekannt sind und der Kampf um die Marktherrschaft noch offen ist. Inzwischen sind die Brüder mit ihren Unternehmen in mehr als 100 Ländern aktiv – allerdings noch nicht in den Vereinigten Staaten und in China.

Die 20 wichtigsten jungen Unternehmen unter dem Rocket-Dach schrieben 2013 allesamt rote Zahlen. Rocket Internet selbst wies im ersten Halbjahr dieses Jahres 13,3 Millionen Euro Verlust aus. Dabei werden bis jetzt hauptsächlich Verwaltungsausgaben mit Erträgen aus Anteilsverkäufen verrechnet. Im vergangenen Jahr gab es 174,2 Millionen Euro Gewinn – unter anderem durch den Verkauf von Zalando-Anteilen. Bei dem Börsengang am Donnerstag sollen bis zu 1,6 Milliarden Euro erlöst werden. Etwa eine Milliarde will Rocket Internet laut Finanzvorstand Peter Kimpel dazu einsetzen, gegründete Unternehmen länger zu begleiten. Der Rest soll dazu dienen, Beteiligungen auszubauen.

Wichtige Beteiligungen von Rocket Internet

Home24: Eines der bekanntesten Unternehmen unter dem Dach von Rocket Internet ist der Ikea-Konkurrent Home24. Der Onlineshop für Möbel, Lampen und Wohnaccessoires hat mehr als eine Million Kunden und bietet 95 000 Produkte an.

Glossybox: Jeden Monat eine neue Box, vollgepackt mit Kosmetikproben, zum Abopreis zu 15 Euro. Das ist das Geschäftsmodell von Glossybox. Zuletzt zog sich das Unternehmen aus mehreren Ländern zurück und baute massiv Stellen ab.

Lendico: Auf Lendico können sich Kreditnehmer Beträge zwischen 1000 und 25 000 Euro leihen – ab einem Zinssatz von 2,99 Prozent. Das Geld kommt von privaten Kreditgebern, die Renditen zwischen 1,49 und maximal 10,44 Prozent erzielen.

Helpling: Die Plattform Helpling vermittelt zu niedrigen Preisen geprüfte Putzkräfte – um dem Schwarzmarkt Konkurrenz zu machen, wie das Unternehmen wirbt. Die Stunde Staubfegen kostet 12,90 Euro – davon landen 10,32 Euro bei der Putzkraft.

Linio: Der 2012 gegründete Onlinehändler Linio gilt als lateinamerikanischer Amazon-Klon. Das Start-up verfügt über ein Angebot von mehr als 150 000 Produkten internationaler Marken wie Samsung & Co.

Wimdu: Privatleute können auf der Plattform Wimdu ihre Zimmer, Wohnungen oder Häuser zeitweise an andere Privatleute vermieten. Wimdu erhält dafür eine Provision.

Dafiti:
Als wertvollstes Start-up unter den Beteiligungen von Rocket Internet gilt derin Südamerika aktive Modehändler Dafiti. Er wird insgesamt mit 778 Millionen Euro bewertet.

Eatfirst:
Anfang dieser Woche kündigte Rocket Internet an, in einen Berliner Lieferdienst für frisch zubereitetes Essen einzusteigen. Das Start-up Eatfirst verspricht, zur Mittagszeit eine Auswahlvon zwei Gerichten binnen15 Minuten zu bringen.