Trotz der Kälte biwakieren einige Dutzend Menschen im Schlossgarten. Eine Räumung ist vorerst nicht geplant.

Stuttgart - Klaus-Peter Radom sieht das Unglück schon von weitem. "Der hintere Teil meines Zelts ist zusammengebrochen", sagt der 52-Jährige, während er am Planetarium vorbeiläuft und auch den Baum nicht beachtet, den Unbekannte mit Mandarinen, Strohsternen und mit Goldfolie umwickelten Kugeln geschmückt haben. Am Vormittag ist es wärmer geworden, der Schnee hat sich auf dem Zelt zu Klumpen verdichtet, irgendwann wurde die Last zu schwer.

Doch keine fünf Minuten später hat Klaus-Peter Radom schon den Schnee weggeräumt, die Spannseile festgezurrt und sich auf eines der Kissen im Inneren des Zelt gesetzt. "Kein Problem", sagt er, "ich habe schon neun Monate am Stück in Skandinavien draußen gecampt." Ihn kümmert der pappige Neuschnee nicht, er harrt schon seit Monaten in seinem Zelt im Schlossgarten aus. Radom gehört zu den Wintercampern, die in den Anlagen bleiben. Er zählt zu jenen, die weit gehen mit ihrer Form des Protests gegen Stuttgart 21.

Derzeit schlafen rund 30 Menschen im Schlossgarten


"Unerschütterliche Kämpfer", sagen die einen über Menschen wie ihn. Der Schlossgarten verwandelt sich zunehmend in ein Übernachtungsquartier für Obdachlose, argumentieren hingegen etliche Befürworter des Bahnprojekts. "Viele Stuttgarter trauen sich nachts nicht mehr in den Park, weil da offene Lagerfeuer brennen", sagt Alexander Kotz, der Chef der CDU-Gemeinderatsfraktion. "Das verstehe ich, aber das kann nicht sein." Kotz sieht die Parkschützer und die Grünen in der Pflicht, etwas gegen die Zeltstadt zu unternehmen.

Derzeit schlafen Nacht für Nacht rund 30 Menschen im Schlossgarten, schätzt Klaus-Peter Radom. Um das größte Zeltlager in den Anlagen windet sich seit dem vergangenen Samstag eine mit Fotomotiven bedruckte Stoffbahn. Neben den Zelten erinnern eingeschneite Liegestühle an den Sommer, Regenschirme schützen die undichten Stellen der Schlafstätten, an einigen Stellen liegt Brennholz.