Einblicke in die "Wohnmaschine" Das Haus Le Corbusier in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung
Le Corbusier, einer der revolutionären Erneuerer der Architektur, wäre am 6. Oktober 125 Jahre alt geworden. Ein Rundgang durch das Haus "Le Corbusier" im Weißenhof.
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Rathenaustraße 1-3: An exponierter Aussichtslage über der Stadt entstand 1927 im Rahmen der Werkbundausstellung "Die Wohnung" nach nur zweieinhalbmonatiger Bauzeit das Doppelhaus nach Plänen des Architekten Le Corbusier und seines Cousins Pierre Jeanneret "für den gebildeten Mittelstand". Schön zu erkennen ist hier gleich einer der fünf Grundsätze für eine neue Architektur, denen sich Le Corbusier verschrieben hatte: die Stützenbauweise, um die Räume vor der Feuchtigkeit des Erdreiches zu schützen.

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Mit dem Ende der Werkbundausstellung sollten nach den Plänen der Stadt ganz normale Leute in die Musterhäuser einziehen. Doch das Klingelschild am Le Corbusier-Haus blieb zunächst verwaist: Für die Doppelhaushälften fanden sich keine Mieter.

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Nachdem die Stadt das Gebäude 2002 für 620.000 Euro vom Bund gekauft hatte, übernahm die Wüstenrotstiftung die Aufgabe der "regenerierenden Erneuerung, Annäherung an die Qualität, ohne die Zeugen der Veränderung vollständig zu vernichten".

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Ein Maler und Professor der heutigen Kunstakademie bezog schließlich als erster Mieter 1928 die modernen Räume hinter dieser Tür. Er bewohnte gleich beide Haushälften - für die halbe Miete.

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Es sollten noch etliche Mieter bis zur heutigen Rekonstruktion der Gebäude folgen. Korpulent durfte keiner von ihnen sein: Le Corbusier orientierte sich bei der Breite des Flurs am Gang eines Zugabteils - und das waren schmale 60 Zentimeter.

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Der schwarze Fliesenboden im Flur findet sich auch in Küche (Bild) und Bad. Ursprünglich wollte Le Corbusier alle Räume mit den pflegeleichten Fliesen auslegen lassen, scheiterte jedoch an der mangelnden Akzeptanz seiner damals kühnen Pläne.

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Stauraum kann man nie genug haben, auch wenn er für den durchschnittlich gewachsenen Mieter schwer zu erreichen ist, wie hier in der Küche hoch über der Tür. Auch hinter der Tür befinden sich Einbauschränke.

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Puristisch und ohne Schnickschnack: die Küchenzeile. Die Einbauküche sollte den Anforderungen einer berufstätigen Frau entsprechen. Was man heute in der Küche des Musterhauses besichtigen kann, sind allerdings detailgetreue Nachbauten, die nach Fotos entstanden sind.

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Das Herzstück der Küche, ein Gasherd der Marke Prometheus mit Feuerstellen für drei Töpfe und zwei Ofenklappen, hätte 1927 so auch in der Rathenaustraße stehen können. Hat dieser aber nicht.

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Die robuste Feuerstelle hat schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel: der Herd Jahrgang 1927/28 verrät das wahre Alter der Kücheneinrichtung.

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Genaue Anweisungen hinter der Klappe am Herd: Erst die Klappe öffnen, dann anzünden und die Klappe wieder schließen ...

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Vorher sollte allerdings noch der Gashahn geöffnet werden.

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Der Vorratsschrank aus dem Jahr 1927 könnte so auch in einem Küchenprospekt unserer Tage auftauchen.

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Der Blick von der Küche ins Bad mit großem Fenster und wunderbarem Blick Richtung Stadt. Möglichst gleichmäßige Beleuchtung der Räume durch Langfenster war ein weiterer Grundsatz Le Corbusiers und Jeannerets.

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Recht geräumig und in warmem Umbra-Braun gehalten: Das Bad mit Wanne, Waschbecken und Zentralheizung!

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Die Wanne steht auf Füßen und war eigentlich im Viergiebelweg auf dem Killesberg zuhause. Das Modell aus dem Jahr 1924 entspricht aber in Form und Ausführung dem einstigen Original in der Rathenaustraße.

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Die Farbgebung des Badezimmers richtet sich - wie in jedem anderen Raum - nach den detaillierten Vorgaben Le Corbusiers. Für belichtete Flächen wählte der Architekt dunkle, warme Töne, wie hier Umbra.

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Der Wohn- und Schlafbereich der Haushälfte, hier mit einer Schiebetür abgetrennt vom dahinter liegenden Kinderzimmer. Die freie Grundrissgestaltung, die variable Zwischenwände erlaubt, steht als weiterer Grundsatz für die neue Architektur Le Corbusiers. Die Böden waren mit "staubweißem", leicht zu pflegendem Linoleum ausgelegt - zur damaligen Zeit ein Novum. Bei der Sanierung wich man auf einen gebrochen-weißen Kautschuk-Belag aus, da weißes Linoleum seit den 50er Jahren nicht mehr hergestellt wird und eine Sonderanfertigung schlicht zu teuer gewesen wäre.

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Unverrückbare Möbel: Die Einbauschränke, in deren Fußteil die verschiebbaren Stahlrohrbetten - übrigens ein Entwurf von Alfred Roth, Le Corbusiers Bauleiter vor Ort - tagsüber verschwanden. Somit war eine Tag/Nacht-Umrüstung der Wohnung mit wenigen Handgriffen möglich.

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Auch auf den Schränken findet sich Platz für allerhand Hausrat. Denn zusätzliches Mobiliar war von Le Corbusier nicht vorgesehen. Purismus bei der Beleuchtung: Die Birne hängt nackt von der Decke. Schön zu erkennen ist die bewußte Farbwahl des Architekten: Blau, Braun und Weiß bilden hier eine Einheit.

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Einziger "Schmuck" im Zimmer ist das Bild an der Wand. Damals modernes Mobiliar, in Massenproduktion hergestellt, heute längst ein Klassiker: der Thonet-Stuhl.

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Das Kinderzimmer, ebenfalls mit platzsparendem "Bett im Schrank", konnte mittels einer Schiebetür vom übrigen Wohn-/Schlafraum abgetrennt werden.

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Die großen Bett-Schrank-Möbel hatten ursprünglich einen Rahmen aus Stahlbeton und waren mit günstigem Sperrholz ausgekleidet. Im Hintergrund der durch schmale Oberlichter beleuchtete Gang, von dem aus eine Treppe auf das Dach des Hauses führt.

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Die schmale, ...

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... gewundene Treppe ...

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... führt hinauf in die Bibliothek. Von dort gelangt man auch auf die große Dachterrasse, die sich über den Wohn- und Schlafriegel erstreckt.

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Auch heutige Besucher können hier in Veröffentlichungen zur Weißenhofsiedlung schmökern.

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Der gemauerte Kamin spendet in erster Linie Behaglichkeit, denn es gab eine Zentralheizung im ganzen Haus.

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Auch hier wieder das auffällige Zusammenspiel von ...

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... Farben und Formen.

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Rechter Hand der Ausgang auf das Flachdach mit Garten, hinter dessen Einrichtung ein weiterer Grundsatz der Architekten steht. Die begrünten Dächer sollten die in den Städten dringend benötigten Freiflächen schaffen und damit das Wohnklima verbessern.

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Noch einmal ein Blick von oben über die steilen Stufen in den Gang zum Wohn- und Schlafbereich des "begehbaren Exponats", das zusammen mit dem Museum vom Verein der Freunde der Weißenhofsiedlung e.V. betrieben wird.

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Le Corbusier hatte auf dem Dach, dem "bevorzugten Ort des Hauses", eine üppige Vegetation geplant. Gras sollte zwischen den großen Betonplatten sprießen, Bäume und Sträucher waren in den Pflanztrögen der Dachterrasse vorgesehen. Nach der Rekonstruktion hat man hier winterharte Stauden und Sträucher gepflanzt.

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Bevorzugt ist auch der unverbaubare Ausblick bis hinunter zum Daimlerstadion. Über den Dachgarten sind die beiden Haushälften heute zum Rundgang miteinander verbunden.

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Wie eine Art an die Wand geschriebenes Manifest fallen dem Besucher beim Eintritt in das Museum über das Dach Corbusiers "fünf Grundsätze für eine neue Architektur" ins Auge.

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Was im rekonstruierten Wohnhaus die Bibliothek, ist nebenan im ganz in Weiß gehaltenen Museum ein "Corbusier Weiheraum".

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Hier finden sich die Arbeiten - etwa dieser Schnitt durch das benachbarte Einfamilienhaus des Typs "Citrohan" - des 1887 in der Nähe von Lausanne geborenen Architekten und Künstlers Charles Édouard Jeanneret, der sich seit den 1920er Jahren Le Corbusier nannte.

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Nichts wurde dem Zufall oder gar den Handwerkern überlassen. Schon gar nicht die Farbgebung, die der Architekt auf diesem originalen Farbtonmuster mit Zuordnung zu den Bauteilen festgelegt hat.

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Das Originalplakat zur Werkbundausstellung darf im Museum, dessen Einrichtung und Ausstattung die Stadt Stuttgart übernommen hat, natürlich nicht fehlen.

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Links führt die Treppe vom Dach hinunter in die Räume des Museums, das mit seinen Schaukästen aus Glas die Standorte der Einbauten im benachbarten Wohnhaus aufnimmt.

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Die gläsernen "Schauwände" im Flur des Museums dienen als Einführung in die Geschichte der Weißenhofsiedlung und vermitteln einen Überblick über die gestalterischen Ideen Le Corbusiers.

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In der Rathenaustraße 1 sind die Lage des "stillen Örtchens" und ...

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... der Badewanne nur noch durch die Umrisszeichnungen zu erahnen. Für die Konzeption der Ausstellung zeichnet das Stuttgarter Büro "space4" verantwortlich.

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Zahlreiche Schubfächer (rechts) laden zum Anfassen und Begreifen ein, Modelle veranschaulichen die Theorien der Architekten ebenso wie interaktive Medienstationen.

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Die gesamte Weißenhofsiedlung in ihrer ursprünglichen Form entstand für die Ausstellung im Modell, das sich entlang des Fensterbandes erstreckt.

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Der Blick vom Fenster in den Raum zeigt die in Glas nachempfundenen Bett-Schrank-Möbel als Teil der Ausstellung.

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Das Haus im Haus: Le Corbusiers Doppelhaus "en miniature".

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Der Hinterausgang zum Garten. Im "Mädchenzimmer" linker Hand befinden sich heute Schließfächer für die Besucher.

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Der Blick in ein Stückchen Grün hinter dem Haus: Le Corbusier und Jeanneret hatten die Anlage des Gartens ebenfalls akribisch geplant. Bei der Rekonstruktion des Gebäudes wurden auch die Rasenflächen, die Wege, Sitzplätze und der Rosengang in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt.

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Das 4,2 Millionen Euro teure Museum steht den Besuchern dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr und donnerstags von 11 bis 20 Uhr offen. Der Eintritt kostet 4 Euro (erm. 2 Euro). Kinder bis zehn Jahren haben freien Eintritt.