Frauen meiden den Digitalkanal ZDF Info aus Mainz. Trotzdem ist der Minisender unerwartet erfolgreich – vor allem bei jüngeren Zuschauern.

Stuttgart - Der digitale Minisender aus Mainz, ZDF Info, den die meisten Fernsehzuschauer wohl eher ganz weit hinten auf ihrer Fernbedienung platziert haben, hat ein Problem. Der Sendername ist, wenn man den ZDF-Chefredakteur Peter Frey richtig verstanden hat, nicht optimal. Mit dem Kürzel „Info“ verschrecke man das weibliche Publikum. Das habe eine eigens in Auftrag gegebene Untersuchung ergeben. „Frauen meiden uns“, sagt Frey.

 

Aber das lässt sich beinahe vernachlässigen. ZDF Info ist trotz Frauenmangel (nur ein Zuschauerdrittel ist weiblich) eine Erfolgsstory geworden. Seit das ZDF die Rundumerneuerung des Digitalablegers beschloss und vor einem Jahr den ursprünglichen Namen ZDF Infokanal einkürzte, haben sich die Einschaltquoten verfünffacht. Im Juli erreichte ZDF Info einen Marktanteil von 0,5 Prozent, macht 1,6 Millionen so genannte Tagesseher, die mindestens eine Minute am Tag am Spartenkanal dranbleiben. Für digitale Verhältnisse eine respektable Größe. Und auch im August blieb die Quote stabil, trotz Olympia. „Der Sender hat eingeschlagen“, lobt der Chefredakteur.

Erwartet hat den Erfolg niemand auf dem Mainzer Lerchenberg. Ein Informationsprogramm ganz ohne Unterhaltung und Aktualität? Die Skepsis im Haus sei groß gewesen, verrät Frey. Aber das neu aufbereitete Konzept aus den Programmbereichen modernes Wissen, Zeitgeschehen und Service geht jetzt voll auf: Statt kleinteiliger Viertelstundenprogramme gibt es jetzt großzügige Themenflächen. Zum 15. Todestag von Lady Di servierte der Sender zum Beispiel fast vier Stunden am Stück royale Doku-Ware – alles Wiederholungen. Denn ZDF Info ist vor allem eins: ein Recycling-Sender.

Dokus sind wie ein gute Buch: man kann sie öfters ansehen

Achtzig Prozent des Programms lief zuerst beim „Content-Giganten“ (Frey) ZDF, bei Phoenix oder Arte. Besonders gut gehen die History-Dokus aus der Guido-Knopp-Abteilung. ZDF-Korrespondenten wie Jörg Brase zeigen in der Nische oft die Langfassung ihrer ZDF-Beiträge. Redaktionsleiter Robert Bachem findet: „Dokus sind wie ein gutes Buch – man kann sie öfter anschauen.“ Und sie sind dazu „ein äußerst preiswertes Angebot für den Gebührenzahler“.

Diese Repertoirefähigkeit ist aus der Not geboren. Nur 15 Millionen Euro Budget hat ZDF Info jährlich zur Verfügung. Der Schwestersender ZDF Neo bekommt das Doppelte. Da bleiben nicht viele Möglichkeiten, um ein eigenes, neues Programm zu wagen, geschweige denn sich zu profilieren. Zu den wenigen Eigenproduktionen gehört die Doku-Reihe „Ulrich protestiert“ mit Sendergesicht Wolf-Christian Ulrich. Der Mann mit der markanten Kasten-Brille moderiert auch als eine Art Anwalt der Netzgemeinde „log in“, die lau Bachem „crossmedialste Talkshow im Fernsehen“, wo am späten Mittwochabend an Stehtischen Politisches verhandelt und Debatten im Netz fortgeführt werden.

Der Erfolg gibt dem Sender Recht

Die meisten Zuschauer schalten erst nach 22 Uhr ZDF Info ein, und sie sind, das erfreut die Mainzer ganz besonders, zur Hälfte unter 50 Jahre alt. So jung ist kein anderer öffentlich-rechtlicher Sender, abgesehen vom Kinderkanal. Dieses Gut will sich der ZDF-Chefredakteur von niemandem wegreden lassen. Die medienpolitische Debatte, warum das ZDF und auch die ARD überhaupt so viele digitale Verlängerungen brauchen, pariert Frey mit dem Argument: „Wir brauchen ZDF Info, weil wir die Chance haben, ein Publikum zu erreichen, dass wir im Hauptprogramm nicht erreichen. Der Erfolg gibt uns Recht.“

Die Decke sei sicher noch nicht erreicht, sagt Frey noch. Aber momentan ist er damit zufrieden, wenn ZDF Info das Erreichte erst mal hält Dass Frauen ZDF Info nicht mehr meiden, sondern vermehrt einschalten, daran wird gearbeitet. Redaktionsleiter Bachem will die bei Frauen angeblich so beliebten „Menschengeschichten nach vorne bringen“. Am Sendernamen werde aber vorerst nicht gerüttelt.