Zum 20. Mal hat der Heimathistoriker Winfried Schweikart den historischen Ziehbrunnen an der Bottwarstraße gereinigt. Was er findet, treibt ihm oft die Tränen in die Augen.

Zuffenhausen - Zuffenhausen - Vor wenigen Tagen war es wieder einmal so weit: Winfried Schweikart streifte die Arbeitshandschuhe über, nahm den Eimer in die Hand und stieg hinab in die Zuffenhäuser Unterwelt. Dort begab sich der Heimathistoriker nicht etwa auf die Suche nach längst vergessenen Schätzen oder antiken Überbleibseln aus grauer Vorzeit. Nein, die Fundstücke, nach denen er regelmäßig Ausschau hält, sind neueren Datums und weit davon entfernt, das Herz eines heimatverbundenen Menschen höher schlagen zu lassen. Ganz im Gegenteil, sie treiben ihm eher Tränen in die Augen: Zigarettenkippen, Glasscherben, Kronkorken und allerlei Verpackungsteile landen im historischen Ziehbrunnen an der Bottwarstraße – hereinbefördert von achtlosen Passanten die nicht sehen oder sehen wollen, dass nur wenige Meter entfernt ein Mülleimer steht.

 

Zum 20. Mal hat Schweikart den Brunnen nun gereinigt. Im Laufe der Jahre kamen nicht nur Müll und Unrat zusammen, sondern auch eine Menge Münzen. Auf die Idee, nach den Geldstücken zu fischen, kamen übrigens auch schon andere Zeitgenossen. Vor einigen Jahren schraubte jemand das Gitter über dem Schacht ab und stieg hinunter. Seit damals ist das Gitter mit Felgenschlössern gesichert. Eine durchaus findige Idee hatte ein anderer Geldsucher. Er band einen Magneten an eine Schnur, ließ ihn den Schacht hinunter und angelte tatsächlich auch eine beträchtliche Zahl an Münzen – der dicke Klumpen ging beim Hochziehen allerdings nicht durchs Gitter und landete wieder im Brunnen, wo Schweikart ihn dann auflas.

Eventuell will Schweikert das gefundene Geld spenden

Was mit den exakt 83 Euro und 54 Cent passieren soll, die der Heimathistoriker bislang aufgesammelt hat, ist nicht klar. „Vielleicht werde ich das Geld spenden“, sagt er. Einer der Ersten, die ein blinkendes Geldstück in die historische Zisterne warfen, war Dietmar Schneider, vielen auch als „Zuffenhäuser Hirt“ bekannt. Bei der Einweihung im Jahr 2011 griff er eine alte Tradition vom römischen Trevi-Brunnen auf und warf die Münze über seine linke Schulter. Wer das macht, so die Legende, kehrt eines Tages wieder nach Rom zurück.

Wie oft Schweikart künftig an die Bottwarstraße zurückkehrt, um in den zwei Meter tiefen Schacht hinunterzuklettern, steht in den Sternen. Mal zwickt es den 72-Jährigen hier, mal dort. Deshalb würde er sich freuen, wenn er einen Nachfolger fände. „Die Menschen freuen sich über den Brunnen, wenn er sauber ist“, sagt der Heimathistoriker.

Die Sandsteine des Brunnens, so vermutet Schweikart, sind fast 300 Jahre alt. Sie stammen ursprünglich von einem Ziehbrunnen, der zunächst vor, und nach dessen Überbauung im ehemaligen Gasthaus „Adler“ an der Ludwigsburger Straße gestanden hatte. Erbaut worden war die Wirtschaft zirka 1730, abgerissen hatte man sie 1950, dabei war die Zisterne entdeckt worden. Bei den U-15-Arbeiten ist sie dann wiederentdeckt worden. In mühevoller Kleinarbeit waren die Steine freigelegt, geborgen und restauriert worden. 2010 hatte der Heimatgeschichtliche Arbeitskreis den Brunnen dann teilweise an der Bottwarstraße wieder aufbauen lassen.