Alpträume und psychologische Betreuung – den Verletzten der Dönermesser-Attacke von Reutlingen geht es ein gutes halbes Jahr nach der Tat noch schlecht. Vor Gericht haben sie den Hergang aus ihrer Sicht geschildert.

Tübingen - Wenn die Bilder vom Amoklauf zurückkommen, geht es den Verletzten der Dönermesser-Attacke von Reutlingen auch heute noch schlecht. „Ich hab schlimme Alpträume“, sagte ein 24 Jahre alter Zeuge und damals Schwerverletzter am Dienstag im Mordprozess vor dem Landgericht Tübingen. Er wurde am 24. Juli 2016 als Gast eines Imbisslokals vom damals 21 Jahre alten Angeklagten mit einem Dönermesser im Gesicht verletzt. Der mutmaßliche Täter soll damals auch eine 45-Jährige getötet und weitere Menschen verletzt haben. Der genaue Ablauf blieb aber auch nach den Zeugenaussagen unklar.

 

Keine Erinnerung an die Tat

Die Betroffenen schilderten am Dienstag Erinnerungen und Folgen der Tat. Der damals schwer verletzte 24 Jahre alte Imbissgast erzählte, dass er sich nach der Tat nicht allein auf die Straße getraut habe. Der Messerschlag hinterließ eine lange Narbe auf seiner rechten Wange. Als Folge des Angriffs, bei dem mehrere Zähne beschädigt wurden, trägt er eine Zahnprothese. Von der Tat weiß er nach eigenen Angaben nicht mehr viel. Unmittelbar nach der Attacke wurde er von einem Freund ins Imbisslokal gezogen. Der Täter kam wenig später zurück und blickte durch die Scheibe. „Seine Augen waren knallrot“, sagte der 24-Jährige.

Urteil für Anfang April erwartet

Eine 52-jährige Frau war nach eigenen Angaben im Auto unterwegs, als sie den mutmaßlichen Täter mit dem Messer entdeckte und auf Bitten ihres Beifahrers anhielt, der das Geschehen wohl beobachten wollte. Plötzlich sei der Amokläufer aber neben ihrem Auto aufgetaucht und habe mit dem Dönermesser die Scheiben eingeschlagen, sie am Arm verletzt - und nur knapp der Kopf ihres Begleiters verfehlt. Sie habe sofort vermutet, der Mann stehe unter Drogen. „Kein normaler Mensch macht sowas.“ Die Frau war nach der Tat in psychologischer Behandlung. „Ich habe jetzt noch Tage, an denen alle Bilder da sind und es mir nicht gut geht.“

Die beste Freundin der getöteten Frau hat vor Gericht das Opfer als warmherzig und hilfsbereit beschrieben. Die 45-Jährige sei aus Polen nach Deutschland gekommen, um Geld zu verdienen, habe in Stuttgart, Karlsruhe, Berlin und zur Erntezeit auch in Frankreich gearbeitet. In Reutlingen lebte sie demnach ein halbes Jahr lang und wollte im August ihre achtjährige Tochter aus Polen zu sich holen. Doch am 24. Juli verblutete sie nach der Dönermesser-Attacke.

Der Angeklagte sagte, er habe eine sexuelle Beziehung zum Opfer gehabt. Die Zeugin wusste davon nichts. Die 45-Jährige habe einen Freund gehabt, sagte sie. „Ich hätte erfahren, wenn sie sich mit einem Anderen getroffen hätte.“ Die Familie des Opfers war nach Angaben des Vorsitzenden Richters nicht in der Lage, vor Gericht auszusagen und empfahl, die Freundin zu hören.

Dem Angeklagten werden Mord und zweifacher versuchter Mord vorgeworfen. Er hat die Taten zugegeben, gab aber an, Stimmen in seinem Kopf hätten ihm befohlen, andere Menschen und sich selbst zu töten. Ein Urteil wird Anfang April erwartet.