In der Alcatel-Lucent-Museumswerkstatt an der Lorenzstraße 10 wird die Vergangenheit der Telekommunikation lebendig. Die Zukunft des Standorts ist allerdings ungewiss.

Zuffenhausen - Mitten zwischen modernen Neubauten aus Glas, Beton und Stahl liegt ein historisches Kleinod, das man dort kaum vermuten würde: Die Museumswerkstatt der Firma Alcatel-Lucent (mittlerweile Nokia) an der Lorenzstraße 10 nimmt die Besucher mit in die aufregende Vergangenheit der Telekommunikation. Die Zukunft des Museums allerdings ist unsicher. Nokia wird das Gebäude bald verlassen, da die Firma Porsche dort einziehen wird.

 

„Das kam sehr überraschend“, sagt Wolfgang Kuebart, der Kurator der Museumswerkstatt. Zwar wisse er seit Jahresanfang, dass sich am Standort einiges ändern werde. Die Nachricht, dass das Museum bis zum 6. Juni ausziehen muss, hat ihn dann aber sehr getroffen und bereitet ihm einiges Kopfzerbrechen. „Wir wissen nicht, wo wir mit den kostbaren Sachen hin sollen“, erzählt der 65-Jährige. Der Eigentümer des Gebäudes, die Volkswagen Immobilien GmbH, hatte bislang an Alcatel-Lucent vermietet. Die Telekommunikationsfirma fusionierte im Januar 2016 mit Nokia und wird das Haus nun räumen, aber weiterhin Flächen auf dem Areal nutzen. Neuer Mieter des Gebäudes ist der Sportwagenhersteller Porsche, der dort Büroflächen einrichten möchte.

Noch will Kuebart nicht aufgeben: „Ich werde mit ein paar Verantwortlichen sprechen, vielleicht kann das Museum ja hier bleiben.“ Die 240 Quadratmeter großen Räumlichkeiten seien ideal, da die Zimmer hoch genug seien, um auch größere Exponate aufzunehmen, und es genug Platz gebe, um die zum Teil mehr als 150 Jahre alten Ausstellungsstücke zu präsentieren. Zudem gebe es am jetzigen Standort die notwendigen technischen Voraussetzungen. Ein erster Teilerfolg scheint sich abzuzeichnen: Seitens Nokia wurde signalisiert, dass es auf dem Gelände eventuell andere Räume gibt, in die die Museumswerkstatt einziehen könnte. Das ändert freilich nichts an Kuebarts Wunsch, nicht ausziehen zu müssen: „Die Infrastruktur hier ist für die Museumswerkstatt wie geschaffen. „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“, diese Worte gingen in die Technikgeschichte ein. Gesprochen hat sie Philipp Reis am 26. Oktober 1861, als er sein „Telephon“ dem Physikalischen Verein zu Frankfurt präsentierte. Dieser Satz ging allerdings weitgehend im Rauschen unter, folglich lehnte die honorige Versammlung das Gerät als Spielerei ab. Reis ist heutzutage kaum mehr bekannt. Die meisten Menschen bringen das Telefon mit Alexander Graham Bell in Verbindung, von dem das Patent stammte. Den ersten „Ferntonapparat“ aber baute Philipp Reis. Eine Replik davon ist in der Museumswerkstatt ausgestellt.

Die Geschichte der Telekommunikation wird lebendig

Um ein Original handelt es sich beim „Mikrotelephon“ der Firma Mix&Genest von 1886. „Mikro“ bezieht sich allerdings nicht auf die Größe, sondern auf das eingebaute Mikrofon. Überhaupt nicht klein ist auch die VStW 22, eine „Vermittlungsstelle mit Wählbetrieb Technik“ aus dem Jahr 1922. Sie war noch bis zur Wende in der ehemaligen DDR in Chemnitz im Einsatz, bevor sie nach Stuttgart transportiert wurde und schließlich in der Museumswerkstatt landete. Wie viele der Ausstellungsstücke ist auch sie noch funktionsfähig und kann von den Besuchern ausprobiert werden. Regelmäßige Öffnungszeiten gibt es übrigens nicht, Interessenten müssen sich vorher unter Telefon 82 14 59 04 anmelden. Im Internet gibt es Infos unter https://www.alcatel-lucent.com/de/Museumswerkstatt.

Neben Telefonen, Autotelefonen und Handys sind auch Telegrafen und Funkgeräte zu sehen. In einer Retro-Ecke stehen sogar Stuhl, Fernseher und Röhrenradio aus den 1950er-Jahren. Hin und wieder stellt Kuebart fest, dass manch einer der jüngeren Besucher gar nicht weiß, wie ältere Apparate bedient wurden: „Es gibt tatsächlich Leute, die noch nie ein Telefon mit Drehscheibe gesehen haben“, erzählt er mit einem süffisanten Grinsen und ergänzt: „Die wissen nicht einmal, wie man damit eine Nummer wählt.“ Nicht nur deshalb ist für den Diplom-Physiker, der 32 Jahre für Alcatel gearbeitet hat, eines ganz wichtig: „Ich sehe es als Vermächtnis an, diese Dinge auszustellen.“