Mehr als 70 Jahre - so lange steht Bernhard Sperlich schon als Clown in der Manege. Jetzt gastiert sein Circus Bonanza mit seinem Jubiläumsprogramm auf dem Cannstatter Wasen. 

Bad Cannstatt - Wenn es ums Schminken geht, macht Bernhard Sperlich so leicht keiner was vor. An dem 75-Jährigen könnte sich manch junge Dame ein Beispiel nehmen. Augenpartien, Lippen und Wangenknochen; es dauert keine fünf Minuten schon ist die Verwandlung perfekt: Aus dem älteren Herrn im weißen Hemd ist ein lustiger Clown mit roter Nase geworden. Übung macht eben den Meister und bei Sperlich sind es mehr als 70 Jahre.

 

Mit vier Jahren stand der Senior-Chef des Circus Bonanza, der zurzeit auf dem Wasen gastiert, zum ersten Mal als Clown in der Manege. Damals war es noch das Zelt seiner Eltern. Denn Sperlich entstammt einer 200 Jahre alten Zirkusdynastie. „Ich bin als Clown groß geworden“, erzählt der Vater von neun Kindern und inzwischen vielfache Großvater. Sein Onkel sei immer sein großes Vorbild gewesen. Während sein Vater vor allem als Tierdresseur arbeitete, trat dieser genau wie Sperlich heute als Clown auf.

Es ist schwer einen Nachfolger zu finden

Vor 40 Jahren gründete der 75-Jährige seinen eigenen Zirkus. Während seine Eltern vor allem im Raum Berlin unterwegs waren, verschlug es Sperlich in den Süden der Republik. Die Region Stuttgart wurde sein neues Zuhause; genauer gesagt ein 7,50 Meter langer Wohnwagen, den er seither gemeinsam mit seiner Frau bewohnt.

Auf die Frage, was das Schönste an seinem Beruf ist, weiß der Zirkusgründer sofort eine Antwort: „Die Freude der Kinder.“ Sie würden den Clown bei jeder Vorstellung sofort ins Herz schließen. Trotzdem scheint es schwer zu sein, in diesem Beruf einen adäquaten Nachfolger zu finden. Auch wenn seine Kinder alle samt regelmäßig in der Manege stehen, in die Fußstapfen, beziehungsweise die großen Clownsschuhe ihres Vaters, ist keines getreten. Bei seinen Enkelkindern hat Sperlich die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. In der Manege tritt der 75-Jährige zwar gemeinsam mit seinem jüngeren Kompagnon Peppino auf. Doch dieser ist laut Sperlich kein klassischer, sondern ein moderner Clown. Was das bedeutet, ist selbst für einen Laien sofort erkennbar: Die rote Nase fehlt. Vorerst plant der 75-Jährige aber ohnehin noch nicht, sich aus dem aktiven Zirkusgeschäft zurückzuziehen.

Nach 70 Jahren ist Sperlich ein echter Routinier

Wer ihn bei der Verwandlung vom älteren Herrn zum lustigen Clown beobachtet, weiß auch sofort, dass der Schritt in den Ruhestand nicht leicht werden wird. In der Manege blüht er auf. Wirkte er zuvor beim Interview noch eher zurückhaltend, manchmal gar ernsthaft, kommt er beim Auftritt ganz aus sich heraus. Er spielt einen seiner Lieblings-Sketche, bei dem er Peppino mit Wasser vollspritzt. Diese Nummer zieht immer, hatte Sperlich vor der Vorstellung gesagt und Recht behalten: Die Kinder lachen. Nach 70 Jahren Zirkuserfahrung ist Sperlich eben ein echter Routinier. Trotzdem gibt es Situation, in denen er das Zelt verlassen muss: wenn seine Enkelin mit dem Todesrad an der Reihe ist.

Vorstellungen:
Der Circus Bonanza gastiert noch bis Sonntag, 10. November, mit seinem Jubiläumsprogramm auf dem Cannstatter Wasen. Es gibt täglich zwei Vorstellungen: Von Montag bis Samstag jeweils um 15.30 und um 19:30 Uhr sowie sonn- und feiertags um 11 und um 15.30 Uhr.