Mit „The Texas Chainsaw Massacre“ von 1974 hat der Texaner Tobe Hooper das moderne Horrorkino stark geprägt. Nun ist er im Alter von 74 Jahren gestorben.

Stuttgart - Der Hut eines Stalljungen in Texas bietet mehr Platz als das Apartment eines Junganwalts in Manhattan. Texas, behaupten die Cowboys darum, sei das eigentliche Amerika. Andere Provinzler in den USA denken von ihren Krähwinkeln ganz ähnlich. Der Filmemacher Tobe Hooper, der am 26. August im Alter von 74 Jahren gestorben ist, war ein Junge aus Texas. Aber den Anspruch der Provinz, das eigentliche Amerika zu sein, stellte er auf den Kopf. Aus dem Herzland wurde bei ihm ein kranker Pfuhl der irren Bosheit, in einem der einflussreichsten Filme der Horrorkinogeschichte: „The Texas Chainsaw Massacre“ von 1974.

 

Gedreht für weniger als 300 000 Dollar, erzählt dieser späte für lange Zeit auf dem Index deutscher Jugendschützer landende Film von ein paar lässigen Anhängern der Gegenkultur, die sich bei einer Fahrt durch Texas unter latent aggressiven Provinzlern finden. Sein Bild des Hinterlands spitzt Hooper in einer Sippschaft kannibalistischer Wahnsinniger zu, die Jagd auf die Fremden machen. Einer von denen sitzt im Rollstuhl, Sinnbild der Benachteiligung des liberalen Amerika, dem Hooper erzählte, eine große, komplett irrationale konservative Wut warte nur darauf, es zu fressen.

Der Schrecken im leeren Rauschen

Er sei, hat der am 25, Januar 1943 in Austin Geborene erzählt, als Langhaariger in Zeiten der Vietnamkriegsproteste in Texas viel herumgeschubst worden, habe bedrohliche Intoleranz erfahren. Er hatte auch erlebt, wie das Horrorkino sich zur Institution galliger Gesellschaftskritik entwickelte, mit Werken wie George A. Romeros „Night of the Living Dead“ (1968) und Wes Cravens „The Last House on the Left" (1972). So wählte Hooper nach Versuchen als Dokumentarist den Horror als Ausdrucksform.

Nichts anderes in seinem Werk, nicht der TV-Mehrteiler „Salem’s Lot“ (1979), nicht der Weltraum-Vampire-Grusler „Lifeforce“ (1985), kam an die Wucht von „The Texas Chainsaw Massacre“ heran. Einzig „Poltergeist“, den Hooper 1982 für den Produzenten Steven Spielberg inszenierte, bringt Dinge ähnlich auf den Punkt. Das alte Motiv unheimlicher Mächte, die ins Diesseits vordringen, wird ins Rauschen programmloser Fernsehbilder verlagert, ins plötzlich bedrohliche Zurückglotzen der allgegenwärtigen Apparate, in denen sich hinter dem Programm noch etwas verbirgt – eine wunderbare Variante von Marshall McLuhans Satz, das Medium sei die Botschaft. Aber früh haben Beteiligte des Drehs erzählt, Spielberg habe bis ins Detail inszeniert, Hooper nur assistiert. Das bestärkt das Bild eines Filmemachers, der sich in einem harten Geschäft nicht wirklich etablieren konnte. Er blieb der Junge aus Texas, den ausgebuffte Produzenten entmachteten. Nicht immer sind es die Provinzler, die keine Rücksicht nehmen.