Eine Holdingstruktur, an der der frühere Chef Joachim Hunold beteiligt sein könnte, soll dem arabischen Großaktionär Etihad mehr Einfluss auf die angeschlagene Fluglinie sichern.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Die Zitterpartie um Air Berlin nähert sich offenbar dem Ende. Man stehe kurz vor wichtigen Entscheidungen, kündigte James Hogan, Chef des Großaktionärs Etihad, in Abu Dhabi an. Alle eigenen Vorstellungen seien in den Verhandlungen erfüllt worden. Man stehe vor „der nächsten Stufe der Partnerschaft“ mit Air Berlin, betonte der Vorsitzende der Staatsfluglinie des reichen Ölemirats am Persischen Golf.   Air Berlin ist die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft und steckt seit Jahren tief in der Verlustzone. Die Lage gilt als kritisch: Das Eigenkapital ist aufgezehrt, der Schuldenberg gut 800 Millionen Euro hoch. Experten befürchten, dass Air Berlin allein voriges Jahr mehr als  100 Millionen Euro operatives Minus eingeflogen hat. Die Vorlage der Bilanz wurde bereits mehrfach kurzfristig verschoben – mit Verweis auf laufende Gespräche.

 

Nun soll das Rettungskonzept für Air Berlin angeblich stehen, wie aus Branchenkreisen verlautet. Eine neue Finanzholding, an der laut Medienberichten auch Ex-Chef Joachim Hunold beteiligt sein könnte, soll demnach den freien Anteilseignern ein Übernahmeangebot machen und die Aktien der börsennotierten Fluglinie übernehmen. Danach könnte die Fluglinie von der Börse genommen werden, Etihad seinen Anteil von derzeit 29 auf knapp 50 Prozent aufstocken und Air Berlin in eine europäische Flugallianz der finanzkräftigen Araber eingegliedert werden.

  Der Umweg über die Holdingkonstruktion soll das größte Problem von Etihad beseitigen. Die Araber wollen in Europa weiter expandieren und sind bereits bei mehreren Konkurrenten wie der irischen Aer Lingus und der Darwin Airline in der Schweiz eingestiegen, zudem wird über eine Beteiligung an der kriselnden Airline Alitalia verhandelt. Die knappen und daher wertvollen Start- und Landerechte europäischer Airlines sind allerdings daran gebunden, dass sie mehrheitlich auch hiesigen Eignern gehören. Das müssen die Airlines jederzeit nachweisen können.

So soll Europas Flugmarkt vor allzu großer Dominanz von Anbietern aus anderen Erdteilen geschützt werden. Besonders die staatlichen Flugkonzerne der reichen Ölstaaten vom Golf – allen voran Emirates – machen hiesigen Platzhirschen wie der Lufthansa durch einen aggressiven Preiskampf das Leben schwer. Umso alarmierter verfolgt die hiesige Flugbranche seit Wochen die Planspiele von Etihad rund um Air Berlin und Alitalia. Nach italienischen Medienberichten beabsichtigen die Araber eine enge Zusammenarbeit der Unternehmen.   Die EU-Kommission hat angekündigt, die Etihad-Beteiligungen unter die Lupe zu nehmen. Besonders die mögliche Holdingkonstruktion bei Air Berlin sollte nach Ansicht von Beobachtern darauf geprüft werden, ob hier nur ein Strohmann den wahren Einfluss der Araber verschleiern soll, um Startrechte zu sichern. Allerdings ist das Risiko groß, dass die zweitgrößte deutsche Fluglinie nicht überlebt, falls die Araber das Interesse verlieren und kein neuer Investor gefunden wird.

Ein Knackpunkt der Holdingkonstruktion ist die Frage, wie das mögliche Übernahmeangebot von Air Berlin finanziert werden würde. Falls das Geld über Umwege aus Abu Dhabi käme, wäre das für die Prüfer vermutlich ein Indiz für eine unzulässige Strohmann-Konstruktion. Als unwahrscheinlich gilt, dass Hunold und mögliche Mitgesellschafter die Holding aus eigenen Mitteln finanzieren können. Möglich wären laut Experten aber Bankkredite, die durch eigene Vermögenswerte von Air Berlin besichert werden, soweit noch vorhanden.   Unklar ist auch, ob alle Aktionäre bereit wären, auf ein Übernahmeangebot einzugehen. Die meisten Anteilseigner haben bei ihrem Engagement viel Geld verloren, die Aktien von Air Berlin sind seit dem Börsengang tief gestürzt.

Falls Air Berlin nicht überlebt, wäre das auch ein Problem für Berlin, wo die Airline am künftigen Hauptstadt-Airport ein wichtiger Kunde sein soll. Die Verzögerungen bis zur Eröffnung haben die Probleme von Air Berlin noch verschärft. Sie hat die Flughafengesellschaft auf Schadenersatz verklagt.