Neues vom Büchnerpreisträger Lukas Bärfuss Die sexuellen Neurosen unserer Dichter
An diesem Samstag wird der Schweizer Autor Lukas Bärfuss in Darmstadt mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Der Erzählband „Malinois“ gewährt Einblick in seine Werkstatt.
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Foto picture alliance / Markus Scholz
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An den Brandherden der Gewöhnlichkeit: Lukas Bärfuss. In unserer Bildergalerie können Sie sich durch die wichtigsten seiner Werke klicken.
Foto Gudrun Bublitz, Staatstheater Stuttgart
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Erstes Aufsehen, auch am Schauspiel Stuttgart (Szene mit Katja Bürkle), erregte Lukas Bärfuss mit seinem Stück „Die sexuellen Neurosen unserer Eltern“. Darin beschließt eine Mutter im Einverständnis mit dem behandelnden Arzt, dass die Medikamente ihrer geistig behinderten Tochter abgesetzt werden. Das sich daran anschließende sexuelle Erwachen des zur jungen Frau gereiften Kindes überschreitet die Grenzen der heilen Liberalität, in der sich die Eltern eingerichtet haben. 2003 wählten ihn die Kritiker in der Umfrage der Zeitschrift „Theater heute“ zum Nachwuchsdramatiker des Jahres, 2005 dann zum Dramatiker des Jahres.
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2005 erhielt Lukas Bärfuss für sein Stück „Der Bus“ den Mülheimer Theaterpreis: Mit feiner Nase für das in der Luft Liegende hat er darin den Geist einer neuen Spiritualität inhaliert, den Schwefel des Zweifels ebenso wie den Weihrauch des Heils. „Der Bus“ ist ein Horrortrip in den Himmel mit einer verkommenen Busladung von Sinntouristen, die sich im Kurhotel Abgrund mit Schwefelbädern für die Hölle des Lebens stählen – der rasende Fahrer wird sie alle später darin versenken.
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Das Tagesaktuelle, das zum Anlass dieses Schreibens wird, führt Bärfuss zurück auf ein feines Geflecht von Ursachen, Abhängigkeiten und Widersprüchen. So hat er in dem Roman „Hundert Tage“ auf der Spur eines Schweizer Entwicklungshelfers die Verstrickungen der europäischen Politik in den Völkermord von Ruanda nachvollzogen, und in „Koala“ den Selbstmord des eigenen Bruders bis ins Unterholz der Zivilisationsgeschichte verfolgt.
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In seinem Stalker-Roman „Hagard“ wird ein Mann aus der Bahn geworfen, weil er eines schönen Frühlingsmittags seine Schritte von einem zum anderen Moment an die Ballerinas einer unbekannten Frau heftet, bis ans bittere Ende. Was eine Meldung im Vermischten einer Tageszeitung sein könnte, überwuchert der anarchisch-vitale Gedanken-Wildwuchs dieses Autors, bis es die festen Fugen der Diskurse auseinandertreibt. Und weil der ausgebildete Buchhändler als genau beobachtender Erzähler mindestens so beschlagen ist wie als Arrangeur kniffliger Denkabenteuer, folgen ihm die Erfolge auf dem Fuß.