Der „Der Bankraub“ erzählt keine Fiktion, sondern einen Kriminalfall aus der Wirklichkeit: Überzeugend schließt er die Finanzkrise mit einem Vater-Sohn-Konflikt kurz.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Ganze acht Jahre ist es her, da suchte das Schreckgespenst der Finanzkrise den Globus heim. Es brachte Millionen von Kleinanlegern um ihr mühsam zusammengespartes Kleinvermögen, offenbarte die Abwesenheit von Moral im Bankenwesen ebenso wie die Willfährigkeit der Politik. Dass das ZDF-Drama „Der Bankraub“ zu spät kommt, lässt sich indes nicht behaupten: Die Krise hält schließlich munter an. Zahlenkolonnen und komplizierte ökonomische Sachverhalte eigneten sich nicht für die attraktive Prime-Time-Fiktion, erklärt der ZDF-Redakteur Pit Rampelt die Zögerlichkeit. Mit Martin Rauhaus musste erst ein Drehbuchautor gefunden werden, der es versteht, das komplexe Geschehen der Börse und Banken fernsehfiktionstauglich zu verpacken, und es brauchte ein schauspielerisches Zugpferd: Joachim Król.

 

„Der Bankraub“ ist somit zwar ein sogenannter Themenfilm, der von einer anschließenden Dokumentation begleitet wird, aber er ist spannend gemacht und mit durchweg glaubwürdigen Charakteren ausgestattet. Der Autor Rauhaus bricht die von den USA ausgehende Krise auf eine deutsche Familiengeschichte herunter und führt vor, wie das große Weltgeschehen einen Vater und seinen Sohn auseinanderbringt.

Ein Yuppie-Banker startet durch

Joachim Król ist Werner Kreye, ein Malocher alter Schule, mit SPD-Parteibuch und Betriebsratstatus, der seinen Sohn zu Beginn scherzhaft „Kapitalistenknecht“ nennt. Doch aus Spaß wird schnell Ernst: Martin (Franz Dinda), Jung-Investmentbanker bei der Neuen Westdeutschen Bank (NWB), wird von seinem Chef Helmut Draeger (Justus von Dohnányi) nach New York geschickt. Die NWB will auf der großen Immobilienblase mitschwimmen. Während der Jungspund also Freundin (Bernadette Heerwagen) und den Kleinbürgermief seiner Familie zurücklässt, um in den USA, von Draeger heiß gemacht, am großen Rad zu drehen und dabei zusehends Moral und das Bewusstsein für seine Herkunft zu verlieren, sorgen sich Vater und Mutter (Ulrike Kriener) daheim um die Altersversorgung. Vertrauensselig geht Werner Kreye damit zu seiner Hausbank und wird von seinem Bankberater (Godehard Giese) zum Kauf von hochriskanten Finanzprodukten überredet, ohne dass Sohn Martin davon erfährt. Die Tragödie nimmt ihren Lauf: Als Kreye senior durch den Börsencrash sein Erspartes verliert und ihm zudem die herzkranke Frau wegstirbt, dreht der redliche kleine und daher „nicht systemrelevante“ Mann durch, und Martin muss sich letztlich doch seinem Gewissen stellen.

Schlüssig, wie Rauhaus in Vater und Sohn zwei Welten und Weltansichten kollidieren lässt; die Old-School-Vertreter, zu denen auch Draegers skeptische Bankkollegen (Herbert Knaup, Hanns Zischler) gehören, hätten die Bestie Mammon vielleicht nicht freigelassen. Dinda gibt überzeugend den Yuppie-Banker, der vom Malocher-Milieu in Millionärskreise aufsteigt; Król verwächst bruchlos mit seiner Figur des rechtschaffenen Arbeiters. Er habe in sich in dieser Rolle seinen Vater wiedererkannt, erzählte der Schauspieler, der aus einfachen Verhältnissen stammt, vergangene Woche in der Talkshow von Markus Lanz.

Rettungspakete für 1800 Milliarden Euro

Rauhaus und dem Regisseur Urs Egger gelingen überzeugende Milieukontraste: hier die Kleinbürger-Existenz, die Angst vor Altersarmut und der verzweifelte Versuch, mit den Tricks und Tücken des globalisierten Finanzwesens etwas zu verstehen, was nicht zu verstehen ist; dort die machbarkeitsbesessene, verantwortungsfreie Hochfinanz-Szene, die „Kredite als Rohstoff“ handelt. Treffend bedient sich Rauhaus des fahrlässigen Bankensprechs und zeigt, wie verbale Verharmlosung und Verschleierung von den Vorstandsetagen oben nach unten an die Kundengesprächstische durchgereicht wird: „Ein volatiler Markt ist ein chancenreicher Markt.“

Wenn sich Nachrichtenausschnitte aus dem „heute-journal“ und Politiker-Statements, etwa von dem damaligen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, nahtlos in den Plot fügen, wird unmissverständlich klar: „Der Bankraub“ ist kein Krimi, wie der Autor Martin Rauhaus sagt, sondern ein „Kriminalfall aus der Wirklichkeit“.

Die Zuschauer entlässt die Fiktion mit zwei bedenkenswerten Informationen aus der Welt der Fakten: 1800 Milliarden Euro beträgt bislang die Summe aller Rettungspakete im Rahmen der Finanz- und der darauffolgenden Eurokrise. Und: Es gibt zwar eine neue Richtlinie, wonach Kleinanleger auf Risiken ihrer Geldanlage aufmerksam gemacht werden müssen. Deren Umsetzung indes bezeichnete das Verbraucherschutzministerium nach einem Test als „verheerend“.