Der größte Fernbus-Anbieter Deutschlands steigt ins deutsche Bahngeschäft ein. Zusammen mit Leo-Express will man der Deutschen Bahn auf der Strecke Berlin–Stuttgart Konkurrenz machen – mit Fahrpreisen ab knapp zehn Euro.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Stuttgart - Die Deutsche Bahn (DB) bekommt auf der wichtigen Verbindung zwischen Stuttgart und Berlin wieder ernst zunehmende Konkurrenz. Schon ab dem 24. August wird der Fernzug des insolventen Anbieters Locomore erneut zwischen beiden Städten rollen, mit Halt unter anderem in Heidelberg, Frankfurt am Main und Hannover. Das tschechische Unternehmen Leo-Express hat die Linie aus der Insolvenzmasse übernommen und führt das Geschäft fort. Neuer Partner dabei ist der Fernbus-Riese Flixbus, der die Vermarktung der Fahrkarten über seine Plattformen übernimmt. Tickets für die Fahrt sind ab sofort ab 9,90 Euro buchbar, Teilstrecken soll es bereits ab fünf Euro geben, heißt es. Flixbus-Mitgründer André Schwämmlein hofft, dass der Einstieg ins deutsche Bahngeschäft neue Kundengruppen bringen wird.

 

Der Schritt kommt nicht überraschend. Flixbus expandiert mit seinem Geschäftsmodell, das auf starken Online-Ticketvertrieb und schlanke Strukturen setzt, rasant in halb Europa. In Österreich verknüpft der Fernbus-Anbieter bereits seit 2013 seine Linien mit dem privaten Bahnunternehmen Westbahn, in Tschechien und der Slowakei kooperiert man seit 2015 mit Leo-Express und in Deutschland mit den Kölner Verkehrsbetrieb KVB.

Hinter Flixbus steht auch Daimler

Hinter Flixbus stehen große US-Fonds und auch der Daimler-Konzern, der frühzeitig in das Unternehmen investiert hat. Seit dem Start im Jahr 2013 hat Flixbus das größte Fernbusnetz Europas aufgebaut, das inzwischen mehr als 200 000 Verbindungen pro Tag zu 1200 Zielen in 26 Ländern umfasst. Das Unternehmen hat keine eigenen Busse und Fahrer, sondern Verträge mit regionalen Busunternehmen und übernimmt dabei zentral die gesamte Netzplanung, Betriebssteuerung, die Ticketvermarktung, die Abwicklung und Abrechnung der Buchungen sowie die Kundenbetreuung.

Mit Flixbus bekommt die Deutsche Bahn, die bisher im Fernverkehr aus der Schiene kaum Konkurrenz hat, einen potenten Wettbewerber. Schon mit den Fernbussen hat Flixbus dem Staatskonzern und seinen ICE- und IC-Zügen viele Kunden abgejagt. Die Fernbus-Nutzer schätzen vor allem die umsteigefreien Direktverbindungen, die günstigen Preise, das unkomplizierte Buchen per Smartphone und den Service an Bord, besonders auch den freien Internetzugang.

Damit will Flixbus nun auch auf der Schiene punkten. In der Branche wird der Neustart der Locomore-Linie mit großem Interesse verfolgt. Fahrgast- und Verkehrsverbände begrüßen das Angebot als Alternative zur DB und hoffen, dass Leo-Express und Flixbus länger durchhalten als bisherige Fernzug-Anbieter.

Am 12. Mai stellte Locomore den Betrieb ein

Auch Locomore-Gründer Derek Ladewig war vorigen Dezember mit großen Hoffnungen und Plänen angetreten. Doch sein per Internet- und Crowdfunding-Kampagnen finanziertes, kapitalschwaches Berliner Start-up-Unternehmen musste bereits nach wenigen Monaten aufgeben und Insolvenz anmelden. Schon der Betriebsstart verlief holprig, es gab technische Probleme mit dem Zug, die Nachfrage unter der Woche war schwach, der Fahrplan musste ausgedünnt werden.

Am 12. Mai wurde dann der Betrieb eingestellt, bis dahin waren rund 70 000 Fahrgäste befördert worden. Danach suchte der Insolvenzverwalter nach neuen Investoren für die Firma, ihren Zug und die vertraglich gesicherten Fahrtzeiten im DB-Schienennetz. Flixbus zeigte früh Interesse und bot Locomore-Kunden, die von der Insolvenz betroffen waren, kostenlose Fernbus-Fahrten an. Ein Teil der 25 Locomore-Mitarbeiter wird nun weiter beschäftigt.

Flixbus schließt weitere Bahnangebote nicht aus. „Unser primäres Ziel ist aktuell, das Produkt Locomore erfolgreich zu machen“, sagte eine Flixbus-Sprecherin gegenüber dieser Zeitung. „Wenn das gut läuft und wir sehen eine Perspektive im Markt, dann bauen wir das Geschäft im Schienenverkehr vielleicht aus.“ Die Kooperation zwischen mit Leo-Express laufe dabei ähnlich wie die Zusammenarbeit mit den Bus-Partnern: „So kann jeder seine Stärken einbringen.“