W&W-Vorstand Michael Gutjahr will trotz der jüngsten Entwicklung an den Anleihemärkten noch nicht von einer Zinswende sprechen. Trotzdem rät er Verbrauchern, die eine passende Immobilie an der Hand haben, die Finanzierung rasch zu klären.

Stuttgart – - Steigende Kurse für Staatsanleihen lassen manche Finanzexperten auf das Ende der niedrigen Zinsen hoffen. Gleichzeitig hat die Europäische Notenbank (EZB) am Montag ein Papier veröffentlicht, welches besagt, dass die Deutschen langfristig nicht mehr mit hohen Realzinsen rechnen könnten. Ursache dafür sei die langsamer wachsende deutsche Volkswirtschaft. Eine Zinswende auszumachen hält auch Michael Gutjahr, Finanzvorstand des Versicherungskonzerns Wüstenrot & Württembergische (W&W) für verfrüht. Sparen sei dennoch sinnvoll.
Herr Gutjahr, ist die Niedrigzinsphase aus Ihrer Sicht vorüber?
Nein, auch wenn wir damit rechnen, dass sich der Zinsanstieg kurzfristig noch etwas fortsetzt. Wie weit dies aber der Fall sein wird, lässt sich seriös nicht abschätzen. Auf etwas längere Sicht dürften die umfangreichen Anleihenkäufe der EZB das Zinsniveau wieder drücken – und damit die Niedrigzinsphase anhalten.
Welche Rückschlüsse sollten Verbraucher aus der aktuellen Situation am Kapitalmarkt ziehen?
Wer eine passende Immobilie hat, dem raten wir, seine Finanzierung schnell zu klären, denn die Konditionen sind nach wie vor sehr günstig, auch wenn Bewegung in die Zinslandschaft gekommen ist. Wer noch nicht so weit ist, sollte zumindest in der Lage sein, wenn die Konditionen passen, rasch handeln zu können. Im Bereich der kurzfristigen Anlagen wie Tagesgeld hat das Ansteigen der Renditen am Rentenmarkt bislang keine Auswirkungen, da der Leitzins der EZB unverändert ist.
Die EZB geht davon aus, dass deutsche Verbraucher langfristig mit niedrigeren Realzinsen rechnen müssen – aber nicht aufgrund ihrer Geldpolitik, sondern weil die deutsche Volkswirtschaft langsamer wächst. Teilen Sie diese Ansicht?
Nicht in dieser Absolutheit. Es gibt einen unstrittigen Zusammenhang zwischen Geldpolitik und Zinsentwicklung, der sich nicht ausblenden lässt. Dass die Staaten – und damit auch Deutschland – zudem dazu aufgerufen sind, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und Investitionen anzuschieben, ist klar.
Was heißt das für den deutschen Sparer?
Egal wie die Zinsen stehen: Finanzielle Vorsorge ist ein Wert an sich. Dabei kühlen Kopf bewahren, nicht alles auf eine Karte setzen. Ein breiter Mix aus Tagesgeld, Versicherungen, Aktien und Immobilien bietet sich an.