Die SPD will noch mehr Schulen erlauben, G9-Züge anzubieten, die Grünen sind dagegen. Ein Hintertürchen hält man sich aber offen. Die Opposition hält den ganzen Modellversuch für falsch.

Die SPD will noch mehr Schulen erlauben, G9-Züge anzubieten, die Grünen sind dagegen. Ein Hintertürchen hält man sich aber offen. Die Opposition hält den ganzen Modellversuch für falsch.

 

Stuttgart - Im koalitionsinternen Konflikt um das Turbo-Abitur in acht Jahren dringt die SPD weiter auf Korrekturen. Fraktionschef Claus Schmiedel bekräftigte, dass er die Zahl von 44 Modellschulen, die ein neunjähriges Abitur (G9) anbieten dürfen, für zu niedrig hält. Die Frage sei, ob das eine angemessene Antwort auf den Wunsch vieler Eltern sei, ihren Kindern mehr Zeit zum Abitur zu lassen. Die Grünen sind bislang dagegen, mehr Modellschulen zuzulassen. Die Opposition hält den Versuch an sich für falsch.

Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann sagte, sie sehe im Moment keinen Bedarf, die bisherige Linie zu verlassen. Jedoch hielt sie sich ein Hintertürchen offen: „Selbstverständlich schauen wir uns immer an, was im Land passiert.“ Grünen-Landeschefin Thekla Walker warnte am Dienstag davor, die Debatte um die Zukunft des Gymnasiums auf die Frage G8 oder G9 zu verkürzen. Die G8-Angebote müssten verbessert werden. „Wir suchen nach einer Lösung, die in die Schullandschaft Baden-Württembergs passt.“

Run auf die G9-Züge

Grün-Rot hatte vereinbart, bis zum Ende der Legislatur am achtjährigen Gymnasium festzuhalten, ab 2016 aber möglicherweise Korrekturen anzubringen. Hintergrund ist der Run auf die G9-Züge.

Schmiedel hatte vor längerer Zeit angeregt, die Zahl der G9-Modellschulen auf 120 anzuheben. Das wären mehr als ein Viertel aller Gymnasien. Die Grünen zogen da aber nicht mit. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte: „In ihrem Koalitionsstreit über das Gymnasium sollten Grüne und SPD sich davor hüten, ihren vollständig sachfremden Kompromiss von 44 G9-Modellversuchen nun auch noch auf 120 Modellversuche auszuweiten und damit die ohnehin schon aufgeworfenen Gerechtigkeitsfragen vor Ort noch zu verschärfen.“

Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Georg Wacker, meinte: „Der Modellversuch G9 ist und bleibt bildungspolitischer Murks.“ Es brauche endlich eine klare Linie, wie das Gymnasium in Baden-Württemberg künftig ausgestaltet sein soll.

Rülke schlug vor, allen Gymnasien die Lehrerwochenstunden-Ausstattung des achtjährigen Gymnasiums zukommen lassen, um wieder „einigermaßen faire Ausgangsbedingungen“ zu schaffen. Zugleich sollten die Schulen die Freiheit bekommen, diese Personalressourcen entsprechend der Nachfrage vor Ort auf acht oder neun Jahre zu verteilen.

Diskussion wird bundesweit geführt

Bundesweit gibt es eine Diskussion ums Turbo-Abitur: Das rot-grüne Niedersachsen hatte kürzlich als erstes Bundesland erklärt, das Abitur in acht Jahren abschaffen zu wollen. Auch in Bayern ist das G8 umstritten. Allerdings scheiterte dort kürzlich ein Volksbegehren, mit denen die Freien Wähler ein Wahlrecht für Eltern und Schülern zwischen acht- oder neunjährigem Gymnasium durchsetzen wollten.

Schmiedel äußerte Hoffnungen, das sich der grüne Koalitionspartner doch noch bewegt - auch wenn sich selbst Kultusminister Andreas Stoch (SPD) bei dem Thema zurückhaltend zeigt. „Jetzt warten wir mal den Sommer ab. Dann sehen wir weiter“, sagte Schmiedel, ohne konkret zu werden.

Baden-Württemberg hatte das achtjährige Abitur noch unter der CDU-geführten Vorgängerregierung eingeführt. Allerdings wird das G8 mittlerweile auch in der CDU hinterfragt. So hatte sich CDU-Landeschef Thomas Strobl vor zwei Monaten dafür ausgesprochen, dass Schüler zwischen dem acht- und neunjährigen Gymnasium im Südwesten frei wählen können sollten. Strobl bewirbt sich um die CDU-Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2016.