VfB Stuttgart bei Erzgebirge Aue Der nächste Stuttgarter Gegner im Porträt
Das zweite Auswärtsspiel des VfB Stuttgart in der zweiten Liga steht an – an diesem Freitag muss das Team von Trainer Tim Walter beim FC Erzgebirge Aue antreten. Was erwartet den VfB in Sachsen? Ein Überblick.
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Bei Erzgebirge Aue verlief der Saisonstart zufriedenstellend.
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Die Beurlaubung: Trainer Daniel Meyer wurde am Montag bei Erzgebirge Aue entlassen. Die offizielle Mitteilung kam völlig überraschend und ließ viele Fragen offen. Nach zwei Siegen aus drei Spielen in der Liga und einem Erfolg in der ersten Runde des DFB-Pokals trennte sich Erzgebirge von seinem Trainer, mit ihm musste auch sein Assistent und Bruder André gehen.„Nach einem vertraulichen und persönlichen Gespräch zwischen dem Vorstand und Cheftrainer Daniel Meyer und Co-Trainer André Meyer wurde beschlossen, Daniel und André Meyer vorerst zu beurlauben. Im beiderseitigen Einvernehmen wurde vereinbart, dass dazu keine weiteren Stellungnahmen abgegeben werden“, teilte der Club des nächsten VfB-Gegners lediglich mit.Die verklausulierte Stellungnahme bot viel Raum für Spekulationen. Ende Juli wurde Meyer nach einem Todesfall in der Familie für unbestimmte Zeit freigestellt. Der 39-Jährige kehrte aber nach neun Tagen wieder ins Training zurück. Die Trauer war wohl nicht, wie zunächst vielfach vermutet, der Grund für die Trennung. Nach Informationen der „Bild“ soll es zwischen dem Trainer und dem mächtigen Vereinsboss Helge Leonhardt nach dem 1:3 in Bielefeld zum großen Knall gekommen sein. Leonhardt, der den Club seit 2014 führt, wollte sich demnach in die Trainingsgestaltung einmischen. Der Klub dementierte dies noch am Montagabend. „Alle derzeit in diversen Medien hierzu veröffentlichten Spekulationen weist der FC Erzgebirge Aue entschieden zurück“, hieß es in einer zweiten knappen Stellungnahme.
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Der Vereinsboss: Helge Leonhardt (Mitte) gilt als der mächtige Mann im Verein. Sein Wort gilt. Wie alles, was beim FC von Bedeutung ist, ging auch die Trainerpersonalie über Leonhardts Tisch. Er ist Präsident, wichtigster Sponsor und Retter des Clubs. Und manchmal vielleicht auch noch ein bisschen (zu gerne) Trainer.Helge Leonhardt und sein Bruder Uwe sind die beiden einflussreichsten Personen im Gebiet um Aue. Direkt nach der Wende eröffneten sie ein Autohaus, über die Jahre sind vier weitere hinzugekommen. Anfangs verkauften sie Volkswagen, heute stehen auch Bentley und Lamborghini im Fenster. Zur Leonhardt Group gehören zahlreiche Unternehmensbeteiligungen, drei Maschinenbaufirmen sowie ein Hotel. Eigentümer sind die Brüder Helge, Uwe und Karl-Ludwig sowie mit Sebastian Leonhardt auch ein Vertreter der nächsten Generation.
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Der Trainerkandidat: Nach der Beurlaubung von Daniel Meyer (39) hatte „Bild“ berichtet, dass Claus-Dieter Wollitz auf dem Zettel der Aue-Bosse steht. Auf der Pressekonferenz des FC Energie Cottbus vor dem Heimspiel an diesem Freitag gegen Auerbach wurde „Pele“ Wollitz darauf angesprochen. Der sagte: „Ich hatte noch keinen Anruf. Aber sollte der Fall eintreten und ich ein Kandidat sein, würde mich das sehr stolz machen.“ Wollitz und Aue – passt das? Zumindest aus Sicht des Fußball-verrückten Trainers: „Aufgrund der Historie bin ich über die Gerüchte nicht überrascht. Ich habe speziell in der zweiten Liga in Osnabrück und Cottbus sehr erfolgreich gearbeitet. Aue ist ein Zweitligist, der ein fantastisches Stadion sowie eine Infrastruktur aufgebaut hat. Letztes Jahr wurde souverän die Liga gehalten. Ich ziehe den Hut und habe allergrößten Respekt vor der Arbeit, die dort geleistet wird.“ Klingt fast wie ein Bewerbungsschreiben.Foto: Getty
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Der Interimscoach: Nach der Beurlaubung von Chefcoach Daniel Meyer sowie dessen Bruder und Assistenten André Meyer betreut im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart zunächst einmal Co-Trainer Marc Hensel die Mannschaft. Hensel leitete die Übungseinheit des Zweitligisten erstmals am Dienstag. „Er ist Interimstrainer. Wir müssen in den kommenden 14 Tagen eine Entscheidung treffen, wie es weitergeht“, sagte Vereinspräsident Helge Leonhardt. Die Zeit drängt. Da Hensel nicht in Besitz der erforderlichen Fußball-Lehrer-Lizenz ist, hat der sächsische Club bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) eine Ausnahmegenehmigung beantragt. Leonhardt sagte zum weiteren Vorgehen: „Wir müssen sehr sorgfältig überprüfen, was jetzt die richtigen Maßnahmen sind.“
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Das Stadion: Das Erzgebirgstadion ist ein richtig kleines Schmuckkästchen geworden, das kaum wiederzuerkennen ist, seit der VfB Ende 2016 letztmals dort gastiert hat. Im Zuge der Umbauarbeiten, die Ende 2017 abgeschlossen wurden, sind die Ränge für ein reines Fußballstadion dicht am Spielfeldrand errichtet worden. Das Fassungsvermögen liegt momentan bei 16 485 Zuschauern. Am 29. Juli 2018 fand die offizielle Einweihung mit einem Tag der offenen Tür und dem Eröffnungsspiel gegen den FC Schalke 04 statt. Zum Stadionfest kamen 15 250 Zuschauer – und die neuen Hausherren bezwangen die Königsblauen sogar noch mit 1:0. Erstes Pflichtspiel im Stadion nach der Eröffnung war am 12. August des Jahres die Partie gegen den Aufsteiger 1. FC Magdeburg. Die Kosten für den Umbau betrugen knapp 20 Millionen Euro.
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Der Kult: Es gehört zum Stadionbesuch ganz einfach dazu wie die Eintrittskarte – das Bier und die Bratwurst. Auch in Aue, das in dieser Beziehung sogar spitze ist. Unter allen 36 Vereinen in der ersten und zweiten Bundesliga bietet der Verein die mit großem Abstand preiswerteste Verpflegung an, so das Ergebnis einer Abfrage. „Das freut uns“, sagt Geschäftsführer Michael Voigt. „Das ist aber bewusst so gesteuert. Wir müssen da auch auf unsere Begebenheiten achten.“ Die Bratwurst kostet 2,50 Euro (zum Vergleich: Beim Oberligisten Stuttgarter Kickers zahlt man einen Euro mehr). Für den Liter Bier sind umgerechnet 7,50 Euro fällig. (3 Euro pro 0,4-Liter-Becher). Für das Gedeck also 5,50 Euro - das ist einmalig. „Wir wollen die Familien ins Stadion locken. Das gelingt nur, wenn der Bier- und Rosterpreis nicht das Budget sprengt“, sagt Voigt. „Schließlich haben wir im Erzgebirge noch niedrige Löhne als anderswo.“ Er schaut darauf, auch wenn der Verein an den Catering-Einnahmen prozentual beteiligt ist. „Wir haben zum Vorjahr die Preise stabil gehalten, werden das auch in Zukunft tun.“ Doch berühmt ist Aue wegen einer ganz anderen Speise: Dem fast schon legendären Nudeltopf, dessen Rezeptur ein Betriebsgeheimnis ist. „Der ist in der Tat Kult“, lacht Voigt. „Ich habe schon von Fans aus der Republik gehört, die gern nach Aue kommen, um den Topf zu essen.“ Mal sehen, was die Stuttgarter Maultaschenfans zu der Speise-Alternative sagen werden.
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Das Spiel der Spiele: Erzgebirge Aue hat sich 2018 dank eines leidenschaftlichen Auftritts und eines famosen Dreierpacks von Sören Bertram vor dem Abstieg aus der zweiten Bundesliga gerettet und die direkte Rückkehr des Karlsruher SC, die dann eben ein Jahr später folgte Die Mannschaft des Trainers Hannes Drews setzte sich in einem packenden Rückspiel der Relegation gegen den Drittliga-Dritten aus Karlsruhe mit 3:1 durch. Alle drei Tore erzielte der im Sommer 2016 zum damaligen Aufsteiger gewechselte Bertram vor 16 000 Zuschauern im Erzgebirgsstadion. Nach dem 0:0 im Hinspiel scheiterte im zehnten Versuch seit der Wiedereinführung der Relegation erst zum dritten Mal der jeweilige Drittligist. Aue schaffte das Happy-End nach turbulenten Wochen mit dem nicht anerkannten Treffer im Duell um Platz 16 am letzten Spieltag gegen den SV Darmstadt 98.
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Direkte Duelle: Der FC Erzgebirge Aue und der VfB Stuttgart sind in Punktspielen bisher nur zweimal aufeinandergetroffen, in der Zweitliga-Saison 2016/17 – beide Male siegten klar die Schwaben. Beim Hinspiel am 4. Dezember mit 4:0 (Tore: Mane/2, Baumgartl und Gentner), beim Rückspiel am 7. Mai 17 immerhin noch mit 3:0. Die Torschützen vor 59 000 Zuschauern hießen damals Simon Terodde (2) und Alexandru Maxim. Gegen solche Ergebnisse hätte beim VfB auch am Freitagabend keiner etwas einzuwenden.