Am 15. November 2006 wurde die Stauffenberg-Erinnerungsstätte im Alten Schloss eröffnet. Das Haus der Geschichte feiert das zehnjährige Bestehen des Museums für die Widerstandskämpfer mit einer Veranstaltungswoche – und kostenlosem Eintritt.

Stuttgart - Erinnerung ist immer aktuell. Das gilt auch für die Stauffenberg-Erinnerungsstätte im Alten Schloss, die den Lebensweg der Brüder Claus und Berthold Schenk Graf von Stauffenberg nachzeichnet, die ihre führenden Rollen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus und Adolf Hitler nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 mit dem Leben bezahlten. Vor einigen Jahrzehnten seien sie von rechten Kreisen noch als Landesverräter beschimpft worden, sagt Thomas Schnabel, Leiter des Hauses der Geschichte, und „heute versuchen hasserfüllte Menschen aus nationalistisch-völkischen Kreisen und dem Pegida-Umfeld sie als Widerständler zu vereinnahmen, indem sie nach einem neuen Stauffenberg rufen“. Das sei eine „absurde Verdrehung der Geschichte und des Widerstandsbegriffs“, betont Schnabel. Dies zeige aber auch, dass das Anliegen, auf die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 aufmerksam zu machen, nichts von seiner Aktualität eingebüßt habe.

 

Familie Stauffenberg wohnte im Alten Schloss

Vor zehn Jahren wurde das erste und einzige Museum für die beiden Brüder im Stuttgarter Alten Schloss eröffnet, in dem sie aufwuchsen. Ihr Vater hatte hier als Oberhofmarschall des letzten württembergischen Königs im dritten Stock seine Dienstwohnung. In den Kellerräumen des Archivbaus hat die kleine, aber feine Ausstellung, die vom Haus der Geschichte verantwortet wird (und nicht vom Landesmuseum, das sonst das Alte Schloss bespielt), seitdem fast 100 000 Besucher angezogen, darunter viele internationale Gäste. Zu sehen sind beispielsweise das Cello, auf dem Claus Schenk Graf von Stauffenberg spielte. „Diese persönlichen Exponate entfalten wie das Thema Widerstand allgemein eine große Wirkung auf die Besucher“, sagt die Ausstellungsleiterin Paula Lutum-Lenger, die Gebrüder Stauffenberg seien auch heute Vorbilder für Zivilcourage und Toleranz.

Trotz des Erfolgs sehen Schnabel und Lutum-Lenger bei den Besucherzahlen noch „Luft nach oben“. Sie setzen insbesondere darauf, dass das Angebot gerade für Schulklassen in der Kombination mit der ehemaligen Gestapo-Zentrale Hotel Silber, die 2018 als Erinnerungsort eröffnet werden soll, ausgebaut werden kann – beispielsweise durch mehr Seminarräume. Bis dahin könne auch die Ausstellung in der Erinnerungsstätte selbst überarbeitet und modernisiert werden. „Die Sehgewohnheiten haben sich im vergangenen Jahrzehnt geändert“, sagt Lutum-Lenger mit Blick auf die Eröffnung am 15. November 2006 durch den früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und den damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger.

Kunstausstellung mit Werken von Hrdlicka

Anlässlich des Zehn-Jahres-Jubiläums gibt es vom 15. bis 20. November nicht nur kostenlosen Eintritt in die Erinnerungsstätte, sondern auch zusätzliche Angebote wie Führungen, Lesung und Musik. Zugleich wird bis 26. März eine Kunstausstellung mit Werken von Alfred Hrdlicka und Günter Schöllkopf gezeigt, die sich beide mit dem Umsturzversuch gegen Hitler und den Widerstandskämpfern beschäftigten. Der Stuttgarter Schöllkopf ist mit seinem 1973 und 1974 entstanden Zyklus „Widerstand“ vertreten, Hrdlicka mit einer Serie von Zeichnungen zu Stauffenberg. Er, der zwischenzeitlich auch an der Stuttgarter Kunstakademie lehrte und sich zeitlebens mit dem Kampf gegen den Faschismus befasste, sei 2004 von einer Ausstellung seiner Werke zum Widerstand in der Stuttgarter Galerie Valentin so ergriffen gewesen, dass er sich entschlossen habe, im hohen Alter noch den Zyklus „Stauffenberg“ zu machen, wie sich der auch heute noch von der Künstlerpersönlichkeit beeindruckte Schnabel erinnert. „Diese Bilder von Schöllkopf und Hrdlicka sind ein neuer Zugang zum Widerstand und zeigen einen ganz eigenen Blick auf das Thema“, sagt der Leiter des Hauses.

Anlässlich des Jubiläums ist ein neues Buch erschienen, das sich mit den kontroversen Deutungen des Umsturzversuchs beschäftigt. Darin werde deutlich, das Erinnerung mehr bedeute als eine Rede zu einem Jubiläum, sagt der Kurator Christopher Dowe, „sie ist ein gesellschaftlicher Prozess.“

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr, Zugang vom Karlsplatz, www.stauffenberg-museum.de Buch: Verräter? Vorbilder? Verbrecher? – kontroverse Deutungen des 20. Juli 1944 seit 1945. Verlag Frank und Timme, 19,80 Euro, ISBN 978-3-7329-0276-7 .