Der kanadische Konzern übernimmt das Familienunternehmen für 1,75 Milliarden Euro. Die Arbeitsplätze und Werke sollen erhalten bleiben. Die Untergruppenbacher erhoffen sich damit die finanziellen Möglichkeiten für das künftige Wachstum.

Stuttgart - Der Getriebehersteller Getrag in Untergruppenbach erhält einen neuen Eigentümer. Der kanadische Zulieferer Magna erwirbt das Familienunternehmen vollständig für 1,75 Milliarden Euro. Das teilten beide Unternehmen mit. Zudem übernehme Magna Schulden in Höhe von 700 Millionen Euro. Die Beschäftigten wurden am Donnerstag informiert. Eine Informationsveranstaltung in Untergruppenbach, an der Getrag-Chef Mihir Kotecha auftrat, wurde zeitgleich an alle Getrag-Standorte übertragen.

 

Suche nach starken Partnern für Expansion war erfolgreich

Kotecha sagte in der anschließenden Telefonkonferenz, der Vorstand und die Eigentümerfamilie Hagenmeyer seien nach dem tiefen Einbruch in Folge der Wirtschaftskrise zu dem Schluss gekommen, dass man für die weitere Expansion einen starken Partner brauche. Man habe sich alle Alternativen angeschaut – dazu gehörten der Verkauf einer Minderheitsbeteiligung und auch einen Börsengang. Die Entscheidung fiel auf Magna, weil der Konzern die finanzielle Flexibilität, technologische Fähigkeiten und die Marktmacht eines Weltkonzerns bringe. Mit Magna an der Seite stoße Getrag in eine ganz neue Dimension vor, so Kotecha. „Wir kennen uns gut“, sagte er salopp. Schließlich haben Getrag und Magna in den vergangenen acht bis neun Jahren immer wieder miteinander über eine Verflechtung gesprochen.

Die Beschäftigten müssen sich zunächst nicht um ihre Arbeitsplätze sorgen. Ein Arbeitsplatzabbau sei nicht geplant, teilte das Unternehmen mit. Die Auftragsbücher seien gut gefüllt. Auch der Markenname und die Werke sollen erhalten bleiben, versicherte Kotecha. Künftig werde Getrag robuster gegen Marktschwankungen dastehen, begründete der Unternehmenschef die Entscheidung. Er sagte aber auch: „Gleichzeitig erwirbt Magna ein erfolgreiches Unternehmen, das seinen Umsatz seit 2009 erheblich steigern konnte und im vergangenen Jahr rund eine Milliarde Euro in Standorte und globale Expansion investiert hat.“ Magna habe „im Zuge der fortwährenden Überprüfung unserer Produktpalette die Erweiterung unserer Antriebssparte als strategisch vorrangig identifiziert“, kommentierte Magna-Chef Don Walker das Geschäft: „Getrag passt ausgezeichnet zu dieser Strategie.“ Nach Walkers Worten sind die Deutschen Technologieführer auf dem Gebiet von Produkten – gemeint sind Doppelkupplungsgetriebe – die „von Trends in der Industrie profitieren, welche die Energieeffizienz in Fahrzeugen und einen geringeren Schadstoffausstoß vorantreiben“. Die Untergruppenbacher, die ein Joint Venture mit Ford haben, beliefern unter anderem BMW, Daimler, Renault und Volvo.

IG Metall bedauert Verkauf des Familienunternehmens

Mit gemischten Gefühlen reagierte die IG Metall. „Wir bedauern einerseits, dass ein traditionelles baden-württembergisches Familienunternehmen von den Gründern verkauft wird. Andererseits begrüßen wir es, dass mit Magna ein strategischer Investor gefunden wurde, bei dem Getrag gut ins Portfolio passt. Unsere klare Erwartung ist, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben und die Standorte zukunftssicher gemacht werden. Darüber werden wir zeitnah Gespräche mit der Unternehmensleitung führen,“ kommentierte Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg. Bisher hielten Tobias Hagenmeyer und seine zwei Söhne die Getrag-Anteile. Hagemeyer, ein begeisterter Rennfahrer, hatte 1982 die Leitung des Unternehmens von seinem verstorbenen Vater übernommen. Heute ist von der Familie niemand in der Geschäftsführung aktiv. Dem Geschäft müssen noch die Kartellbehörden zustimmen. Mit dem Vollzug rechnet Getrag bis Ende des Jahres.