Ansichtspostkarten von Fußgängerzonen Die goldene Ära der „Fuzo“ in Stuttgart und anderswo
Die Schulstraße in Stuttgart galt Anfang der fünfziger Jahre als vorbildliches Fußgängerzonen-Modell – und war, so wie die autofreien Ladenmeilen in vielen deutschen Klein- und Großstädten, ein beliebtes Postkartenmotiv. Was lässt sich aus Ansichtskarten über den Wandel der Städte in Ost und West ablesen?
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Foto Bahnhofsbuchhandlung Konrad Wittwer/ H. Schreiber
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Ein bisschen wie im orientalischen Basar: die Stuttgarter Schulstraße auf einer Ansichtspostkarte Ende der siebziger Jahre
Foto Krüger
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Unten drängeln und kaufen, oben entspannen bei Kaffee und Kuchen: Die Schulstraße inszeniert das Einkaufserlebnis auf zwei Ebenen, das machte die 1953 eröffnete Fußgängerzone zu etwas Besonderem. Die Ansichtspostkarte stammt aus den Siebzigern.
Foto Gebr. Metz Tübingen (hdgbw, Stuttgart)
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Diese Schwarz-Weiß-Postkarte zeigt das Terrassengeschoss der schluchtartigen Schulstraße kurz nach der Fertigstellung an einem Vormittag – sich zum Frühstück im Café niederzulassen, sei in den Fünfzigern nicht nur in der schwäbischen Hauptstadt noch unüblich gewesen, schreibt der Buchautor, um die leeren Tische zu erklären. An der Ecke rechts das Union-Warenhaus, gegenüber das Café Nagel. Bevor wir die beiden weiteren Stuttgarter Motive zeigen, folgen zunächst markante Fußgängerzonen-Ansichten aus anderen Städten.
Foto Wolfgang Hans Klocke Verlag Paderborn
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Seiner Heimatstadt Paderborn widmet der passionierte Postkartensammler Brinkmann ein eigenes Kapitel. Hier der Marienplatz mit Blick aufs Rathaus um 1960, als sich Fußgänger den Platz noch mit Bahnen und Autos teilen mussten. Die Umwandlung in eine Fußgängerzone erfolgte in den Siebzigern.
Foto Geb. Spanjersberg N.V., Rotterdam
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Sie galt in der Fachwelt als eine der besten städtebaulichen Verwirklichung des neuen Stadtraumtyps Fußgängerzone: die Lijnbaan in Rotterdam, die das Stadtzentrum auf 1100 Metern durchzieht.
Foto Bild-Druck & Verlag GmbH, Lübeck
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Die Treppenstraße in Kassel war eine der ersten deutschen Fußgängerzonen, ihre Terrassierung machte sie zu einem beliebten Postkartenmotiv – ein Ort, der den Wiederaufbau der stark kriegszerstörten Stadt repräsentieren sollte.
Foto VEB Bilddruck Magdeburg
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Die Karl-Marx-Straße in Magdeburg war in der DDR eine der ersten Fußgängerzonen, wobei sich die Passanten den Raum mit der Straßenbahn teilen müssen. Typisch: die industriell erstellten Wohnhochhausscheiben, die den weiten Raum fassen, im Zentrum das Haus der Lehrer mit seiner die Vertikale betonenden Vorhangfassade. Die Postkarte stammt aus dem Jahr 1972.
Foto Julius Henze, Höxter, Thea Schmidtke
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Frühling auf dem Marktplatz des Städtchens Höxter an der Weser: Mit Beeten in diversen Ausführungen brachte man Farbe in die Fußgängerzone. Hochbeete wie das Exemplar auf dem Bild dienten gleichzeitig als Sitzgelegenheit oder Kletterelement für die Jüngeren.
Foto Schöning & Co.
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Wer einkauft, braucht auch eine Pause und Stärkung in Form von Kaffee oder Pils: In der Essener Hauptgeschäftsmeile Kettwiger Straße sind die Außenflächen von Cafés und Restaurants in der Mitte der Flanierzone angeordnet.
Foto E.Wehner Verlag, Berlin
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Im Lauf der sechziger Jahre wanderte das Shopping-Erlebnis an den Stadtrand: Landauf, landab entstanden Einkaufszentren wie dieses hier in Berlin-Reinickendorf, dessen Hauptattraktion wohl darin bestand, mit einem großen Parkplatz ausgestattet zu sein, sodass man direkt vor den Geschäften parken konnte. Diese mobile Erschließung macht die Center bis heute zum Feind der Kommerzmeilen in den Innenstädten.
Foto Bahnhofbuchhandlung Konrad Wittwer, Stuttgart. Foto: H. Schreiber
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Und hier noch die beiden weiteren Stuttgarter Motive: der schöne Pusteblume-Brunnen. Der Stuttgarter Architekt Günter Behnisch hat ihn nach einem Entwurf Bob Woodwards für Sydney in der untern Königstraße 1977 umgesetzt. Typisch war die Idee, die Fassung des Wasserbeckens als Sitzgelegenheit einzusetzen.
Foto Gebr. Metz Tübingen (hdgbw, Stuttgart)
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Der Kleine Schlossplatz – von Max Bächer, Hans Kammerer und Walter Belz 1968 als städtischer Aussichtsbalkon auf den Schlossplatz geplant. Der Brunnen ist als landschaftsarchitektonisches Element angelegt. Der Kleine Schlossplatz entwickelte sich später, als er mit einer Freitreppe versehen wurde, zu einem beliebten Szenetreff. Das ist er auch heute noch, obwohl er seine Gestalt mit dem Bau des Kunstmuseums stark verändert hat.
Foto Privatarchiv Ulrich Brinkmann
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Der Autor: Ulrich Brinkmann, Postkartensammler und seit 2000 Redakteur der Fachzeitschrift „Bauwelt“
Foto DOM publishers, Berlin
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Ulrich Brinkmann: Achtung vor dem Blumenkübel! Die Fußgängerzone als Element des Städtebaus. Ansichtspostkarten in Ost- und Westdeutschland 1949 bis 1989. DOM publishers, Berlin. 248 Seiten, 28 Euro.