Applaus von der CDU erntet Integrationsministerin Öney selten. Aber wenn es um den Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern geht, sind sich die SPD-Frau und ihr ärgster Kritiker ausnahmsweise einig.

Ulm/Stuttgart - Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) hat sich angesichts steigender Flüchtlingszahlen für konsequente Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber ausgesprochen. Das sei im politisch-medialen Diskurs zwar unpopulär, sagte sie der Ulmer „Südwest Presse“ (Mittwoch).

 

„Aber auch das gehört dazu, wenn wir das Asylrecht für die wirklich politisch Verfolgten erhalten wollen.“ Die Stimmung in der Bevölkerung sei gut. „Aber man darf den guten Willen der Bürger nicht missbrauchen. Sie mögen es nicht, wenn das Asylrecht missbraucht wird.“ Für diese Worte erntete die Integrationsministerin ungewohnten Beifall aus der CDU, aber Kritik vom Flüchtlingsrat.

Die Vorsitzende des Flüchtlingsrates Baden-Württemberg, Angelika von Loeper, sagte der Deutschen Presse-Agentur, mit populistisch klingenden Äußerungen komme man nicht weiter. Öney habe als Integrationsministerin erst einmal die Aufgabe, für eine humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen zu sorgen und nicht große Reden von einem Missbrauch des Asylrechts zu schwingen. „Jeder, der hierherkommt, darf sich subjektiv auf das Asylrecht berufen. Und einen Asylantrag zu stellen, ist kein Missbrauch“, machte sie klar. Für das Thema Abschiebungen sei das Innenministerium zuständig, sagte von Loeper in Richtung Öney.

In Baden-Württemberg dringt vor allem die CDU seit Monaten darauf, vorgesehene Abschiebungen auch durchzuführen. Öney erntete für ihre jüngsten Äußerungen Zustimmung des CDU-Integrationsexperten Bernhard Lasotta, der als ihr größter Kritiker gilt. „Frau Öney findet unsere Unterstützung, wenn es darum geht, Anreize für Armutsflüchtlinge, die kein Asyl in Deutschland genießen, zu vermindern und abgelehnte Asylbewerber schneller zurückzuführen.“

Der CDU-Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2016, Guido Wolf, meinte: „Jede Politikerin und jeder Politiker können Tag für Tag dazulernen, und es ist erfreulich, dass Ministerin Öney jetzt auf unsere seit Jahren vertretene Linie einschwenkt.“ Die Bereitschaft der Menschen im Land, den Flüchtlingen zu helfen, sei bemerkenswert hoch. „Diese Stimmung darf nicht durch unrechtmäßige Praktiken beim Asylverfahren gefährdet werden.“

Öney: Grenzkontrollen gegen Asyl-Missbrauch

Lasotta beobachtet aber innerhalb der grün-roten Landesregierung einen Zwist: Innenminister Reinhold Gall (SPD) versuche abzuschieben. „Aber die Grünen begleiten das immer sehr kritisch und unterstützen die Gruppen vor Ort, die gegen Rückführungen kämpfen.“ Zuletzt haben mindestens 50 Flüchtlingshelfer mit einer Blockadeaktion in Müllheim (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) Abschiebungen von zwei Flüchtlingen vorerst verhindert. Im Januar und Februar hatte die Abschiebung einer Freiburger Roma-Familie mit sechs kleinen Kindern nach Serbien für große Diskussionen gesorgt. Damals musste die grün-rote Landesregierung auch Kritik aus den eigenen Reihen einstecken.

Öney hatte in der Debatte um Flüchtlinge aus dem Kosovo bereits Grenzkontrollen gefordert und dafür Missfallen geerntet. „Aber andere wirksame Möglichkeiten gibt es nicht mit Blick auf die Verhinderung von Asyl-Missbrauch“, sagte sie der Zeitung. Auch beim Thema innere Sicherheit seien Grenzkontrollen vernünftig, etwa um Einbruchsserien von fahrenden Banden zu stoppen. „Ich verstehe meine Arbeit so, mir auch über solche Dinge Gedanken zu machen“, sagte die Ministerin. „Integrationspolitik ist kein Schönheitswettbewerb. Manchmal würde ich mir aber in diesen Fragen mehr Unterstützung wünschen.“

In Baden-Württemberg werden im laufenden Jahr nach aktueller Prognose 33 000 neue Flüchtlinge erwartet. Das sind deutlich mehr als 2014, als knapp 26.000 Menschen erstmals einen Antrag auf Asyl stellten.