Rückblick Menschen des Jahres 2012
Das Jahr geht zu Ende, aber an wen wird man sich erinnern, wenn man an das Jahr 2012 zurückdenkt? Die StZ-Ressortleiter haben einige Menschen ausgewählt.
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2013 ist zum Anbeißen – doch welche Menschen werden aus 2012 in Erinnerung bleiben, und warum?
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Antje von Dewitz: Könnte ich mir eine Frau als meinen Chef vorstellen? Eine wie die auf jeden Fall: Antje von Dewitz hat mitreißende Überzeugungen und bringt sie auch mitreißend rüber. Ihre Mitarbeiter scheinen beseelt von der Idee mitzudrehen an dem Rad, das diese Frau bewegt. Die 40-Jährige ist Chefin des Tettnanger Outdoor-Ausrüsters Vaude. 2009 hat die vierfache Mutter vom Vater die Verantwortung über 1500 Beschäftigte übernommen. Ein Kinderhaus auf dem Firmengelände hatte sie da schon lange durchgesetzt. 30 Kinder zwischen sechs Monaten und zehn Jahren werden betreut, die Angestellten können mit ihrem Nachwuchs zu Mittag zu essen. Solche Arbeitsbedingungen sind nicht nur biologisch fruchtbar. Bis 2012 soll die Firma die umweltfreundlichste ihrer Branche werden. Dewitz hat 40 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt. Es sei doch klar, dass ein Unternehmen, das Vielfalt pflegt, „bessere und kreativere Entscheidungen trifft“, sagt sie. Tatsächlich hat Vaude auch ökonomisch Erfolg. 2011 war ein Rekordjahr. Antje von Dewitz könnte Vorbild für die Wirtschaft sein, bei der akut nur der Ansehensverlust nachhaltig ist. Sie war 2012 beim Landespreis für junge Unternehmen unter den Top Ten; den erhalten „Unternehmerpersönlichkeiten, die Eindruck hinterlassen“. Gute Wahl. (Thomas Breining, Baden-Württemberg-Ressort)
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Mark Zuckerberg: Mark Zuckerberg ist rot-grün-blind. Deshalb hat er Blau zur Farbe von Facebook gemacht. Das weiß ich von Wikipedia. Mark Zuckerberg ist schlau, unwahrscheinlich geschäftstüchtig, und wenn er von einer Idee besessen ist, sind ihm langjährige Freundschaften egal. Das weiß ich aus dem Film „The Social Network“. Kurzum, ich habe nicht die geringste Ahnung, was für ein Mensch dieser 28-jährige Kerl mit dem Milchbubi-Gesicht und der übertriebenen Begeisterung für Kapuzenpullis ist. Eines ist aber klar: Er hat ein echtes Mist-Jahr hinter sich. Die Datenschützer werfen seinem sozialen Netzwerk die Gefährdung der Privatsphäre vor. Der Börsengang von Facebook war ein Alptraum, danach wurde es noch schlimmer. Und das mit dem Geldverdienen mittels Werbung klappt bei Facebook auch nicht wie gewünscht. Es ist also ziemlich unwahrscheinlich, dass „Time“ Zuckerberg 2012 wieder zur „Person of the Year“ kürt. Und trotzdem: er zählt zu den wichtigsten, einflussreichsten Köpfen des Jahres. Eine Milliarde Menschen benutzt Facebook nun, eine Milliarde! Das soziale Netzwerk hat das Internet verändert. Nirgendwo anders wird so viel experimentiert – mit der Technik und mit den Gewohnheiten der User. Mark Zuckerberg gehört zu denen, die dafür sorgen, dass es immer spannend bleibt. Das kann man ganz sicher sagen, auch ohne Wikipedia. (Tobias Köhler, Online-Ressort)
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Magdalena Neuner: Ich finde Magdalena Neuner cool. Punkt, aus, basta. Genauso kategorisch hat sie im März ihre grandiose Biathlon-Karriere beendet – just als Michael Schumachers quälendes Comeback in die nächste Runde ging. Für die Oberbayerin mit 25 Schluss. Da ist also tatsächlich eine, die gut gelaunt loslassen kann. Lena, wie wir Fans sagen, wird auch kein Comeback starten. Wetten? Lena heißt mit zweiten Namen Authentisch. Von Stargehabe keine Spur. Naiv sei sie, sagen diejenigen, die es nicht so gut mit ihr meinen wie ich. Da wird abschätzig gelächelt, wenn sie von ihren Hobbys Hausmusik, Stricken und Kochen erzählt. Die Ahnungslosen: Neuner ist ein Heimat-Hipster. Wie Sie so im Cowboyhemd an der Harfe sitzt und im Hintergrund die Speckknödel vor sich hin köcheln, könnte sie locker als Hauptdarstellerin in einem Film des bayerischen Kultregisseurs Marcus H. Rosenmüller („Wer früher stirbt, ist länger tot“) durchgehen. Sie lässt sich nicht vereinnahmen. Uli Hoeneß bot ihr einen Job nach Wahl beim FC Bayern an. Sie hat das freundlich, aber bestimmt zurückgewiesen. Cool, oder? (Peter Stolterfoht, Sport-Ressort)
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Fritz Kuhn: Spott muss ja gemein sein, sonst wäre es keiner. Doch als es plötzlich hieß, zur OB-Wahl in Stuttgart könnten die Grünen „auch einen Besenstiel nominieren; selbst der würde gewinnen“, bekam manch schwäbischer Kehrwochenfreund das Muffensausen. Immerhin hatte Winfried Kretschmann bereits Stefan Mappus aus der Villa Reitzenstein gefegt. Und dann noch mal so einer? Nun ist Fritz Kuhn zwar schlank und drahtig, aber kein Besenstiel, sondern ein Polit-Schwergewicht von schmaler Statur. Als er sich bereit erklärte, für die Grünen auf die Gass zu gehen, stimmten beim Nominierungsparteitag von 151 Delegierten 148 für ihn. Fortan war er Fritz, der Große. Doch fand er kein g’mähtes Wiesle vor, sondern einen parteilosen Werbeprofi mit Brezel und eine verwaltungserfahrene Schnelldenkundsprechspezialistin. Am Ende reichte es, die Ungeschicktheiten der Konkurrenz zusammenzukehren. Dabei ist ein ganz hübsches Häuflein zusammengekommen. 52,9 Prozent derer, die ihre Stimme abgegeben haben, machten ihr Kreuz hinter seinem Namen – vielleicht auch im Wissen, dass spätestens in acht Jahren Kehraus ist. Bis dahin heißt’s: Let’s putz, Fritz! (Holger Gayer, Lokal-Ressort)
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Daniel Craig: James-Bond-Filme mochte ich nie, Bond als Typ war mir zu langweilig. Sean Connery, Roger Moore, Pierce Brosnan: ein Mann, der immer entkommt, der immer gewinnt und zwischendurch mit Frauen durch die Betten hüpft – tja, alles nicht so mein Fall. Bis Daniel Craig 2005 die Rolle übernahm. Seitdem ist James Bond interessant geworden. Craig ist ein interessanter Typ. Er ist bei aller Unverletzlichkeit eben doch – verletzbar. Er muss um seine Unverletzlichkeit kämpfen, was ja eigentlich paradox ist. Da bleiben Schrammen zurück. Und Schrammen sind interessant. In „Skyfall“, dem Jubiläumsfilm zum fünfzigsten Geburtstag der Bond-Reihe, hat Craig seine Möglichkeiten grandios auf die Spitze getrieben. Er spielt einen in die Jahre kommenden Tausendsassa, immer kurz vorm Absturz. Und damit kann man sich als in die Jahre kommender Journalist wunderbar identifizieren. Außerdem kämpft er um das Leben seiner Chefin alias Judi Dench. Dame Judi Dench. Und wer hat ihr diesen Adelstitel verliehen? Königin Elisabeth II. Die bekanntlich im Sommer zur Eröffnung der Olympischen Sommerspiele in London den Filmspaß mitgemacht hat, sich von ihrem Agenten „007“, also Daniel Craig, direkt vom Buckingham Palast ins Olympiastadion fliegen zu lassen. Ein Jahr voller Höhepunkte. Alles hängt mit allem zusammen. Ommm! (Tim Schleider, Kultur-Ressort)
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Ferdinand Piëch: Es gibt Aufsichtsräte – und es gibt Ferdinand Piëch. In Deutschland führen viele Großunternehmen auch für Aufsichtsräte eine Altersgrenze ein, aber er, 1999 zum „Automobilmanager des 20. Jahrhunderts“ gekürt, folgt eigenen Vorstellungen. Piëch ist im April 75 Jahre alt geworden und hat kürzlich kundgetan, dass er noch Aufsichtsratschef sein wolle, wenn die nächste Generation des Dauerbrenners Golf auf den Markt kommt. – Die jüngste Auflage ist gerade eben erst eingeführt worden, was zumindest weitere fünf Jahre mit Ferdinand dem Großen verheißt. Auch in anderer Hinsicht entzieht sich der gebürtige Wiener üblichen Maßstäben. So hat er seine Gattin Ursula in den Aufsichtsrat gehievt, ganz so, als sei VW ein Familienunternehmen. Genau genommen trifft dies auf den einst vom Deutschen Reich gegründeten Autohersteller mittlerweile auch zu; die Familien Porsche und Piëch halten über ihre Porsche Automobil Holding die Mehrheit. 2012 war es endlich so weit: Der Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche, der sich angeschickt hatte, VW zu übernehmen, wurde in den Konzern integriert. Für Ferdinand Piëch ist das ein historischer Triumph. Er regiert in Wolfsburg, wo sein Vater Anton einst Werksleiter war und der legendäre Käfer vom Band lief, als dessen Schöpfer sein Großvater Ferdinand Porsche gilt. (Michael Heller, Wirtschaft-Ressort)