Das Bundesumweltministerium muss für seine neue Klimaschutz-Kampagne im Netz viel Kritik einstecken. Aber statt sich zu rechtfertigen, deutet das Ministerium Häme einfach als gute Werbung.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Berlin - Über eine 1,5 Millionen Euro teure Kampagne des Bundesumweltministeriums wird auf Twitter zur Zeit heftig diskutiert. Unter dem Motto „Zusammen ist es Klimaschutz“ will das Haus von Umweltministerin Barbara Hendricks seit einer Woche zeigen, wie jeder Einzelne zum Klimaschutz beitragen kann. Zu diesem Zweck organisiert das Ministerium Themenwochen, es gibt ein Online-Portal und Youtube-Videos.

 

Letztere sind hochprofessionell gemacht, auch wenn man Zombies bisher vielleicht noch nicht als Klimaschützer auf dem Zettel hatte und man die Gründe für Sex im Dunkeln so explizit vielleicht gar nicht vermittelt bekommen wollte. „Peinlich“ findet das der Mediendienst Meedia, der gewöhnlich ein gutes Gespür für virale Themen hat.

Am meisten Aufregung erzeugt bisher allerdings dieses Video, das von etlichen Twitter-Nutzern als sexistisch gebrandmarkt wurde:


„Da ist der Shitstorm vorprogrammiert“, schreibt ein Nutzer. Der Shitstorm blieb bisher aus, doch im Netz stört man sich noch an anderen Aspekten der Kampagne, etwa an ihrem Hashtag. Das Schlagwort #ziek (für „Zusammen ist es Klimaschutz“) bedeutet in niederländischer Sprache „krank“, wie mehrere Twitterer anmerken. Und Lutz van der Horst hat zum Start der Kampagne ein wie zu erwarten ziemlich böses Video für die „heute show“ gedreht, Motto: Wer ist eigentlich Barbara Hendricks?

Van der Horst, der harmlose Spaßvogel

Die (bislang eher vereinzelt zu findende) Häme im Netz überrascht indes weniger als der Umgang des Ministeriums damit. Zu dem Sexismus-Vorwurf schweigt das Ministerium, den Hinweis auf die Bedeutung des Wortes ziek im Niederländischen konterte es auf Twitter offensiv:
 


Die Verballhornung der Umweltministerin in der „heute show“ interpretieren die Öffentlichkeitsarbeiter des Ministeriums zur unbezahlbaren Werbung für die Kampagne um, jedenfalls hat die Twitter-Redaktion des Ministeriums entsprechende Tweets anderer Nutzer eifrig weiterverbreitet.

Hauptsache, man spricht darüber

Ist das der neue Umgang mit der im Netz und speziell in sozialen Medien omnipräsenten Kritik und Häme? „Werbung kann nichts Besseres passieren, als dass darüber gesprochen wird. Dass dabei nicht nur positiver Zuspruch kommt, damit war ja zu rechnen“, sagt ein Sprecher des Ministeriums. Man habe es nicht darauf angelegt, in die „heute show“ zu kommen. „Aber als sich Lutz van der Horst angekündigt hat, haben wir gesagt: na prima. Das ist ein Spaßvogel, der nichts Böses im Schilde führt“, so der Ministeriumssprecher.

Und was ist mit dem umstrittenen Tankstellenvideo? Der Vorwurf, es handle sich um Sexismus, „geht wirklich an der Sache vorbei“, verteidigt sich der Sprecher. Mit Klischees zu spielen, sei für so eine Kampagne in Ordnung: „Jeder sieht, dass wir das überhöhen.“ Und die Bedeutung des Worts ziek im Niederländischen habe man schon vorher gekannt. „Es gibt übrigens überwiegend Zustimmung und das Augenzwinkern wird von den meisten verstanden“, so der Sprecher, „das sind ja freundliche Spots, die Leute zum Schmunzeln bringen sollen. Aber was soll man machen gegen Leute, die zum Schmunzeln in den Keller gehen?“

Jedenfalls macht das Ministerium damit eine bessere Figur als einst die EU-Kommission. Die zog vor zwei Jahren ein Video für ihre Kampagne „Science: It’s a girl thing“ (zu Deutsch etwa „Wissenschaft ist Mädchensache“) nach heftiger Sexismuskritik und Hunderttausenden Klicks auf Youtube verschämt zurück und ging auf die Kritik inhaltlich lediglich im hinteren Teil eines eilig verfassten „Fragen und Antworten“-Dokuments ein. Eine Kopie des umstrittenen Videos gibt es hier zu sehen.