Das Land hat mit der Registrierungsstelle für Flüchtlinge in Heidelberg eine vorbildliche Einrichtung. Das sagt der Leiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise, beim Besuch dort mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Heidelberg - Es geht weiter voran beim Aus- und Aufbau des landesweiten Registrierzentrums für Flüchtlinge in Heidelberg. Pünktlich zur quasi offiziellen Eröffnung der neuen Piloteinrichtung von Bund und Land im Patrick-Henry-Village (PHV) vor den Toren der Stadt mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Frank-Jürgen Weise, dem Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), am Freitag gab es eine Premiere: da wurde vor Ort der erste amtliche Flüchtlingsausweis gedruckt. Ein Herr aus Kalkutta hat ihn bekommen – und machte dabei einen recht zufriedenen Eindruck.

 

Zwar werden aus verschiedenen Gründen derzeit in Heidelberger noch immer nicht so viele Flüchtlinge erfasst, wie ursprünglich angekündigt; aktuell bearbeiten dort 50 Mitarbeiter des BAMF täglich 200 Asylanträge für Einzelpersonen und Familien. Es sollen jedoch schon Anfang des Jahres 2016 doppelt so viele werden, kündigte der BAMF-Chef an. Bei einer entsprechenden Aufstockung der Mitarbeiter könne man im Endausbau auf bis zu 1000 pro Tag kommen.

Zügig, aber solide

„Das Zentrum beschleunigt die Registrierung enorm“, stellte Ministerpräsident Kretschmann fest. Es sei zudem ein wichtiger Beitrag des Landes, „um wieder Struktur und Ordnung in die Flüchtlingsaufnahme in Deutschland zu bringen“. Man sei „immer wieder überrascht von der Komplexität der Vorgänge“, gestand er nach einem Rundgang mit Weise, dem Staatssekretär Klaus Vitt aus dem Bundesinnenministeriums und zahlreichen Behördenvertretern aus der Region. Wichtig sei, dass der gesamte Prozess – er reicht von der erkennungsdienstlichen Behandlung über die Gesundheitsuntersuchung bis zur Stellung des Asylantrags und dem Asylbescheid – zügig aber auch sicher und solide durchgeführt werde, sagte Kretschmann. „Mit dem Projekt in Heidelberg zeigen wir, dass wir ambitioniert sind – und auch auf dem Gebiet der Flüchtlingsaufnahme ein Musterländle sein wollen“, meinte er.

Von der Beschleunigung des Verfahrens profitierten im Endeffekt alle, die Bevölkerung ebenso wie die Flüchtlinge. „Die Betroffenen bekommen schnell Klarheit über ihre Zukunft, und wir können uns zügig auf die Integration derjenigen konzentrieren, die bei uns bleiben wollen“. Zudem sei das Heidelberger Zentrum mit seinen derzeit 5000 Bewohnern auch ein wichtiger Puffer bei der Erstaufnahme. Es solle aber, versicherte er an die Adresse der Stadt gerichtet, kein Abschiebelager werden.

Dem Vorbild nacheifern

„Dass Baden-Württemberg sich auf diese Zusammenarbeit eingelassen hat ist ein wirklich gutes Beispiel für alle“, sagte der BAMF-Chef Weise. Die Bedingungen, um die Arbeitsprozesse von Land und Bund zu koordinieren seien in Heidelberg gut. Er wolle nun möglichst viele andere Lände ermuntern, die Zentrale zu besuchen und dem Vorbild nachzueifern. Denn auch wenn man die Flüchtlingsprobleme nur auf europäischer Ebene lösen könne, müsse man damit vor Ort umgehen. Lösungen werde man nur finden, wenn Bund, Länder und Gemeinden zusammenarbeiten. „Wir möchten zeigen, dass man in Abstimmung zwischen allen Beteiligten zum Erfolg kommen, und dass es, mit der richtigen Infrastruktur und gemeinsam schnell gehen kann“, sagte Weise. Dazu gehöre auch eine neue Infotechnik, die er im Frühjahr 2016 den Ministerpräsidenten vorstellen wolle. Sie solle einen Datenaustausch unter den Beteiligten ermöglichen und Mehrfach-Erhebungen wie bisher überflüssig machen.

Ziel des beschleunigten Asylverfahrens sei es, einfache Anträge von Menschen aus sichereren wie aus unsicheren Herkunftsländern in 24 bis 48 Stunden abschließend zu bearbeiten, erklärte Weise weiter. Für das Verfahren, das in Heidelberg bereits praktiziert wird, werden die Bewerber noch vor Antragstellung in drei Gruppen eingeteilt: solche mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit, etwa aus Bürgerkriegsländern, solche mit geringer Bleibeperspektive und eine dritte Gruppe mit unklaren Aussichten. Diese Fälle seien aus Sicht seines Amtes die schwierigsten; Mitarbeiter mit der größten Erfahrung müssten sie bearbeiten. Daher werde es wohl auch noch bis weit ins nächste Jahr hinein dauern, bis man die 350 000 Altfälle aufgearbeitet habe, die großteils zu den schwierigeren Fällen gehörten, sagte er.

Das Heidelberger Zentrum biete die nötige Grundlage für die Beschleunigung der Verfahren durch das Bundesamt und das Innenministerium, so Kretschmann. Das Land selbst wolle die Flüchtlingsströme minimieren. Zugleich wolle man für all diejenigen, die bleiben, die Integrationskraft Baden-Württembergs nutzen. „Wir haben Gott sei Dank Wohnraum und Arbeitsplätze im ganzen Land und auch im ländlichen Raum, sagte der Ministerpräsident.