Der Formel-1-Boss Bernie Ecclestone denkt über die Zukunft der Königsklasse nach. Sein Plan: statt vielen anfälligen Teams mit je zwei Autos will er künftig lieber acht Spitzenteams, die jeweils drei Autos einsetzen. Das gefällt nicht allen.

Suzuka - Achtmal drei, das soll die neue Erfolgsformel der Formel 1 sein, jedenfalls, wenn es nach Bernie Ecclestone geht. Und nach dem geht es ja bekanntlich, der Promoter scheint seinen 100-Millionen-Dollar-Deal mit der bayrischen Justiz möglichst schnell refinanzieren zu wollen. Dafür braucht er eine attraktive Königsklasse, und die bekommt er nach seiner Ansicht am ehesten durch eine radikale Gesundschrumpfung.

 

Statt der aktuellen, anfälligen Mischung aus Konzernrennställen, Semiwerksteams und Privatiers mit je zwei Rennwagen am Start möchte der bald 84-Jährige lieber acht gesunde Spitzenteams, die jeweils drei Autos einsetzen. Die Formel 1 würde über Nacht ein komplett neues Gesicht bekommen, entsprechend groß sind die Diskussionen im Fahrerlager vor dem großen Preis von Japan am Sonntag (8 Uhr/RTL) in Suzuka.

In den Verträgen des Formel-1-Rechteinhabers CVC, dessen Statthalter Mister E. ist, wird Veranstaltern und Fernsehsendern ein Starterfeld von mindestens 16 Autos garantiert. Besser noch wären weit mehr als 20 Rennwagen, wie sie die momentan elf Rennställe auch stellen. Doch eine Garantie ist das keine. Ausgelegt ist die Weltmeisterschaft für maximal 13 Teams, doch nicht nur Ecclestone bezweifelt, dass nach diesem Winter noch eine zweistellige Anzahl an Konstrukteuren übrig bleibt.

Geld ist der wahre Formel-1-Treibstoff

Wackelkandidaten sind das Caterham-Team mit seinen undurchsichtigen Besitzverhältnissen, der nach der Pleite der russischen Mutterfirma bangende Marussia-Rennstall, das im Vorjahr in die Finanzkrise gerutschte Schweizer Vorzeigeteam Sauber und der von Investoren geführte Lotus-Rennstall. Aber auch bei Force India wollen die Gerüchte über Schwierigkeiten nicht verstummen. Und Geld ist nun mal der wahre Treibstoff im prinzipiell teuren Metier Motorsport.

Und der von Ecclestone. CVC hat sich ausgerechnet, dass bei nur acht Rennställen etwa 100 Millionen Dollar weniger an Prämienausschüttung fällig wären. Allerdings nur, wenn die verbliebenen Teams nicht höhere Ansprüche stellen, weil sie ein zusätzliches Auto und damit zusätzliches Personal (inklusive neuen Fahrern) finanzieren müssen. Der Mercedes-Teamchef Toto Wolff hat die Mehrkosten auf etwa 25 Millionen Euro pro Jahr hochgerechnet, andere Teamchefs rechnen mit der Hälfte, Motorenleasingkunden mit nur ein paar Millionen. Zumal ein drittes Auto zusätzliche Bezahlfahrer anlocken würde.

Große Chance für die großen Teams

Mercedes, Ferrari oder Red Bull wären aber wohl eher dazu gezwungen, Piloten aus ihren Nachwuchsprogrammen einzusetzen – was für die Substanz der Formel 1 auf Sicht eher ein Vorteil ist. Das sportliche Risiko aber liegt darin, dass die großen, jetzt schon erfolgreichen Teams die Punkteränge beinahe allein belegen könnten – wo bliebe da dann noch die Motivation und die Chance auf mehr Preisgelder für die anderen?

„Allein die Diskussion über das dritte Auto zeigt schon, in was für einem Zustand sich unser Sport befindet“, sagt Claire Williams vom gleichnamigen Traditionsrennstall, „das entspricht nicht mehr den Genen der Formel 1. Ein solches Szenario bringt einen sportlichen Wertverlust mit. Wir müssen die bestehenden Teams schützen, um einen besseren Wettbewerb zu gewährleisten. Ich denke, dass wir eine gesunde Startaufstellung mit zehn Teams und jeweils zwei Autos haben wollen.“

Der Force-India-Boss Vijay Mallya schließt sich an: „Es sollte alles unternommen werden, damit alle Teams, die großen und die kleinen, überleben und Rennen fahren können.“ Das ginge aber nur durch eine Umverteilung der Einnahmen – und spätestens beim Geld hören der Spaß und die Solidarität dann endgültig auf. Eine richtige Formel Vernunft scheint es ohnehin nicht zu geben, die Branche verstrickt sich lieber in unsinnige und teure Diskussionen über Details. „Wahrscheinlich muss erst etwas Schlimmes passieren, bevor gehandelt wird“, sagt Monisha Kaltenborn vom Sauber-Team, „und ich habe das ungute Gefühl, dass etwas Drastisches passieren wird.“

Nur einer der üblichen Schnellschüsse Ecclestones?

Würde es nicht um die Existenzfrage gehen, könnte man die Pläne als einen der Schnellschüsse Ecclestones abtun, wie bei den doppelten Punkten im Saisonfinale oder dem – wieder zurückgenommenen – Funkverbot. So aber muss man sich ernsthaft mit dem Gedanken an Fahrertrios anfreunden, auch wenn der WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton augenzwinkernd mit Verweis auf das ohnehin schon erbittert geführte Mercedes-Duell mit dem Kollegen Nico Rosberg „doppelten Ärger“ befürchtet.

Für die Fans würde das ja auch eine vielfach gesteigerte Attraktivität bedeuten. Und es könnte die Lösung sein für die aktuellen Diskussionen, ob Fernando Alonso und Sebastian Vettel tatsächlich aus ihren aktuellen Verträgen herauskommen, um sich einem Konkurrenzteam anzuschließen oder einfach die Plätze zu tauschen. Was wären das für Teams: Alonso-Vettel-Ricciardo bei Red Bull Racing oder Vettel-Alonso-Räikkönen für Ferrari.

Pragmatisch sieht es allein Paul Hembery vom Reifenmonopolisten Pirelli: „Jeder Sport verändert sich von Zeit zu Zeit. Und wenn das die Zukunft ist, dann ist das die Zukunft.“ Für ihn ist das eine einfache Rechnung – mehr Autos, mehr Reifen, mehr Umsatz. Formel eins hoch drei.