Sascha Melnjak ist in Stuttgart geboren und leitet den Zirkus Knie – den zweitgrößten Zirkus in Deutschland. Schon als Sechsjährigen hat ihn die Begeisterung gepackt.

Stuttgart - Das Rampenlicht, den Applaus, die Anerkennung des Publikums – all das, was das Zirkusleben von außen betrachtet so reizvoll macht, überlässt er lieber seinen Angestellten. Sascha Melnjak ist kein Mann für das Rampenlicht. Der Zirkusdirektor agiert lieber im Hintergrund. Wenn er während der Premiere hektisch durch das Vorzelt rennt, hat er statt Zirkuspeitsche sein iPhone in der Hand. Das Bild vom Raubtierbändiger, der mit verwirbeltem Oberlippenbart und Zylinder die Vorstellung eröffnet und durch das Programm führt, ist längst überholt. „Das überlasse ich lieber meinen Mitarbeitern, die können das weitaus besser“, sagt der 39-Jährige, lacht dabei und winkt ab.

 

Als Sechsjähriger mit dem „Zirkus-Virus“ infiziert

Dann erzählt er die herrlich medienwirksame Geschichte, dass er ja damals, im Jahre 1981, mit seinen sechs Jahren mit der Oma im Zirkus war und seitdem „mit dem Fieber infiziert“ ist. Schon früh muss er aber einsehen, dass die Bühnenluft nichts für ihn nicht. „Ich habe einfach kein Talent dazu, in der Manege zu stehen“, gibt er unumwunden zu. Als er sich das eingestehen muss, setzt er sich in den Kopf, einen anderen Weg in die Zirkuswelt zu finden. Nach dem Abitur macht er eine Ausbildung als Groß- und Außenhandelskaufmann in Stuttgart-Münster, steigt danach in die Organisation und Marketingarbeit bei verschiedenen Zirkussen ein. Seit 1999 ist Melnjak Veranstalter des Heilbronner Weihnachtszirkus.

Mit nur 32 Jahren erfüllte er sich seinen großen Wunsch: Er kaufte dem eigentlichen Inhaber des Zirkus, Charles Knie, sein Unternehmen ab. „Herr Knie wollte sich in Australien zur Ruhe setzen und suchte jemanden, der seinen Zirkus verantwortungsvoll weiterführt“, erzählt Melnjak. Und dann erinnert er sich an das Gesicht des Bankangestellten, den er damals um einen Kredit für den Kauf eines Zirkus gebeten hat. Melnjak kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Der hat schon schräg und ungläubig geguckt“, sagt er. Spätestens dann kam ihm aber seine Ausbildung und die jahrelange Erfahrung im Zirkus zur Hilfe: Mit einem ausgefeilten Businessplan und detaillierten Berechnungen hat er die Bank schließlich überzeugt.

Knie – der zweitgrößte Zirkus in Deutschland

Mittlerweile ist Melnjaks Zirkus der zweitgrößte in Deutschland: 56 Festangestellte und 40 Hilfskräfte arbeiten für den Chef – eine Bezeichnung, die Melnjak weitaus gerechter wird als Zirkusdirektor. Denn schließlich, so sagt er, sei das Zirkusleben hinter den Kulissen so, wie in jedem anderen Betrieb auch: „Da gibt es Zickereien und Streit, wie in jedem Büro.“ Besonders sei aber, dass man rund um die Uhr zusammen sei – eben auch nach Feierabend. „Und dann muss ich das tun, was jeder Chef tun muss: vermitteln und schlichten“, sagt Melnjak.

Überhaupt: der Job habe eben sehr viel mit Papierkram und Organisation am Schreibtisch zu tun. „Auch am Zirkus geht die Zeit nicht vorbei“, sagt er, „die Besucher fordern immer höhere Standards – sonst kommen sie eben nicht mehr in die Vorstellungen.“ Sehr gute Artisten, atemberaubende Tiernummern – um die Besten der Besten in seinen Zirkus einkaufen zu können, muss er seinem guten Ruf ständig aufs Neue gerecht werden.

Obwohl Melnjak nicht in eine Zirkusfamilie hinein geboren ist und er nicht mit seinem Namen auf Tour geht, geht es trotzdem zumindest in der Verwaltung familiär zu: Vor zwei Jahren hat er seine Mutter angestellt. Sie arbeitet im Hintergrund. Als Buchhalterin.

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