Musik Die französische Sängerin Zaz beschließt mit einem Auftritt im Ludwigsburger Schlosshof die Popkonzertsaison in der Region.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Eine schöne große Uhr prangt am Giebel des prächtigen Alten Corps de Logis des Ludwigsburger Schlosses. Weniger schön ist, dass ihre Zeiger schon zwanzig nach neun anzeigen, als Zaz die Bühne betritt. Das ist, zumal an einem Sonntagabend, gelinde gesagt unfair gegenüber dem arbeitenden Teil der Bevölkerung. Extrem unschön auch für die Kartenkäufer, die sich auf den Ticketaufdruck „Einlass 17.30 Uhr, Beginn 19 Uhr“ verlassen haben.

 

Unter dieser Uhr, auf einer angemessen üppigen Open-Air-Bühne, lässt die Sängerin den Abend mit einem trip-hoppigen Intro beginnen, ehe sie sogleich mit ihrem Lied „Comme ci, comme ça“ in die Vollen geht. Es ist eines der Stücke aus der Rubrik Chanson, die einen Gutteil des Repertoires der Französin ausmachen, deren Musik üblicherweise mit „Nouvelle Chanson“ tituliert wird. Diese Lieder, in zumeist flottem Tempo von ihr und ihrer siebenköpfigen Begleitband vorgebracht, geraten ihr in Ludwigsburg am besten. Schön instrumentiert und schmissig mit schnarrend gedämpfter Trompete, Akkordeon, Standbass, gezupfter Gypsygitarre und mehr kommen diese Nummern daher.

Doch Zaz interpretiert die Gattung Nouvelle Chanson sehr freizügig, sie mischt allerlei in ihr Programm. Die Trip-Hop-Elemente scheinen noch häufiger auf, es gibt intime Momente nur mit ihr und Akustikgitarrenbegleitung ebenso wie Schlenker hin zum wuchtigen Rock. Im Gegensatz zu den Uptempo-Chansons werden diese Konzertpassagen vom Publikum allerdings eher reserviert beklatscht – wer weiß, ob sie mit einem reinrassigen Nouvelle-Chanson-Programm nicht besser gefahren wäre.

Parlez vous français?

Dazwischen erzählt Zaz sehr viel. Wie alle ihre Landsleute lehnt sie es allerdings kategorisch ab, englisch oder gar deutsch zu sprechen. Kess fragt sie zwischendurch das Publikum, ob es ein „petit peu“ Französisch beherrsche; es ist dies allerdings eine rhetorische Frage, denn bei ihrem schnellfeuergewehrartigen Redefluss kommen allenfalls Simultandolmetscher mit sehr langjähriger Berufserfahrung mit.

Zügig geht es im derweil zugig gewordenen Innenhof des Ludwigsburger Schlosses weiter, das halbe Dutzend jener Songs, die um ihr Lieblingsthema Paris kreisen, ist alsbald serviert. Nach exakt einer Stunde intoniert sie „Je veux“, den großen Hit, der ihr vor sechs Jahren den Durchbruch und anschließend den Ruhm gebracht hat, der sie nun schon zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren in die Region Stuttgart führt. Ausgerechnet diesen in der Studioversion so flotten Song geben sie und ihre Band in einer gedrosselten halbakustischen Spielart, aber während man in den zwei noch folgenden, ziemlich unspektakulären Songs noch über die Gründe für diese Version nachgrübelt, ist das Konzert auch schon vorüber.

Siebenundsiebzig Minuten Spielzeit zeigt die große Uhr über ihr an. Das ist dürftig. Ein paar der paar tausend Zuschauer warten noch auf die Zugabe, ganze Heerscharen trotten hingegen sogleich zum Ausgang, um wenigstens noch vor Mitternacht daheim zu sein. Schade um einen eigentlich doch schönen Abend. Und schade für eine eigentlich reizende Künstlerin, die sich so selbst ein Bein stellt.