Die Stadt Pforzheim hat die Bank JP Morgan auf Schadenersatz wegen Falschberatung verklagt. Stein des Anstoßes sind hochspekulative Derivate.  

Pforzheim - Die Stadt Pforzheim hat die Bank JP Morgan auf Schadenersatz wegen Falschberatung verklagt. 57,44 Millionen Euro fordert die Kommune von der Bank zurück. Die hochspekulativen Derivate hätten wegen des Spekulationsverbots der Stadt erst gar nicht angeboten werden dürfen, erklärt Pforzheims Oberbürgermeister Gert Hager, der das Finanzdesaster von seiner Vorgängerin Christel Augenstein (FDP) sozusagen geerbt hatte.

 

Am Montag fand vor der 25. Zivilkammer des Frankfurter Landgerichts die erste Verhandlung statt. Dabei ging es vor allem um die mangelnde Beratung der Bank gegenüber der Stadt. Mehrfach legte der Vorsitzende Richter den beiden Parteien einen Vergleich nahe. Der sieht vor, dass die Stadt Pforzheim ein Drittel ihrer Forderungen von JP Morgan erhält, also annähernd 19,14 Millionen Euro. "Sehr zufrieden" zeigte sich der OB nach der einstündigen Verhandlung. "Wir sehen ein eklatantes Beratungsverschulden der Bank. Und mit diesem Hauptargument sind wir durchgedrungen", sagte Hager. Er sieht den Vergleichsvorschlag als "erste Bresche, die geschlagen wurde". Er werde am Montag das Vergleichsangebot dem Gemeinderat vorlegen, doch sei es aus seiner Sicht "viel zu gering". Der Gemeinderat hatte einst, als er dem Gang vor Gericht zustimmte, darauf gepocht, die gesamte Summe von gut 57 Millionen Euro zurückzufordern.

14 Millionen Euro als Gebühr

Zum Prozessauftakt sei deutlich geworden, dass JP Morgan bei dem Derivategeschäft 14 Millionen Euro als Gebühr veranschlagt hatte. Das hätten die Anwälte der Stadt bei der Akteneinsicht festgestellt. Der OB zeigte sich entsetzt. "Das ist nicht zu fassen", sagte Hager. Als "äußerst interessante Geschichte" empfand er, dass die Staatsanwaltschaft Mannheim gegen JP Morgan ermittelt. Das hätten die Anwälte der Bank nach einigem Zögern auf die Frage des Richters bestätigt. Die Staatsanwaltschaft Mannheim bestätigt das. Seit Sommer 2011 werde gegen "fünf Mitarbeiter von zwei Banken" wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue ermittelt, also auch gegen Mitarbeiter der Deutschen Bank. Das Hauptsacheverfahren, die Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue gegen die Ex-OB und die Kämmerin, stünde kurz vor dem Abschluss.

Mit sogenannten CMS Spread-Ladder-Swaps der Deutschen Bank hatten der Ex-OB und die frühere Kämmerin Susanne Weishaar 2004 versucht, die Zinslast der hochverschuldeten Stadt zu senken. Die Papiere drehten ins Minus, 2007 drohte bereits ein Verlust von 20 Millionen Euro. Um den Verlust zu begrenzen, wurden von der Bank JP Morgan weitere Papiere gekauft, der drohende Verlust durch diese "Spiegelgeschäfte" sozusagen neutralisiert, wie die Kämmerin es formulierte. Die Bank jedoch sicherte sich ihrerseits mit drei weiteren Papieren - Momentus, Carry-Max und Momentus Quattro. Und diese bescherten der Stadt ein Millionengrab: Mit einem Verlust von 57,44 Millionen Euro löste Gert Hager die Papiere 2010 vorzeitig ab. Bis zur Fälligkeit zwischen 2014 und 2017 hätte gar ein Verlust von 77,5 Millionen Euro gedroht.