Schock in Mittelitalien: Innerhalb von zwei Stunden wird die Region am Mittwochabend von zwei Beben erschüttert. Ein Bürgermeister spricht von „apokalyptischen“ Zuständen. Doch im Vergleich zum tödlichen Erdbeben im August geht es offenbar diesmal glimpflich aus.

Rom - Zwei heftige Erdstöße in Mittelitalien haben am Mittwoch böse Erinnerungen an das schwere Beben vor gut zwei Monaten mit fast 300 Toten geweckt. Von hohen Opferzahlen blieb die betroffene Region diesmal indes verschont. Bis Donnerstagmorgen gab es ein Todesopfer zu beklagen, mehrere Menschen wurden leicht verletzt. Doch kam es zu schweren Schäden an Kirchen und Gebäuden in den den betroffenen Regionen Marken und Umbrien. Zivilschutzchef Fabrizio Curcio sprach gleichwohl von einem glimpflichen Ausgang. „Alles in allem, besagen die bisherigen Informationen, dass es nicht so katastrophisch ist wie es hätte sein können“, sagte er in der Nacht zum Donnerstag.

 

Bei den zwei Beben vom Vorabend handelte es sich nach Angaben von amerikanischen Seismologen um Nachbeben des schweren Erdstoßes vom 24. August, der Tod und Zerstörung über das Dorf Amatrice und nahe Ortschaften gebracht hatte. Das erste Beben der Stärke 5,4 ereignete sich um 19:10 Uhr, sein Epizentrum lag in der Provinz Macerata nahe der Stadt Visso, wie die amerikanische Erdbebenwarte USGS mitteilte. Es hatte demnach eine Tiefe von rund zehn Kilometern. Das mit 6,1 acht Mal stärkere zweite Beben trug sich etwa zwei Stunden später zu. In der Folge gab es fast 60 weitere Nachbeben.

Da viele Anwohner schon nach dem ersten Beben die Flucht ergriffen und die Nacht in Autos oder andernorts verbringen wollten, seien sie beim zweiten Erdstoß nicht zu Hause gewesen, sagten Vertreter der Behörden. Dies habe vermutlich Leben gerettet.

Marco Rinaldi, der Bürgermeister der hart getroffenen Stadt Ussita, meldete schwere Schäden. Es sei „apokalyptisch“ gewesen, der Ort erledigt, sagte er dem Sender Sky TG24. Viele Häuser seien eingestürzt. „Ich habe schon viele Erdbeben miterlebt, aber dieses war das stärkste in meinem Leben.“ Die Fassade einer Kirche sei in sich zusammengefallen, in den Straßen hätten Menschen um Hilfe geschrien, der Strom sei ausgefallen. Zwei ältere Anwohner seien aus einem Haus gerettet worden, in dem sie eingeschlossen gewesen seien, berichtete Rinaldi weiter.

Renzi unterbricht Besuch im Süden des Landes

Aus Tolentino in der Region Marken eine tödliche Herzattacke eines 73-jähriger Mannes gemeldet, die vermutlich durch die Beben ausgelöst worden sei, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa.

In der Gemeinde Castelsantangelo sul Nera in der Nähe des Epizentrums forderte Bürgermeister Maruo Falcucci Hilfe an. Dort sei der Strom ausgefallen. „Wir können nichts sehen. Es ist hart. Echt hart“, sagte er.

Aus dem nahe dem Epizentrum gelegenen Visso meldete Bürgermeister Guiliano Pazzaglini, Priorität habe nun die Versorgung geflüchteter Anwohner. Sie bräuchten Trinkwasser, Toiletten und etwas Warmes zu Essen, sagte er der Nachrichtenagentur AP. „Dann müssen wir natürlich anfangen, Zelte aufzubauen.“ Mit rund 100 Menschen hatte Pazzaglini in einem vom Roten Kreuz eingerichteten Zentrum Zuflucht gefunden. Viele weitere verbrachten die Nacht in ihren Autos.

Am Donnerstag sollten als Vorsichtsmaßnahme Schulen in den betroffenen Regionen geschlossen bleiben.

Ministerpräsident Matteo Renzi unterbrach einen Besuch im Süden des Landes, um die Lage im Auge zu behalten. „Ganz Italien schlißt nun jene in die Arme, die erneut getroffen wurden“, twitterte er.