Der Fall Semenya und Intersexualität im Spitzensport Frau oder Mann?
Seit Jahren diskutiert die Leichtathletik über die Grenzen der Geschlechter und das Startrecht von Athletinnen mit erhöhtem Testosteronspiegel. Das Problem ist vielschichtig und die Südafrikanerin Caster Semenya keineswegs ein hyperandrogener Einzelfall – wie unsere Bildergalerie mit einer prominenten Auswahl zeigt.
10 Bilder
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Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 belegten die Südafrikanerin Caster Semenya, Francine Niyonsaba aus Burundi und die Kenianerin Margaret Wambui (auf dem Foto von rechts nach links) über 800 Meter die Plätze eins bis drei. Das Ergebnis wurde kontrovers diskutiert, da alle drei Medaillengewinnerinnen in den Medien als intersexuell dargestellt wurden. Damit wurde eine Debatte erneut befeuert, die bereits mit Semenyas WM-Sieg 2009 und dem daraufhin folgenden Geschlechtstest begonnen hatte.
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Als die indische Sprinterin Dutee Chand bei den Commonwealth Games 2014 in Glasgow aufgrund von zu hohen Testosteron-Werten disqualifiziert wurde, zog sie vor den Internationalen Sportgerichtshof Cas. Die heute 23-Jährige wehrte sich gegen die Regelung des Leichtathletik-Weltverbandes, dass sich Sportlerinnen mit einem nicht der Norm entsprechenden Hormonspiegel einer Therapie unterziehen müssten, um unter den festgesetzten Richtwert von 10 nmol pro Liter zu bleiben.. 2015 urteilte der Cas, dass diese Regelung ausgesetzt werden muss, bis wissenschaftliche Beweise geliefert werden, welche bestätigen, dass hyperandrogene Athletinnen einen deutlichen Leistungsvorteil haben.
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Die indische intersexuelle Mittel- und Langstreckenläuferin Santhi Soundarajan gewann bei den Asienspielen 2006 in Doha die Silbermedaille im 800-Meter-Lauf der Frauen. Nach einem genetischen Geschlechtstest im Jahr 2006 wurde sie nicht als Frau klassifiziert, die Medaille wurde ihr aberkannt. 2007 unternahm Soundarajan einen Suizidversuch.
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Die deutsche Tennisspielerin Sarah Gronert kam als Hermaphrodit auf die Welt. Als sich die heute 32-Jährige im Aufwind befand und sich in der deutschen Rangliste bis auf Platz 31 arbeitete, setzten ihr Anfeindungen und Gerüchte um eine mögliche Intersexualität derart zu, dass sie ihre Tenniskarriere unterbrach und ein gynäkologisches Gutachten anfertigen ließ, das ihr weibliches Geschlecht bestätigt. 2009 entschloss sie sich, wieder bei Profiwettkämpfen anzutreten.
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Die österreichische Skirennläuferin Erika Schinegger gewann 1966 als 18-Jährige den Weltmeistertitel im Abfahrtslauf. Bei einem medizinischen Test im Vorfeld der Olympischen Spiele 1968 wurde festgestellt, dass Schinegger männlich ist. Durch eine Ausprägung der Intersexualität, bei der die Geschlechtsteile nach innen wachsen, wurde das Geschlecht jahrelang nicht richtig identifiziert. Schinegger entschied sich zu einer Operation und der Änderung des Vornamens von Erika in Erik. Der Weltmeistertitel von 1966 wurde ihm nachträglich aberkannt. 1988 erschien das Buch „Mein Sieg über mich“, 2005 der Dokumentarfilm „Erik(A) – Der Mann, der Weltmeisterin wurde“.
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Die 1946 in Polen geborene Ewa Kłobukowska (im Bild rechts) wurde 1966 in Budapest Europameisterin über 100 Meter und war Weltrekordlerin im Sprint. Bei einem Geschlechtstest 1967 wurde sie als intersexuell eingestuft, später disqualifiziert, und ihre Rekorde wurden aus den Listen gestrichen.
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Tamara Press, die bei den Olympischen Spielen 1964 die Goldmedaille im Kugelstoßen für die Sowjetunion gewann und mit ihrer Schwester Irina Press zusammen fünf Olympiasiege geholt hatte, sorgte ob ihres männlichen Aussehens für Aufsehen. Es wurde vermutet, dass sie und ihre Schwester intersexuell oder mit männlichen Hormonen gedopt seien. Mit der Einführung von Geschlechtstests vor der EM 1966 verschwanden die „Press-Brothers“, wie sie verspottet wurden, von der Sportbühne.
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Die Rumänin Iolanda Balas feierte zwei Olympiasiege (Rom 1960, Tokio 1964) und gilt als eine der besten Hochspringerinnen aller Zeiten. Balas ist intersexuell und trat nach Einführung von Geschlechtstests nicht mehr an.
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Die Polin Stanislawa Walasiewicz war eine herausragende Leichtathletin der 30er Jahre, die als Stella Walsh (im Bild links) in den USA große Erfolge feierte und 1932 über 100 Meter Olympia-Gold gewann. Als sie 1980 bei einem Raubüberfall getötet wurde, wurde sie zufällig bei der Obduktion als erster intersexueller Sportler dokumentiert.
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Dora Ratjen, die 1936 die Jüdin Gretel Bergmann aus Hitlers Olympiateam verdrängte, wurde 1938 in Wien mit Weltrekord Europameisterin im Hochsprung. Noch im selben Jahr wurde das Geschlecht der Bremerin jedoch als männlich eingestuft. Laut ihrem Vater waren die äußeren Geschlechtsorgane bei der Geburt nicht eindeutig gewesen, vermutlich war sie intersexuell und lebte später als Heinrich Ratjen.