Buch-Tipp: Jhumpa Lahiri, „Wo ich mich finde“ In der Transitzone des Lebens
„Wo ich mich finde“: Die Pulitzer-Preisträgerin Jhumpa Lahiri verzaubert die Banalitäten des Alltags in Prosaminiaturen von makelloser Schönheit.
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Jhumpa Lahiri zählt zu den wichtigsten Autorinnen der Gegenwart. Weitere interessante Neuerscheinungen finden Sie in unserer Bildergalerie.
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Leif Randt: Allegro Pastell. Kiepenheuer Witsch. 288 Seiten, 22 Euro. Man kann diesen Roman einfach nur lesen wie eine Lovestory aus Tagen, die man noch nicht einmal jüngst vergangen nennen darf, weil sie noch andauern. Man kann ihn aber auch nutzen als ein Nachschlagewerk, wenn man etwas über den Habitus, die Gewohnheiten und Eigenarten der eigenen Zeit erfahren möchte. „Allegro Pastell“ ist eine Mentalitätsgeschichte der Gegenwart, seine Figuren sind hochindividualisierte Dummys im Crashtest unserer Sozialisierungsmodelle – Dummys wie Du und Ich.
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Lutz Seiler: Stern 111. Suhrkamp. 528 Seiten, 24 Euro. Die Helden von Lutz Seiler kellnern sich durch die Zeitgeschichte. Was sie zu bieten haben, zählt zum Besten der Gegenwartsliteratur. Erzählte der Vorgängerroman „Kruso“ aus dem Blickwinkel eines Ausflugslokals auf der Insel Hiddensee die letzten Tage vor der Wende, so schildert nun „Stern 111“ aus der anarchischen Untersicht einer Berliner Kellerkneipe die darauffolgende Periode zwischen Zerfall und Neubeginn, die für das Alter Ego des Autors zur Passage in ein poetisches Dasein wird. In expressivem Licht leuchtet „Stern 111“ über dem Freiheitsraum zwischen dem was war und dem was kommt.
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Téa Obreht: Herzland. Rowohlt Verlag. 512 Seiten, 24 Euro. Dieser Roman erzählt nicht nur von der Gründungszeit der Vereinigten Staaten. Er macht den Leser selbst zu einem Pionier, der ins Ungewisse vorstößt. Denn die haarsträubenden Dingen, die hier passieren, ordnen sich erst am Schluss. Das aber unterscheidet den Leser dann doch von den Grenzerfahrungen der Protagonisten dieses „Herzlandes“: was für diese ein Kampf gegen Dürre, Großgrundbesitzer, Fake-News und Monster aller Art bedeutet, ist für ihn ein einziges Vergnügen. Und so viel kann man vielleicht verraten: begegnet man irgendwo am Ende der Welt einem Kamel, muss es sich nicht unbedingt um eine Fata Morgana handeln.
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Anna Burns: Milchmann. Klett-Cotta Verlag. 452 Seiten, 25 Euro. Nordirland zu den Hochzeiten des zwischen Unionisten und Nationalisten tobenden Konflikts. Hier wächst die Ich-Erzählerin zwischen den Fronten von sogenannten Verweigerern und Befürwortern, Verrätern und Paramilitärs auf. Anna Burns macht aus dem Bürgerkrieg ein aberwitziges Sprachspiel auf Leben und Tod, das bei aller Tragik einer absurden Komik nicht entbehrt. Dieser virtuose Roman hätte die Aktualität gar nicht nötig, die ihm durch den Brexit zugefallen ist.
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Hilary Mantel: Spiegel und Licht. Dumont Verlag. 1200 Seiten, 32 Euro. Rein erzählökonomisch kann die Corona-Krise ruhig noch etwas andauern: auf 1200 Seiten führt die mehrfache Booker-Preisträgerin Hilary Mantel zum Abschluss ihrer Tudor-Trilogie wieder ins England des 16. Jahrhundert. Gleich zu Beginn rollt der Kopf der zweiten Frau Heinrichs VIII. Schon wartet die nächste. Auch der Aufstieg des aus einfachsten Verhältnissen stammenden Thomas Cromwell geht weiter – wie weit, hat die Geschichtsschreibung längst gespoilert. Der Spannung dieses einzigartigen Romanunternehmens tut dies keinen Abbruch.