Nach den Borgias nun die Habsburger: Das ZDF verfilmt das spannende Leben des Mittelalter-Kaisers Maximilian. Es geht um Liebe in Zeiten des Grauens.

Stuttgart - Über so ein Schwert, wie es die Ritter im Mittelalter schwangen, macht man sich ja heutzutage im Plastikzeitalter gerne falsche Vorstellungen. Bestimmt fünf, ach was acht Kilo muss so ein Trum gewogen haben. Iwo. Mit kaum zwei Kilo muss sich der Schauspieler Jannis Niewöhner gerade herumschlagen am Filmset auf der Burg Rappottenstein im niederösterreichischen Waldviertel.

 

Trotzdem leidet der Berlinale-Shooting-Star mit dem breiten Kreuz sehr. Die Schulter, sie mag nicht mehr. Oft musste der 23-Jährige schon die Klingen kreuzen. Aber wer als „letzter Ritter“ in die Geschichtsbücher eingegangen ist, muss eben zeigen, was er draufhat. Also, Maximilian von Habsburg, späterer Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, Zähne zusammenbeißen!

Das doch recht kampfbetonte Leben dieses spätmittelalterlichen Herrschers, über das die Wikipedia vermerkt „Er war sein Leben lang ein glänzender Turnierkämpfer, aber ein schwacher Lateiner“, lässt das ZDF gemeinsam mit dem ORF in diesen Wochen Film werden. Und zwar als Coming-of-Age-Geschichte, wie es Niewöhner beschreibt, „in der der junge, wilde, verantwortungslose Kerl lernen muss, seine Bedürfnisse zurückzustellen, um regieren zu können“.

Sein geschichtliches Wissen über jene Zeit sei „kein gutes“, gesteht Niewöhner in einer Drehpause. Aber zugegeben, die politische Gemengelange da auf der Schwelle zur Renaissance war auch ziemlich komplex. Und wenn sich einer mit historischen Zusammenhängen richtig gut auskennt, dann ist es wohl Jan Mojto.

Die graue Eminenz europäischer Megaproduktionen fungiert bei „Maximilian“ als Koproduzent. Das Papst-Opus „Borgia“ stemmte Mojto zum Beispiel schon fürs ZDF. Jetzt sind die Habsburger dran. Mojtos Auftrag von Seiten des initiativen ORF: so was wie „Die Tudors“ auf mitteleuropäischer Ebene herstellen. Also jene Brit-Serie, die auf Pro Sieben lief und vier Staffeln um das saftige Leben Heinrichs VIII. mit seinen sechs Ehefrauen kreiste.

Der Habsburger Maximilian brachte es auf schlappe zwei, doch die erste hatte es in sich. Die Verbindung zu Marie von Burgund war nicht bloß, wie zu damaliger Zeit üblich, politisch arrangiert. Es soll tatsächlich Liebe gewesen sein! „Eine der schönsten Liebesgeschichten Europas“ sogar, wie der Fernsehspielleiter Reinhold Elschot vom ZDF schwärmt. Leider mit tragischem Ende. Ein Jagdunfall . . .

Große Liebe in Zeiten der Metzelei

Bleiben immerhin fünf glückliche Jahre bis zu Maries frühem Tod, die dreimal 90 Filmminuten füllen sollen. Das Davor und Dazwischen bestimmen Intrige und Kriege. 1477 steht es nicht gut um Europa. Im Osten bedrängen die Türken und Ungarn das Heilige Römische Reich von Maximilians Vater Friedrich III., im Westen breiten sich die Franzosen aus. Wollen sich nach dem Tod Karls des Kühnen das reiche Herzogtum Burgund einverleiben. Friedrich hat mehr Fortune. Es gelingt ihm, Karls Tochter Marie mit seinem eigenen Sohn zu vermählen. Es folgt: große Liebe in Zeiten von Metzelei und Meuchelei, Flucht und Vertreibung aus Burgund.

Dass auch schon vor einem halben Jahrtausend Menschen flüchten mussten vor Krieg wie heute auch, bringt Miriam Fussenegger ins Grübeln. In „Maximilian“ spielt die junge Österreicherin Maries enge Vertraute Johanna. Keine 150 Kilometer entfernt vom Set liegt Traiskirchen, das im Spätsommer unrühmliche Bekanntheit erlangte wegen der katastrophalen Zustände im Flüchtlingslager dort. „Es ist schon absurd, wenn man die Welten gegenüberstellt“, sagt Fussenegger, „auf der einen Seite die Flüchtlinge aus Syrien, die im Freien liegen müssen, ohne Essen, und auf der anderen das, was wir hier machen: mit viel Geld Mittelalter spielen.“

Gespielt wird an diesem Drehtag Nr. 30 ein Ritterturnier. Die Fahnen Ungarns und Österreichs wehen im Gegenlicht, und Maximilian, in voller Montur, macht sich bereit am Schwert, an dem eine kleine Kamera montiert ist – um den Schwertkampf „physisch erlebbar zu machen“, wie es in der Regieanweisung steht. Vom Himmel kommt es feucht und kalt (auch nicht förderlich für die Schulter!), aber nicht feucht genug für die Filmcrew. Also lässt es die örtliche Feuerwehr aus einem Schlauch zusätzlich regnen. Am Ende des Tages wird sie 18 000 Liter Wasser über die in Filz und Kettenhemd gewandeten Schauspieler und Komparsen gespritzt haben. Der aufgeweichte Burginnenhof gleicht einer Schlamm-Catcher-Arena.

Stunttruppe mit 60 Pferden

Summa summarum 15,5 Millionen Euro Budget stehen dem Regisseur Andreas Prochaska für dieses Mammutprojekt inklusive Wasserspiel zur Verfügung. Wer wie der Emmy-Preisträger große Ambitionen hegt und sich an den Vorbildern „Braveheart“ und „Game of Thrones“ orientiert, für den sind 15,5 Millionen nicht viel. „Jeder Tag ist eine neue Herausforderung“, sagt Prochaska. Eine tschechische Stunttruppe mit 60 Pferden hat er sich für die großen Schlachtenszenen dann doch erkämpft, und er erwähnt nicht ohne Stolz, dass unter den Horsemastern auch jener sei, der „Gladiator“ Russel Crowe doubelte.

Es ist auch Geld da für Schauspielergrößen. Der Franzose Jean-Hugues Anglade, berühmt für „Die Bartholomäusnacht“ und hierzulande Sat-1-Zuschauern in Erinnerung als Veronica Ferres‘ Liebhaber in „Kein Himmel über Afrika“, spielt in „Maximilian“ den französischen König Ludwig XI. In das pelzige Gewand von Kaiser Friedrich III. schlüpft Tobias Moretti. Eine „unheimlich wichtige Figur“ (Prochaska), und doch nur eine Nebenrolle für den Mann aus Südtirol, auf die sich Moretti aber angeblich zügig eingelassen habe. „An Tobias Moretti führte einfach kein Weg vorbei“, betont der Regisseur.

Na ja, doch. Der Divo gibt sich auf Rappottenstein journalistenungnädig und verschwindet nach Drehschluss wortlos in Richtung Garderobe. Ob ihm der Kunstregen die Laune verwittert hat? Oder war es ein verdorbener Burger, wie man am Set tuschelt? Wenige Wochen später wird Moretti jedenfalls seine gute Laune wiedergefunden haben. In Berlin bedankte er sich artig für ein goldenes Rehkitz als bester Schauspieler in diesem Bambi-Preisjahr.

Noch kein Ausstrahlungstermin

Über etwaige Bambis für „Maximilian“ zu spekulieren, verbietet sich zu diesem Zeitpunkt. Es wird noch gedreht, und das ZDF hat sich bis jetzt auf keinen Ausstrahlungstermin des Dreiteilers festgelegt.