Alle Fraktionen wollten sie haben, doch Wissenschaftsministerin Bauer verweigert dem U-Ausschuss die Akten zur Konstanzer Zulagenaffäre. Grund: es gehe um laufendes Regierungshandeln. Die FDP reagiert mit einer Drohung.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Zwischen dem Untersuchungsausschuss des Landtags zu fragwürdigen Zulagen für Professoren und der Landesregierung bahnt sich eine Kraftprobe an. Das Wissenschaftsministerium von Theresia Bauer (Grüne) weigert sich, dem mit Blick auf die Beamtenhochschule in Ludwigsburg eingesetzten Gremium die Akten zu vergleichbaren Vorgängen an der Hochschule Konstanz herauszugeben. Es gehe um laufendes Regierungshandeln und somit um den „Kernbereich der Exekutive“, begründet sie die Ablehnung. Entsprechende Informationen der Stuttgarter Zeitung bestätigte die Ausschussvorsitzende Sabine Kurtz (CDU). Man werde sich in der nächsten Sitzung am kommenden Montag „mit dem Einwand der Landesregierung befassen und dann das weitere Vorgehen besprechen“, sagte Kurtz. Die FDP hält die Weigerung zumindest teilweise für rechtswidrig und wirft Ministerin Bauer vor, die Aufklärung zu behindern.

 

Ebenso wie in Ludwigsburg gibt es in Konstanz den Verdacht, dass Zulagen für Professoren auf rechtlich fragwürdiger Grundlage gezahlt wurden. Dies war im Juli durch StZ-Recherchen bekannt geworden. Auf Geheiß der Wissenschaftsministerin durfte die einschlägige Richtlinie nicht mehr angewandt werden. Sie wird derzeit überarbeitet, eine Neufassung soll bis Oktober vorliegen. Auf Antrag von SPD und FDP hatte der U-Ausschuss mit den Stimmen aller Fraktionen beschlossen, auch die Vorgänge in Konstanz zu durchleuchten; dies sei von seinem Auftrag eindeutig gedeckt. Man wolle insbesondere wissen, warum Bauer in Konstanz früh eingegriffen und die Vorgänge zur Chefsache gemacht habe – ganz anders als in Ludwigsburg, wo sie lange auf die Hochschulautonomie verwies.

FDP droht mit weiterem U-Ausschuss

Die Ausschussvorsitzende Kurtz hatte sich stets skeptisch gezeigt, ob die Akten herausgegeben würden. Es handle sich wohl um laufendes Regierungshandeln, das nicht untersucht werden könne. Diese Argumentation will die FDP allenfalls teilweise gelten lassen, wie sie jetzt an Kurtz schrieb. In dem der StZ vorliegenden Brief rügt der FDP-Obmann Nico Weinmann, die Landesregierung breche ihre Zusage, „in der Zulagenaffäre insgesamt für Aufklärung und Transparenz sorgen zu wollen“. Es zeuge von mangelndem Respekt gegenüber dem Landtag, wenn dessen fraktionsübergreifender Beschluss „mit rein formaljuristischen, geradezu wortklauberisch anmutenden Argumenten abgelehnt wird“. Bauer solle zumindest einen Termin nennen, zu dem das Regierungshandeln in Konstanz abgeschlossen sei und die Akten übermittelt werden könnten, fordert Weinmann. Andernfalls müsse erwogen werden, zu Konstanz einen weiteren U-Ausschuss einzusetzen, droht er mehrfach.

Zu Unrecht verweigert das Ministerium aus Sicht des FDP-Juristen insbesondere die Herausgabe der Akten der Staatsanwaltschaft Konstanz. Diese hatte eine anonyme Strafanzeige gegen den Hochschulpräsidenten Carsten Manz geprüft, aber keine Ermittlungen eingeleitet; der dafür notwendige Anfangsverdacht liege nicht vor. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, nach seiner Kenntnis sei der Vorgang komplett abgeschlossen. Damit stehe der Weitergabe nichts mehr entgegen, meint Weinmann. Die Entscheidung darüber habe auch nicht Bauer zu treffen, sondern der offenbar nicht eingebundene Justizminister Guido Wolf (CDU). Das Vorgehen der Ministerin zeuge von einer „gewissen politischen Kaltschnäuzigkeit“.

Konstanzer Kanzlerin im Präsidium isoliert?

Auf StZ-Anfrage äußerte sich das Wissenschaftsressort auch zur Rolle der Kanzlerin Andrea Veith, die die Unregelmäßigkeiten in Konstanz aufgedeckt haben soll. Die Kanzlerin habe im März gegenüber dem Ministerium eine Stellungnahme abgegeben, obwohl eine entsprechende Aufforderung an das gesamte Präsidium ergangen sei. Daraufhin habe man ihre Darlegungen auch den anderen Präsidiumsmitgliedern zur Verfügung gestellt, teilte eine Sprecherin mit. Dies sei unerlässlich gewesen, weil die Hochschulspitze als kollegiales Leitungsorgan eine Gesamtverantwortung habe. Veiths Bericht habe daher nicht vertraulich behandelt werden können, was sie aber auch nicht erbeten habe. Das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen der Kanzlerin und dem übrigen Präsidium wurde dadurch dem Vernehmen nach zusätzlich belastet. Sie ist seit mehreren Monaten krankgeschrieben und war bisher nicht für eine Stellungnahme erreichbar.