Lebensmittel Hauptsache hübsch verpackt?
Wenn auf der Verpackung „ohne Geschmacksverstärker“ steht, heißt das noch lange nicht, dass keine enthalten sind. Verbraucher müssen aufpassen, wenn sie die Angaben auf der Verpackung richtig deuten wollen. Wir erklären, worauf man achten muss.
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Foto StZ/Oliver Biwer
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In einer Bildergalerie zeigen wir, was die Angaben auf dieser fiktiven Verpackung bedeuten.
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Das auf der Verpackung aufgedruckte Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) ist für viele Menschen ein Befehl zum Wegwerfen: Laut einer jetzt von der EU veröffentlichten Umfrage halten 45 Prozent der rund 25.500 befragten EU-Bürger den Verzehr von Lebensmitteln nach Ablauf dieses Datums für bedenklich. „Dies bedeutet, dass tagtäglich große Mengen von Lebensmitteln weggeworfen werden, die durchaus noch genießbar sind“, lautet das Fazit der EU. In Deutschland immerhin halten „nur“ 30 Prozent der Befragten Lebensmittel nach dem MHD für bedenklich, während 65 Prozent die Ware auch dann noch für sicher halten und fünf Prozent keine Meinung haben. Dennoch könnte diese Skepsis dazu beitragen, dass jeder Bundesbürger im Jahr im Haushalt 82 Kilogramm Lebensmittel wegwirft. Das MHD ist aber kein Wegwerfdatum: In vielen Fällen können Lebensmittel auch über dieses Datum hinaus noch konsumiert werden. Hier rät die Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner, auf die eigenen Sinne zu vertrauen: „Sehen, riechen und probieren – das gibt in den meisten Fällen schnell Aufschluss darüber, ob ein Lebensmittel noch bedenkenlos genießbar ist.“
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Eigentlich hört sich das gut an: mit ein paar unbedenklichen Stoffen den Geschmack zu verbessern. Aber irgendwie kommen bei vielen Menschen Bedenken auf, wenn sie auf der Verpackung lesen, welcher Chemiecocktail den Geschmack verstärken soll: Mononatriumglutamat, Dinatriuminosinat und Dinatriumguanylat steht zum Beispiel auf einem asiatischen Nudelsnack. Wenn nun aber auf der Verpackung „ohne Geschmacksverstärker“ oder „ohne Glutamat“ steht, dann heißt das noch lange nicht, dass in dem Produkt nichts dergleichen ist: „Es versteckt sich in anderen Zutaten wie Hefeextrakt, Sojaprotein, Tomatenpulver oder Würze und muss dann nicht namentlich in der Zutatenliste angegeben werden“, heißt es dazu in dem Flyer „Ohne Zusatzstoffe – Verwirrspiel auf den Etiketten“, der von der Verbraucherzentrale Niedersachsen herausgegeben wurde. Übrigens: Glutamat hat die E-Nummern E620 bis E625 und Inosinat E630 bis E633.
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Herrlich verführerische Früchte wie Kirschen oder Erdbeeren sind auf Getränkeverpackungen ebenso beliebt wie beispielsweise auf Joghurt. Aber Vorsicht: so intensiv, wie ein normaler Erdbeerjoghurt nach den roten Früchten schmeckt, kann er es eigentlich gar nicht von Natur aus tun. Hier helfen Aromen nach. Die werden laut dem Landwirtschafts-Infodienst aid von einem Schimmelpilz hergestellt, der auf Holzfasern wächst. Und im Fruchtsaft von Kirsch-Limonaden sorgen auch natürliche Aromen für Geschmack, „die nicht zwingend aus Kirschen stammen“, wie es im Juliheft der Stiftung Warentest heißt. Benzaldehyd etwa, der hauptsächlich für den Kirschgeschmack verantwortliche Aromastoff, kann dabei rein chemisch hergestellt werden. Dann muss es „Aroma“ auf der Packung heißen. Man kann Benzaldehyd auch aus natürlichen Quellen gewinnen, etwa dem Balsambaumharz. Dann steht „natürliches Aroma“ auf der Packung.
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In Kirschsaft zum Beispiel müssen tatsächlich 100 Prozent Kirschen drin sein. Im Kirschschorle muss mindestens 50 Prozent Fruchtsaft enthalten sein – wobei neben Kirschen oft weitere Früchte verarbeitet werden. Kirschnektar wiederum verlangt nur nach mindestens 35 Prozent Kirschsaft, und Kirsch-Fruchtsaftgetränke müssen mit mindestens 10 Prozent Fruchtgehalt aufwarten. In Eistee mit Kirschgeschmack können alle möglichen Aromen und Zucker einen kirschartigen Geschmack vermitteln.
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Prima, denkt sich der auf seine Linie achtende Käufer – der Eistee hat erfreulich wenig Kalorien: 56 kcal steht auf der Packung. Aber wie überall muss man auch hier das Kleingedruckte lesen: Bei näherem Hinsehen steht diese Angabe nämlich für die Portion Eistee, und die umfasst nur 200 Milliliter Flüssigkeit. Wer einen Liter trinkt, konsumiert 280 Kilokalorien. Da ist’s dann vorbei mit Kaloriensparen. Die Portionsgröße gilt auch für andere Produkte: Wer sich zum Beispiel über die bescheidenen „147 kcal“ freut, die prominent auf der Nusspackung prangen, muss bei genauem Hinsehen feststellen, dass sich dies auf gerade einmal 25 Gramm bezieht. In der gesamten 200-Gramm-Packung sind dagegen 1172 Kilokalorien enthalten.
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Hofladen, Landfrühstück, heimische Früchte – blumige Namen allein reichen nicht, um ein Produkt regional zu machen. Da bedarf es schon konkreter Angaben: Bergbauern-Milch aus dem Berchtesgadener Land zum Bespiel. Oder „Mein Odenwald“ als eine Regionalmarke der Hohenloher Molkerei in Schwäbisch Hall. Und dann müssen die Angaben auch stimmen. Das hat jetzt die Stiftung Warentest in ihrem Juliheft bei Apfelsäften, Eiern und Milch nachgeprüft – jeweils aus den Großräumen Berlin, Köln und München, und zwar mit der sogenannten Isotopenanalyse: Diese misst die Zusammensetzung von verschieden schweren Atomen – den Isotopen – einer Reihe von Elementen wie Sauerstoff, Kohlenstoff, Stickstoff und Strontium. Das Ergebnis ist recht positiv: „Bei keinem der Regionalprodukte im Test ergab die Herkunftsanalyse Hinweise auf Schummelei“, schreiben die Berliner Warentester. Allerdings stellten nur 11 von 29 Anbietern ihre regionale Produktherkunft „sehr glaubwürdig“ unter Beweis.
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Gentechnik vom Acker? Nein danke, sagen in Deutschland die meisten Verbraucher – und der Handel hat reagiert: Kaum ein Hersteller riskiert, mit gentechnisch veränderten Lebensmitteln Kunden zu vergraulen. Im Gegenteil: auf immer mehr Produkten prangt das Siegel: „Ohne Gentechnik“. Damit versprechen die Hersteller zum Beispiel, dass ihre Milch, Eier, Fleisch und Wurst von Tieren stammt, die kein gentechnisch verändertes Futter bekommen haben. Denn nach wie vor müssen solche Produkte nicht gesondert gekennzeichnet werden. Ebenfalls nicht als „gentechnisch verändert“ gekennzeichnet werden müssen Produkte, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Bakterien oder Hefen hergestellt werden. Und technisch unvermeidbare Beimengungen gentechnisch veränderter Organismen müssen erst angegeben werden, wenn ihr Anteil mehr als 0,9 Prozent beträgt. So weist der Agrar-Informationsdienst aid darauf hin, dass Öle aus Genraps in Margarine enthalten sein können. Oder dass man Fertigsuppen, Saucen und Schokolade mit Eiweiß und Lecithin herstellt, das aus gentechnisch verändertem Soja kommen kann. Und viele Enzyme, die aus der Lebensmittelproduktion nicht wegzudenken sind, stammen aus gentechnisch veränderten Bakterien oder Hefezellen. Das bei der Milchverarbeitung verwendete Enzym Chymosin – früher gewann man es als Labferment aus Kalbsmägen – wird heute von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt.
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Die verschiedenen Biosiegel – neben dem grünen EU-Blatt gibt es zum Beispiel auch das sechseckige deutsche Biosiegel – orientieren sich an den Vorschriften der EU. So ist zum Beispiel genau geregelt, wie ein Bio-Ei zu produzieren ist: etwa dass nur Futter aus biologischem Anbau kommen darf und höchstens sechs Tiere pro Qua-dratmeter Stallfläche gehalten werden dürfen. Doch die Siegel funktionieren nur, wenn auch die Kontrollen greifen. Und der jüngste Eier-Skandal zeigt, dass dies nicht immer der Fall ist.