Anfang 2015 soll die internationale Koproduktion „Das Team“ im ZDF ausgestrahlt werden. Die Branche moniert jedoch, dass zu wenig Deutsche an der Krimireihe beteiligt sind.

Stuttgart - Stuttgart - Der Sendeplatz sonntags nach dem „Heute-Journal“ ist eine der vornehmsten Krimiadressen im deutschen Fernsehen. Hier zeigt das ZDF seine Koproduktionen aus Skandinavien: „Kommissar Beck“, „Der Adler – Die Spur des Verbrechens“ und „Protectors – Auf Leben und Tod“ gehören zum besten, was in dieser Hinsicht in Europa produziert worden ist. Nun hat das ZDF eine weitere dieser Reihen drehen lassen. Sie heißt „Das Team“ und beschreibt die Arbeit des (real existierenden) Joint Investigation Teams, einer europäischen Ermittlergruppe. Mit Verblüffung mussten die Mainzer zur Kenntnis nehmen, dass die Nachricht umgehend große Aufregung in der Branche verursachte: weil die sendereigene Produktionstochter Network Movie überwiegend skandinavische Mitarbeiter engagiert hat. Bei hiesigen Berufsverbänden, hieß es im „Spiegel“, sei „der Ärger über den entgangenen Großauftrag gewaltig.“ Beim Verband der Drehbuchautoren sei gar von „Skandal“ und „Schweinerei“ die Rede.

 

Dabei hat sich das ZDF bloß an die Devise gehalten, ein siegreiches Team nicht zu verändern. Deutsche Autoren waren nie vorgesehen, denn das Projekt lag von Anfang an in den Händen des Ehepaars Mai Brostrøm und Peter Thorsboe, die auch den „Adler“ und „Protectors“ geschrieben haben. Beides sind Koproduktionen des ZDF mit dem dänischen Fernsehen und wie „Das Team“ von Wolfgang Feindt betreut. Der Redakteur ist seit mehr als zehn Jahren für die Zusammenarbeit mit den Dänen zuständig und war auch schon für „Die Brücke“ und „Kommissarin Lund“ verantwortlich; auch da war das ZDF gleichberechtigter Partner.

So ein Projekt ist nur mit Partnern zu finanzieren

Feindt versteht deshalb die ganze Aufregung nicht, schließlich sei „Das Team“ (Ausstrahlung voraussichtlich im Februar 2015) eine direkte Fortführung der Reihe „Der Adler“. Hauptfigur dieser Filme war ein isländischer Kommissar, der in Skandinavien, aber auch in Deutschland und Frankreich ermittelte. Nach dem letzten Fall, erzählt Feindt, „hatten wir die Idee, das Konzept weiterzuentwickeln. Dieser Prozess hat sich über fünf Jahre gezogen, zumal die Finanzierung nicht einfach war.“ Je nach Geldgeber habe das Konzept entsprechend angepasst werden müssen; die Handlung spielt nun unter anderem in Berlin, Kopenhagen und Antwerpen.

Susanne Müller, die Leiterin der ZDF-Hauptredaktion Spielfilm, versichert, ein Projekt dieser Größenordnung – die Rede ist von zehn Millionen Euro – sei nur mit Partnern zu finanzieren, „und da es sich um eine internationale Koproduktion handelt, sind bei der Herstellung natürlich auch Mitarbeiter aus allen beteiligten Ländern beschäftigt.“ Der ZDF-Anteil liegt bei etwa einem Drittel, weitere Mittel kommen vom ORF und vom Schweizer Fernsehen. Darüber hinaus ist auch ZDF Enterprises involviert. Die Vertriebstochter des ZDF hat laut Müller „maßgeblich zum internationalen Erfolg der skandinavischen Produktionen beigetragen.“ Tatsächlich ist es der Firma vor fünf Jahren gelungen, „Kommissarin Lund“ an die BBC zu verkaufen. Es sei „fast eine Revolution“ gewesen, erinnert sich Müller, „als die Serie ab Januar 2011 im Original mit Untertiteln auf BBC4 lief. Im Anschluss dann, ebenso erfolgreich, ‚Die Brücke‘.“

Für die Drehbücher wurde ein halbes Jahr recherchiert

Auch „Das Team“ hat das Zeug dazu, den internationalen Markt zu erobern. Protagonisten sind ein Däne (verkörpert von Lars Mikkelsen) eine Belgierin (Veerle Batens) sowie eine Deutsche; die aus Til Schweigers „Kokowääh“-Filmen bekannte Jasmin Gerat dürfte aus hiesiger Sicht der Star der Serie sein. Gemeinsam jagen sie einen Frauenmörder, dessen blutige Spur sich quer durch Europa zieht. Brostrøm und Thorsboe hatten viel Zeit für ihre Drehbücher. Sie haben allein ein halbes Jahr mit Recherche beim echten Joint Investigation Team in Den Haag verbracht. Diese gründliche Entwicklung, so Feindt, sei eine der Grundlagen für die Qualität der dänischen Serien – und „eine Voraussetzung, die wir in Deutschland nur selten erfüllen können“.

Das bemängelt auch Stephan Wagner, vielfach ausgezeichneter Regisseur („Mord in Eberswalde“) und Vorstand im Bundesverband Regie. Er wünscht sich, das ZDF würde auf anderen Sendeplätzen ebenso viel Mut beweisen wie sonntags um 22 Uhr: „Auch am Lerchenberg sollte man begreifen, dass erfolgreiche Marken im deutschen Serienformat durch mutiges Bekenntnis zu langfristiger Entwicklung zu haben sind.“ Wagner kritisiert, das ZDF habe sich „jahrelang bei der Jagd um den Zuschauer mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner in Sachen Fernsehinnovationen zufrieden“ gegeben: „‚Traumschiff‘ statt ‚Borgen‘, ‚Landarzt‘ statt ‚Lund‘.“ Versuche, neue Formate mit moderneren Erzählweisen zu platzieren, seien an der Angst gescheitert, „einen kurzfristigen Rückgang an Publikumsakzeptanz verantworten zu müssen. Lieber nahm man eine strukturelle Überalterung des Senderpublikums in Kauf.“

Immerhin macht das ZDF in der Mediathek Fortschritte. In der internationalen Koproduktion herrscht auch ein internationales Sprachengemisch: Die einen sprechen flämisch, die anderen dänisch, die dritten deutsch; gemeinsame „Amtssprache“ ist englisch. Im „Zweiten“ wird eine synchronisierte Fassung laufen, aber in der Mediathek soll die Originalversion zur Verfügung gestellt werden.