Vorgetäuschte Liebesbeziehungen, Scheinvaterschaften, falsche Gewerbeanmeldungen: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich will gegen den Missbrauch bei der Zuwanderung vorgehen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Mit seiner Warnung vor dem Missbrauch deutscher Sozialsysteme durch osteuropäische Zuwanderer hat sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich in eine Konfrontation mit der EU-Kommission begeben. Die Freizügigkeit in Europa dürfte nicht dazu führen, dass man wegen höherer Sozialhilfe das Land wechsle, warnt der CSU-Politiker. Die EU-Kommission widerspricht: Die Sozialsysteme westeuropäischer Staaten würden durch Einwanderer aus Ländern wie Rumänien oder Bulgarien nur wenig belastet.

 

In einer der StZ vorliegenden Dokumentation des Innenministeriums für die EU-Kommission wird der Trend eines stark wachsenden Zuzugs aus Osteuropa deutlich. Nun hat die gute Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage dazu geführt, dass die Zahl der Leistungsbezieher nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) von 2010 bis 2012 um 8,5 Prozent gesunken ist – dass hingegen aber auch vier Prozent mehr Bürger aus der EU diese Leistungen beansprucht haben. Einige Kommunen leiden besonders unter den neuen Belastungen für die Sozialsysteme. Für Arbeitsuchende aus den sogenannten EU-2-Staaten (also Rumänien und Bulgarien, für die von Januar 2014 an die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt) sind die Leistungen im Jahr 2012 gegenüber 2011 beispielsweise in Berlin um 38,3 Prozent gestiegen, in Mannheim um 59,0 Prozent, in Offenbach um 69,8 Prozent und in München um 60 Prozent. Diese Zuwächse, so das Innenministerium, bewegten sich auf einem relativ niedrigen absoluten Niveau. „Besorgnis erregend sind jedoch die hohen Zuwachsraten“, heißt es.

Eheleute können sich nur mit Dolmetscher verständigen

Eine Gefahr für den „Gedanken der europäischen Solidarität“ sieht das Innenministerium im zunehmenden Betrug zur Erlangung des Freizügigkeitsrechts. Derzeit entstünden durch Scheinehen mit Drittstaatsangehörigen – also Menschen, die nicht aus einem EU-Mitgliedstaat kommen – die größten Probleme. In jüngster Zeit seien vermehrt Fälle registriert worden, in denen Serben EU-Bürgerinnen (vor allem aus neuen Mitgliedstaaten) ehelichen, um ein Aufenthaltsrecht in der Union zu erlangen. Allein Hessen habe mindestens 167 Verdachtsfälle nach diesem Muster aufgedeckt.

Demzufolge erfolgen die Eheschließungen wenige Tage vor der Einreise in die Bundesrepublik. Die Eheleute können sich untereinander nicht einmal verständigen und werden bei den Ausländerbehörden von Dolmetschern begleitet, die die Kommunikation übernehmen und die Dokumente vorlegen. Dabei handelt es sich stets um die gleichen vier bis fünf Dolmetscher. Mitunter stehen die Fälle auch im Zusammenhang mit (Zwangs-)Prostitution.

Viele Gewerbeanmeldungen sind unbegründet

Auch mit Scheinvaterschaften und falschen Angaben zum Wohnsitz wird betrogen – oder mit Scheinselbstständigkeiten. Gemeint ist die Anmeldung eines selbstständigen Gewerbes, obwohl die Einkünfte nicht zum Leben ausreichen. Ergänzend beantragen die Neubürger dann Sozialhilfe. In Mannheim zum Beispiel sind von etwa 3500 Gewerbeanmeldungen gut 2000 Gewerbe durch die Behörden wieder abgemeldet worden, weil sich herausstellte, dass es sie tatsächlich gar nicht gab.