Von „O2 World“ zur „Mercedes-Benz-Arena“: Daimler lässt sich die Namensrechte für die Konzerthalle nahe dem Berliner Ostbahnhof angeblich bis zu 130 Millionen Euro kosten.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Es sind die großen Namen des Rocks. Santana, U2 und Mark Knopfler werden auf ihren Tourneen in diesem Jahr auch in Berlin gastieren. Natürlich in der größten Konzerthalle der Hauptstadt. Allerdings werden sich die Besucher dann an einen neuen Namen der Spielstätte gewöhnen müssen. Vom 1. Juli an wird die „O2 World“ nahe dem Berliner Ostbahnhof „Mercedes-Benz Arena“ heißen und damit den Namen der Stuttgarter Automarke tragen.

 

Hinter dem Namenswechsel steht ein teures Geschäft. Für 20 Jahre soll Daimler bis zu 130 Millionen Euro für die Namensrechte bezahlen, heißt es. Eine Sprecherin der Vertriebstochter in Berlin will das nicht kommentieren und betont, die Umbenennung sei „ein Bekenntnis zum Standort Berlin“. Auf den Werbeeffekt durch die Namensrechte an Stadien und Konzerthallen setzt der Konzern auch andernorts. So steht in Shanghai bereits eine „Mercedes-Benz Arena“, ebenso firmiert das frühere Neckarstadion, die Heimstätte des VfB Stuttgart, unter diesem Namen.

Kaum ein Unternehmen beherrscht die lukrative Vermarktung von Hallen und Stadien besser als die Anschutz Entertainment Group aus Los Angeles. Das US-Familienunternehmen des Milliardärs Philip Frederick Anschutz ist der zweitgrößte Konzertveranstalter weltweit, besitzt rund um den Globus mehr als 100 Veranstaltungsstätten und zudem Eishockey-, Basketball- und Fußballmannschaften in vielen Profiligen. So baute Anschutz in LA das berühmte „Staples Center“, das nach einem Händler für Bürobedarf benannt wurde. In Deutschland gehören dem Konzern die beiden „O2 World“-Hallen in Berlin und Hamburg und dazu die beiden Eishockey-Teams Eisbären Berlin und Hamburg Freezers. Mit dem Verkauf der Namensrechte finanziert Anschutz seine Geschäfte inzwischen zu beträchtlichen Teilen. „Wir bauen keine Halle ohne Partner“, sagte ein Firmensprecher in Berlin. So soll in Los Angeles die riesige neue Multifunktionsarena „Farmer’s Fields“ entstehen, die nach einer Versicherung benannt ist. Angeblich zahlt der Versicherer rund 700 Millionen Dollar, damit die Arena 30 Jahre lang seinen Namen trägt.

Kommerzialisierung der Namensgebung setzt sich durch

Ob sich so viel Geld für die Marken- und Imagewerbung wirklich rechnet, ist unter Experten umstritten und kaum nachweisbar. In den USA haben solche Geschäfte aber lange Tradition. Schon in den 1920er Jahren übernahm die Familie des Kaugummi-Herstellers Wrigley ein Baseballstadion in Chicago, das danach in Wrigley Field umbenannt wurde. In Deutschland galten solche vom Kommerz getriebenen Namensgebungen lange als Schleichwerbung und waren verpönt. Allenfalls große Persönlichkeiten aus der Wirtschaft wurden gewürdigt, indem auch Stadien nach ihnen benannt wurden. So hieß das Neckarstadion in Stuttgart von Anfang der 1990er Jahre an „Gottlieb-Daimler-Stadion“, bevor es ab 2008 umgebaut und danach zur „Mercedes-Benz Arena“ wurde. Als erster großer Handel mit Namensrechten bei großen Veranstaltungsstätten in Deutschland gilt das Volksparkstadion in Hamburg, das 2001 zur „AOL Arena“ wurde, später zur „HSH Nordbank Arena“ und dann zur „Imtech Arena“. Nach der Jahrtausendwende setzte sich die nicht unumstrittene Kommerzialisierung immer weiter durch. So wurde 2008 die größte deutsche Halle, die Kölnarena, für zehn Jahre nach dem Chemiekonzern Lanxess benannt. In Stuttgart entstand die „Porsche-Arena“ im Neckarpark, der Autokonzern soll zehn Millionen Euro gezahlt haben, damit die Namensrechte zwanzig Jahre ihm gehören.

In Berlin hatte 2006 der Telefonriese Telefonica die Namensrechte an der „O2 World“ erworben, die zwei Jahre später auf einem 20 Hektar großen Areal im Osten der Stadt eröffnete. Der Vertrag sollte 15 Jahre laufen, die Spanier nutzten aber eine Ausstiegsklausel. Nun stehen erst einmal Umbauten an. So soll die 17 000 Zuschauer fassende Arena nicht mehr in blau leuchten, sondern eher gediegen silber-anthrazit in den Farben der Automarke mit dem Stern. Auf dem postmodernen Hallendach soll allerdings kein Stern montiert werden – der dreht sich schon nebenan auf dem Dach der Vertriebszentrale des Konzerns.