Olympische Spiele 2021 Die deutschen Medaillenhoffnungen
Fährt Radlerin Emma Hinze in Tokio der Konkurrenz davon? Gelingt Weiterspringerin Malaika Mihambo der große Sprung? Wir beleuchten ihre Chancen und die anderer deutscher Sportler auf olympisches Gold.
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Radlerin Emma Hinze hofft, auch in Tokio jubeln zu können.
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Der letzte große Wettkampf der Bahnrad-Elite liegt schon ein Weilchen zurück, es war die Heim-WM im Februar 2020 in Berlin, noch vor Ausbruch der Coronapandemie. Damals ging der Stern von Emma Hinze auf. Sie holte gleich drei Titel: im Sprint, im Keirin und im Teamsprint. Logisch, dass die 23-Jährige nun auch in Japan zu den großen Favoritinnen gehört. Allerdings hat sie ein Problem: Sie weiß nicht, wo sie steht. „Eigentlich ist die Wettkampfhärte meine große Stärke“, meint sie, „aber ich brauche auch möglichst viele Wettkämpfe, um stark sein zu können.“ Duelle auf der Bahn gab es zuletzt jedoch vorwiegend im Training, auch dort ging es zwar rund, ersetzen können solche Einheiten ein direktes Aufeinandertreffen mit der Weltelite freilich nicht. Und dennoch ist Emma Hinze zuversichtlich – weil sie weiß, was sie kann. Und weil sie durch die Verschiebung der Spiele ein Jahr mehr Zeit hatte, um dazuzulernen. „Ich habe meine Fähigkeiten noch nicht ausgereizt“, sagt die 23-Jährige. Für Tokio klingt das wie ein Versprechen.
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Das Wasser ist sein Element, nur die Perspektive hat sich verändert. Oliver Zeidler galt als großes Talent im Schwimmen, wurde 2014 und 2015 Deutscher Meister in seinem Jahrgang. Doch als sich seine Trainingsgruppe in München auflöste, orientierte er sich neu – und wechselte 2016 mit 20 Jahren zum Rudern. Im Boot ging es Schlag auf Schlag. Schon 2019 holte der Frischling WM- und EM-Gold im Einer, in dieser Saison folgte der nächste EM-Titel. Zeidler gewann 2021 drei von vier Rennen und ist auch bei den Sommerspielen in Tokio einer der großen Favoriten, was ihn übrigens alles andere als nervös macht. Der 2,03-Meter-Mann ruht in sich selbst, ist nur schwer aus dem Gleichgewicht zu bringen. Was sicherlich auch mit seinem Umfeld zu tun hat. Zeidler stammt aus einer Ruder-Familie. Sein Großvater Hans-Johann Färber war Olympiasieger 1972 im Vierer, sein Onkel Matthias Ungemach Weltmeister 1990 im Achter und 1991 im Vierer, seine Tante Judith Zeidler 1988 Olympiasiegerin im DDR-Achter. Dass sein Vater Heino, ebenfalls einst ein erfolgreicher Ruderer, zugleich sein Trainer ist, liegt da nahe. Er hat die Karriere seines Sohnes von Anfang an im Blick. Kein Wunder also, dass sich für Oliver Zeidler (24) in Tokio ziemlich gute Perspektiven bieten.
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Nicht, dass Johannes Vetter (28) an seiner Nominierung für die Olympischen Spiele in Tokio den leisesten Zweifel gehabt hätte. Und trotzdem postete er, nachdem er sein Flugticket erhalten hatte, ein eindrucksvolles Foto. Es zeigte den Speerwerfer nach einem gelungenen Wurf mit weit aufgerissenem Mund, angespannten Muskeln, Zielstrebigkeit im Blick. Es steht als Sinnbild dafür, was Johannes Vetter verkörpert – wilde Entschlossenheit. Wie kein anderer deutscher Athlet hat der Mann aus Offenburg immer wieder benannt, was für ihn in Japan zählt: allein der Olympiasieg, sonst nichts. Es ist ein Anspruch, der sich auf Zahlen stützt. Nur Johannes Vetter, der Weltmeister von 2017, hat in diesem Jahr die 90-Meter-Marke übertroffen, das aber gleich in sieben Wettkämpfen in Serie. Seine Bestleistung 2021 liegt bei 96,29 Meter, damit übertrumpft er die Konkurrenz um fast sieben Meter. Das sind Welten. Fehlt nur noch der große Wurf in Tokio.
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Es hätte eine so schöne Trilogie des Erfolges werden können. EM-Gold 2018 in Berlin, WM-Gold 2019 in Doha – und Olympia-Gold 2020 in Tokio. Der Weg schien frei für Malaika Mihambo, vor 15 Monaten war sie die mit Abstand beste Weitspringerin der Welt. Dann wurden die Olympischen Spiele wegen der Coronapandemie verschoben. Das warf Mihambo zwar nicht aus der Bahn, es brachte sie aber ein bisschen aus dem Tritt, was auch damit zu tun hatte, dass sie mit ihrem Anlauf experimentierte. Zuletzt gelang ihr in Stockholm zwar (windunterstützt) erstmals in dieser Saison ein Satz über die Sieben-Meter-Marke, von ihrer Bestleistung (7,30 Meter) aber ist sie noch ein Stück entfernt. Und auch ihre Überlegenheit ist weg, die Konkurrenz bewegt sich längst wieder auf Augenhöhe. Zugleich wissen die Konkurrenten allerdings, dass Mihambo die Fähigkeit besitzt, voll da zu sein, wenn es zählt. Auch in Japan? Noch ist die Trilogie unvollendet.
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Es hat durchaus Vorteile, wenn man sich fürs Schwimmen im Becken entschieden hat. Das Wasser ist wohltemperiert und keimfrei, jeder ist auf seiner eigenen Bahn unterwegs. Anders als im Freiwasser. Dort ist nicht nur schmerzhafter Körperkontakt normal, sondern auch der Kampf gegen andere Unwägbarkeiten: Wellen, Wind, Müll, Hitze oder Kälte. Es gibt nur wenige Athletinnen und Athleten, die sich in beiden Disziplinen wohl fühlen – und einen, der hier und dort der Beste sein will. Dieses Kunststück gelang Florian Wellbrock bei der WM 2019 im südkoreanischen Gwangju. Er holte erst Gold über zehn Kilometer im Freiwasser und anschließend auch noch den Titel über 1500 Meter im Becken. Dieses ungewöhnliche Double peilt der Schwimmer nun auch in Tokio an, und er ist zugleich gewarnt. Bei den Sommerspielen 2016 in Rio gingen seine Hoffnungen über 1500 Meter schon im Vorlauf baden. „Das war eine lehrreiche Erfahrung“, sagt er heute, „so etwas wird mir nicht noch einmal passieren.“ In Japan will Wellbrock (23) nun den Worten Taten folgen lassen und am liebsten gemeinsam mit Sarah Köhler (27) jubeln: Auch seine Freundin schwimmt dort um olympische Medaillen.