Lange Zeit wurde in der EU über eine Entschärfung der Russland-Sanktionen diskutiert. Nach der Zuspitzung des Ukrainekonflikts dreht sich die Stimmung in die andere Richtung. Die Bundesregierung ruft zur Besonnenheit auf.

Lissabon - Bundesaußenminister Heiko Maas hat einer Ausweitung der Sanktionen gegen Russland wegen der Eskalation der Ukrainekrise eine klare Absage erteilt. Bei seinem Antrittsbesuch in Portugal betonte er am Freitag, dass es jetzt um eine Entschärfung des Konflikts gehen müsse. „Insofern halte ich es für falsch, jetzt über neue Sanktionen zu reden.“

 

Vorletztes Wochenende war der Ukrainekonflikt vor der Küste der von Russland vereinnahmten Halbinsel Krim eskaliert. Die russische Küstenwache hatte drei ukrainischen Schiffen die Passage durch die Straße von Kertsch in das Asowsche Meer verweigert. Die zwei Marineboote und ein Schlepper wurden festgesetzt und 24 Besatzungsmitglieder verhaftet. Moskau betrachtet die Straße von Kertsch als alleiniges russisches Hoheitsgebiet. Der Zwischenfall hat erhebliche Spannungen zwischen Moskau und Kiew ausgelöst.

Die Europäische Union entscheidet bei ihrem Gipfeltreffen nächste Woche Donnerstag und Freitag in Brüssel über eine Verlängerung der Sanktionen gegen Russland wegen der Vereinnahmung der ukrainischen Krim, die sonst am 31. Januar auslaufen. Die baltischen Staaten und Polen könnten angesichts der Zuspitzung der Ukrainekrise bei dem Gipfel auf neue Strafmaßnahmen dringen.

Deutschland und Frankreich wollen vermitteln

Nach Auffassung Maas’ hätte ein solcher Vorstoß aber keine Erfolgschancen. „Ich sehe nicht, dass es innerhalb der Europäischen Union einen Konsens darüber gäbe, neue Sanktionen aufzurufen“, sagte er.

Deutschland und Frankreich wollen vor dem EU-Gipfel am Dienstag zwischen Russland und der Ukraine vermitteln. Dann treffen sich die außenpolitischen Sprecher der Staats- und Regierungschefs der vier Länder in Berlin. „Wir werden alles, was in unserer Macht steht, dazu beitragen, dass dieser Konflikt deeskaliert wird“, betonte Maas.

Der Außenminister erteilte auch Forderungen osteuropäischer EU-Mitgliedstaaten und der USA nach einem Stopp der geplanten Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland eine klare Absage. „Ich halte nichts davon, Dinge miteinander zu vermischen, die nichts miteinander zu tun haben“, sagte er.

Die Pipeline sei ein wirtschaftliches Projekt. Ein Rückzug der deutschen Unternehmen würde nicht bedeuten, dass es nicht gebaut würde, betonte der SPD-Politiker. „Sondern es würde bedeuten, dass Russland dieses Projekt alleine realisieren würde.“

Angesichts der Eskalation zwischen Russland und der Ukraine kommen inzwischen auch aus der Union verstärkt Zweifel an dem Projekt. So hat der CDU-Politiker Friedrich Merz vor der Entscheidung über die Nachfolge von Angela Merkel an der Parteispitze gesagt: „Je mehr der Konflikt eskaliert, je mehr kommt die Frage in den Fokus: Ist es wirklich richtig, dass wir diese Pipeline bauen?“ Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat allerdings wie Maas davor gewarnt, Nord Stream 2 mit der aktuellen Eskalation der Ukrainekrise zu vermischen.