Flatrates für Musik, Serien oder Bücher gibt es schon länger. Nun bringt ein schwedisches Unternehmen die digitale Magazin-Flatrate Readly mit 700 internationalen und 70 nationalen Titeln nach Deutschland.

Stuttgart - Flatrates haben sich in vielen Bereichen des Lebens durchgesetzt – beim Telefonieren, bei Musik, Serien und E-Books. Zeitschriften fehlten bislang in dieser Liste, aber das ändert sich gerade: Das schwedische Unternehmen Readly bietet seit Kurzem eine digitale Zeitschriften-Flatrate an.

 

Nachdem Readly in den vergangenen Jahren nach dem Heimatland Schweden auch Großbritannien und die USA erobert hat, nimmt die Firma nun den deutschen Markt ins Visier. „Deutschland ist einer der größten Zeitschriftenmärkte in Europa“, sagt Readly-Chief Content Officer Stefan Ohlsson. Wenn eine Marke international erfolgreich sein wolle, müsse sie auch in Deutschland präsent sein.

Viele Frauen- und Hobbyzeitschriften im Angebot

Readly hat etwa 70 deutschsprachige Magazine im Angebot. Für 9,99 Euro im Monat können Nutzer diese mit der entsprechenden App für iOS und Android lesen und auch herunterladen, um sie offline zu nutzen. Das Angebot ist allerdings begrenzt – nicht alle wichtigen Verlagshäuser beteiligen sich. Mit dabei sind die Verlage Bauer, Funke, die International Data Group, Wellhausen & Marquardt und Vice. Die bekanntesten Titel, mit denen Readly aufwartet, sind etwa die Cosmopolitan, Hörzu, InTouch, Bravo, GameStar, Maxi oder Shape. Auffällig viele Frauen- und Unterhaltungszeitschriften finden sich im Readly-Katalog, ebenso Hobbyzeitschriften. Publikationen aus Politik und Wirtschaft sind klar in der Minderheit – Magazine wie Spiegel, Stern oder Focus sucht man etwa vergeblich.

Das überschaubare Angebot an deutschsprachigen Magazinen wird durch ungefähr 700 ausländische Publikationen aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Thailand, Indien und den Philippinen erweitert, was insbesondere für diejenigen interessant sein dürfte, denen die Importpreise am Kiosk zu teuer sind.

Klingt eine Zeitschrift interessant, kann man gleich mit dem lesen beginnen, nennenswerte Ladezeiten gibt es nicht. User können durch die PDF-Version des Artikels blättern und den Text bei Bedarf vergrößern. Zusatzfunktionen beschränken sich auf das Minimum: Lesezeichen und Favoritenmarker können beispielsweise gesetzt werden. Positiv ist, dass Nutzer auch ältere Ausgaben der jeweiligen Zeitschrift anwählen können – dies ist allerdings begrenzt auf die letzten paar Ausgaben.

Segen oder Fluch für die Zeitschriftenbranche?

Wie auch bei den Flatrate-Angeboten im Musik- oder Bücherbereich stellt sich die Frage, ob Readly für Verlagshäuser eher Segen oder Fluch ist. Readly selbst sieht die Sache klar positiv für die Zeitschriften: „Die Verlagshäuser gewinnen zusätzliche Leser“, sagt Stefan Ohlsson. Bei einer Flatrate für viele verschiedene Zeitschriften würden viele neue Nutzer am Anfang einige Angebote ausprobieren. „Später konzentrieren sie sich auf ihre Favoriten“, ergänzt Ohlsson.

Sichern sich die Verlage durch das neue digitale Angebot neue Leser, kommt ihnen das letztendlich auch beim Anzeigenverkauf zugute. Wer mehr Leser hat, kann seine Anzeigen teurer verkaufen. Auch die Tatsache, dass Readly das Nutzerverhalten genau analysiert, sieht Ohlsson als klaren Vorteil für die Magazine. Wer wie lang bei welchem Artikel hängen bleibt – oder eben nicht – kann bei einem Printmedium ansonsten nur bei aufwändigen Studien genau bestimmt werden. Und zuletzt seien die Verlage natürlich an den Einnahmen beteiligt – allerdings nur zu zirka 70 Prozent, die restlichen Einnahmen behält Readly für sich. Was ein Verlag genau ausgezahlt bekommt, hängt davon ab, wie häufig und lange seine Titel gelesen wurden.

Die Zeitschriftenbranche sieht das ähnlich. Laut Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) werden neue Plattformen zum Verbreiten journalistischer Inhalte wie Readly eher als Chance wahrgenommen. „Readly verlangt keine großen Investitionen auf Seiten der Verlage“, sagt Alexander von Reibnitz, Geschäftsführer Print und digitale Medien im Fachverband Publikumszeitschriften des VDZ. Er bestätigt die Ansicht, dass Zeitschriften mithilfe der App neue Leser gewinnen können und die App gute Marketingmöglichkeiten eröffnet.

Ein mögliches Kannibalisierungsrisiko, das Readly für die Print- und E-Paper-Ausgaben der Zeitschriften darstellt, lasse sich allerdings noch nicht abschätzen, ergänzt Peter Klotzki, Geschäftsführer Kommunikation im VDZ. Ob eine Zeitschrift von einem Modell wie Readly profitiere, hänge auch davon ab, um was für eine Zeitschrift es sich handelt. Ein günstiges Magazin mit einer niedrigen Auflage findet über Flatrates potenziell neue Leser und im Endeffekt möglicherweise eigene Abonnenten. Ein eher teures, auflagenstarkes Magazin wiederum macht mit Flatrates vermutlich eher Verluste.

Der Zeitschriftenmarkt läuft gut

Dass der Verband so entspannt mit neuen Modellen wie Readly umgeht, liegt sicherlich auch daran, dass es der Branche aktuell – ganz im Gegensatz zu Tageszeitungen – ziemlich gut geht. „Noch nie haben so viele Menschen Zeitschriften genutzt“, sagt Peter Klotzki – damit sind allerdings nicht nur die Printausgaben, sondern auch alternative Kanäle wie E-Paper und der jeweilige Onlineauftritt der Magazine gemeint. Die Gesamtreichweite der Zeitschriften steige stetig.

Mehr als 270 Millionen Euro geben Leser nach Angaben des VDZ jeden Monat in Deutschland für gedruckte Zeitschriften aus. Den Grund für die gute wirtschaftliche Lage sieht der Verband in einem differenzierten Angebot für viele verschiedene Zielgruppen. Hinzu kommt ein „Gründungsboom“ neuer Magazine. Um zukunftsträchtig zu bleiben, diskutiert die Branche derzeit, wie man digitale Inhalte optimal mit Printpublikationen verknüpfen kann.

Readly könnte daher ein Modell sein, das Schule macht. Eine genaue Einschätzung, wie die App bei den Nutzern in Deutschland ankommt, mag Content Officer Ohlsson noch nicht geben. Das Feedback unmittelbar nach dem Launch sei jedoch positiv gewesen. Auch in den Ländern, in denen Readly bereits etabliert ist, läuft es gut. So gut, dass Readly sein Angebot zum Teil auch auf Tageszeitungen und E-Books ausgeweitet hat. Ob das auch für Deutschland geplant ist, lässt Ohlsson offen – wenn Readlys Magazin-Flatrate gut läuft, kann man damit aber wohl über kurz oder lang rechnen.