Bücher-Tipps Die zehn wichtigsten Bücher im Herbst
Aus der unüberschaubaren Fülle der Neuerscheinungen haben wir die zehn wichtigsten Bücher der Saison ausgewählt. Welche das sind, erfahren Sie in unserer Bildergalerie.
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Was lesen? In unserer Bildergalerie finden Sie Antworten.
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Norbert Scheuer, Winterbienen: Kall in der Eifel ist der Mittelpunkt des Roman-Universums des dort auch lebenden Norbert Scheuer. In „Winterbienen“ zieht er die genealogischen Fäden der Arimonds zwischen einem Vorfahr im 15. Jahrhundert und einem Tagebuchschreiber in der letzten Phase des Kriegs. Mittelalter und Moderne, Bienen-Staat und NS-Terror, erotische und epileptische Ekstasen verwebt er kunstvoll mit seinem zeitgeschichtlichen Lebensprojekt.
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Chigozie Obioma, Weinen der Vögel: Aus dieser Perspektive, ist noch kein Roman erzählt worden. Ein Schutzgeist rechtfertigt sich vor den Göttern für die schlimmen Dinge, die seinem Schützling widerfahren. Doch so sehr der Schutzgeist in seiner eigentlichen Funktion versagt hat, so sehr überzeugt er als Erzähler. Er spielt die traurige Geschichte des Geflügelbauern Chinonso, dessen Liebe ihn nach oben trägt und umso tiefer abstürzen lässt, dem Leser direkt ins Herz. Wenigstens dort ist sie sicher.
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Margaret Atwood, Die Zeuginnen: Zurück in Gilead, dem Unterdrückungsstaat von Margaret Atwoods Erfolgsroman „Der Report der Magd“. Noch immer führt die verseuchte Umwelt zu Unfruchtbarkeit der meisten Frauen. Noch immer gibt es jenes „rassenhygienische“ System zur Erhaltung der Elite, noch immer finden Säuberungswellen und öffentliche Prozesse statt. Und doch hat Margaret Atwood mit den „Zeuginnen“ ihre Dystopie näher an unserer Gegenwart herangeführt, auch im Stil, etwa wenn sie die Handlungsstränge im Stil eines rasanten Spionagethrillers miteinander verknüpft.
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Ocean Voung, Auf Erden sind wir kurz grandios: Ein vietnamesisches Migrantenschicksal im Rostgürtel Amerikas. Das Debüt des amerikanisch-vietnamesischen Autors zählt zu den großen Entdeckungen diesen Jahres. „Auf Erden sind wir kurz grandios“ ist Familienalbum und Essay, Liebeserklärung an und Requiem auf die exzentrische Großmutter und den Freund, der früh an seiner Drogensucht starb. Und eine scharfsinnige Reflexion auf den amerikanischen Traum aus dem Blickwinkel eines ungeliebten Träumers. Kein Werk jugendlichen Auftrumpfens, sondern ein erstaunlich reifes Buch voller Demut, Melancholie und Poesie.
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Robert Harris, Der zweite Schlaf: Was davor war, kommt noch. So könnte man die Handlung dieses Thrillers umschreiben, der in ein Mittelalter entführt, das uns allen erst noch bevorsteht. Wie bei einem Blick in einen fernen Spiegel lässt Robert Harris seine Protagonisten die Artefakte unserer Zivilisation so betrachten, wie die Menschen früher die Überreste der Antike sahen: mit Staunen, Spekulationen, Verwunderung und einer gehörigen Portion Furcht vor der Strafe Gottes ob ihrer unziemlichen Neugier.
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Nicolas Mathieu Wie später ihre Kinder: Die jungen Leute, die in den neunziger Jahren in der vom Strukturwandel gebeutelten ostfranzösischen Provinz aufwachsen, wollen auf keinen Fall so werden wie ihre Eltern. Wer heute auf die Gelbwestenproteste in Frankreich blickt, ahnt, was aus diesem Wunsch geworden ist. Ohne Voyeurismus, Häme oder Selbstgerechtigkeit hält Nicolas Mathieu das Panorama einer Gesellschaft zwischen Abstieg und Selbstbehauptung fest. Mögen die Bewohner dieses Hinterlandes der Gewöhnlichkeit von ihrem Leben desillusioniert sein – als Stoff für einen großen Roman taugt es auf jeden Fall.
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Nora Bossong, Schutzzone: Eine junge Frau macht Karriere bei den Vereinten Nationen. Sie ist Genoziden, Bürgerkriegen, bewaffneten Konflikten konfrontiert, denen die UN nur als zahnloser Papiertiger gegenübersteht. Nora Bossong arbeitet als Lyrikerin, Essayistin und Romanautorin an der vordersten Front der Wirklichkeit. Auch ihrem jüngsten, für den Deutschen Buchpreis nominierten Roman liegen als Material Gespräche, Notate, Berichte zugrunde, die sie im kunstvollen Periodenbau ihres Schreibens dem Zerfall entgegensetzt, von dem „Schutzzone“ handelt. Nur die Literatur kann jene Abgründe und Widersprüche ausleuchten, die unter Chartas, Vereinbarungen und noch den intimsten Geständnissen der Liebe brodeln.
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Jackie Thomae, Brüder: Das Leben ist entschieden vielfarbiger als Genetik, Geschlecht oder Klasse und wie die Determinanten alle heißen, denen wir unsere Identität abringen. Jackie Thomae folgt dem unterschiedlichen Werdegang zweier Brüder, die ein senegalesischer Student im Arbeiter- und Bauernstaat mit unterschiedlichen Müttern gezeugt hat. Mit diebischer Freude durchkreuzt die Autorin, die die Herkunft mit ihren Protagonisten teilt, immer wieder die Regeln diskursiven Anstands: lustvoll überführt sie Klischees in ihr Gegenteil, oder entlarvt sie gerade dadurch, in dem sie sie zum Schein bestätigt.
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Mircea Cartarescu, Solenoid: Was wäre aus ihm wohl geworden, wenn er statt des prominentesten Gegenwartsschriftstellers seines Landes, ein unbekannter Rumänischlehrer geblieben wäre? Das spielt Mircea Cartarescu in „Solenoid“ durch. Nach einer farbenprächtigen, fantastischen 900 Seiten langen Reise durch ein literarisches Paralleluniversum, an deren Ende die Stadt Bukarest zum Himmel fährt, weiß man, warum Cartarescu zum prominentesten Gegenwartsschriftsteller seines Landes geworden ist.
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Eugen Ruge, Metropol: Mit seinem Debüt „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ hat Eugen Ruge seine Familiengeschichte zum Medium der Zeitgeschichte gemacht und dafür 2011 den Deutschen Buchpreis erhalten. Nun setzt er diese Erkundungen fort, und folgt seinen Großeltern nach Moskau, wo sie für die sowjetische Agentenorganisation OMS gearbeitet haben, Auge in Auge mit dem stalinistischen Terror. Von einem Tag auf den anderen konnte die bloße Bekanntschaft mit einer in Ungnade gefallenen Person bedeuten, selbst zum Volksverräter gestempelt zu werden. Eindrucksvoll beantwortet Eugen Ruge in seinem Roman, wie man sich fühlt, wenn man in einem Hotel auf sein Todesurteil wartet.